Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung einer Betriebsratswahl. Größe des Betriebsrats. Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern. gewerbsmäßige/nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Aufgabenzuwachs für Betriebsräte
Leitsatz (amtlich)
Längerfristig beschäftigte Leiharbeitnehmer sind – auch trotz des Wegfalls der 24-monatigen Begrenzung – bei der Bemessung der Größe eines im Entleiherbetrieb zu wählenden Betriebsrats nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
BetrVG § 7 S. 2, §§ 9, 19; AÜG § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Beschluss vom 10.11.2010; Aktenzeichen 3 BV 19/10) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 7 ABR 68/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 10.11.2010 – 3 BV 19/10 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt in H1 eine Verzinkungsanlage mit über 20 Mitarbeitern.
Im Betrieb bestand Anfang des Jahres 2010 ein dreiköpfiger Betriebsrat, der am 18.03.2010 einen Wahlvorstand für die Neuwahl des Betriebsrats bestellte (Bl. 8 d. A.). Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die Arbeitgeberin 17 Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsvertragsverhältnis zu ihr standen, einen Betriebsleiter sowie neun Mitarbeiter, die im Arbeitsverhältnis zur Verzinkerei P1 GmbH & Co. KG bzw. A. P1 KG standen. Diese Mitarbeiter waren seit Jahren bei der Arbeitgeberin eingesetzt. Die Einzelheiten der Beschäftigungszeiten dieser Mitarbeiter sind zwischen den Beteiligten streitig.
Mit Schreiben vom 19.03.2010 (Bl. 20 d. A.) teilte die Arbeitgeberin dem Wahlvorstand mit, dass die Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer auf deutlich unter 20 abgesunken sei und daher der neue Betriebsrat gemäß § 9 BetrVG nur noch aus einer Person und nicht mehr wie bisher aus drei Mitgliedern bestehe.
Am 26.03.2010 ließ die Arbeitgeberin dem Wahlvorstand eine Auflistung aller Arbeitnehmer zukommen, unterschieden nach 18 eigenen Arbeitnehmern, einschließlich des Betriebsleiters, und neun Arbeitnehmern anderer Arbeitgeber, der Verzinkerei P1 GmbH & Co. KG bzw. der A. P1 KG (Bl. 17, 18 d. A.).
Der Wahlvorstand teilte daraufhin der Arbeitgeberin am 30.03.2010 mit, dass er von 25 wahlberechtigten Arbeitnehmern ausgehe. Am selben Tage erließ er das Wahlausschreiben vom 30.03.2010 (Bl. 21 d. A.).
Am 15.04.2010 wurde im vereinfachten Wahlverfahren ein dreiköpfiger Betriebsrat gewählt. Dieser teilte der Arbeitgeberin am 16.04.2010 schriftlich mit, dass er sich am 16.04.2010 konstituiert habe.
Mit dem am 26.04.2010 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte die Arbeitgeberin daraufhin die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 15.04.2010 geltend.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die Wahl vom 15.04.2010 sei anfechtbar, weil bei der Wahl gegen eine wesentliche Vorschrift des Wahlverfahrens verstoßen worden sei. Bei der Wahl sei § 9 BetrVG verletzt worden, es habe nur ein einköpfiger Betriebsrat gewählt werden dürfen, da nur 17 wahlberechtigte Arbeitnehmer in ihrem Betrieb tätig seien. Die neun in einem Arbeitsvertragsverhältnis zu anderen Arbeitgebern stehenden Mitarbeiter, die bei ihr eingesetzt seien, seien zwar wahlberechtigt gewesen, sie hätten jedoch für die Größe des Betriebsrats nach § 9 BetrVG keine Berücksichtigung finden dürfen. Bei diesen Mitarbeitern, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu ihr stünden, handele es sich um Leiharbeitnehmer, die ihr nicht gewerbsmäßig überlassen worden seien. Auch nicht gewerbsmäßig überlassene Arbeitnehmer seien für die Bestimmung der Betriebsratsgröße gemäß § 9 BetrVG nicht mitzuzählen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die am 15.04.2010 durchgeführte Wahl des Betriebsrats der Feuerverzinkerei L1 GmbH für unwirksam zu erklären.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, ein Anfechtungsgrund sei nicht vorhanden. Zu Recht sei ein aus drei Personen bestehender Betriebsrat gewählt worden. Die von der Arbeitgeberin genannten, Schwesterbetrieben zuzuordnenden neun Arbeitnehmer, die die Arbeitgeberin nicht der Stammbelegschaft zurechnen wolle, seien mit zu berücksichtigen. Sie seien schon langfristig für die Arbeitgeberin tätig, ausnahmslos länger als drei Monate. Sie seien voll in den Betrieb eingegliedert und würden in den aushängenden Schichtplänen ohne Unterscheidung zu den „eigenen” Arbeitnehmern der Arbeitgeberin berücksichtigt.
Bei der Feststellung der Zahl der Betriebsratsmitglieder seien alle in die Betriebsorganisation eingegliederten Arbeitnehmer zu berücksichtigen, die zur Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks bei der Arbeitgeberin weisungsgebunden abhängige Tätigkeiten verwirklichten, ohne dass es auf ein zu dem Betriebsinhaber bestehendes Arbeitsvertragsverhältnis ankomme. Aufgrund des Normzwecks des § 9 BetrVG seien Leiharbeitnehmer bei der Größe des Betriebsrats zu berücksichtigen.
Durch Beschluss vom 10.11.2010 hat das Arbeitsgericht dem Antrag der ...