Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstellenbesetzung. offensichtliche Unzuständigkeit. ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss. ausreichende vorherige Verhandlungen. Gefährdungsbeurteilung. Unterweisung der Beschäftigten. Regelungsgegenstand. Beweisaufnahme im Einigungsstellenbesetzungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Einigungsstelle ist für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung einer Gefährdungsanalyse und Unterweisung der Beschäftigten nach den §§ 5, 12 ArbSchG nicht offensichtlich unzuständig.

2. Für die Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 98 ArbGG und die Vollmachtserteilung sind zwei Beschlüsse, nämlich zur Verfahrenseinleitung und zur wirksamen Beauftragung eines Rechtsanwalts, erforderlich.

3. Es besteht im Einigungsstellenbesetzungsverfahren kein Raum für die Durchführung einer Beweisaufnahme, die allenfalls vor einer vollständig besetzten Kammer des Arbeitsgerichts stattfinden könnte. Beweisbedürftige Tatsachenbehauptungen sind nicht offensichtlich i.S.v. § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7; ArbSchG §§ 5, 12

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Beschluss vom 12.04.2011; Aktenzeichen 3 BV 38/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 12.04.2011 – 3 BV 38/11 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Die Arbeitgeberin betreibt in B1 ein Seniorenzentrum. In ihrem Betrieb ist ein fünfköpfiger Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens, gewählt.

Im Betrieb der Arbeitgeberin existiert ein Ausschuss für Arbeitssicherheit, dem auch der Betriebsrat angehört.

Am 16.02.1997 wurde im Betrieb der Arbeitgeberin eine Gefährdungsanalyse durchgeführt, die die Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen der Arbeitnehmer/innen im Betrieb ermittelt hat.

Am 18.11.2010 wurde auf einer Sitzung des Ausschusses für Arbeitssicherheit die Arbeitsbelastung des Pflegepersonals und der Hauswirtschaft besprochen. Als neuer Termin für eine weitere Sitzung wurde der 14.04.2011 ins Auge gefasst (Bl. 47 d. A.).

Der Betriebsrat begehrt nunmehr die Durchführung einer neuen Gefährdungsanalyse. Zu diesem Zweck wandte er sich mit Schreiben vom 07.01.2011 (Bl. 36 d. A.) an die Arbeitgeberin und teilte ihr mit, dass er die Durchführung einer Gefährdungsanalyse begehre, im Rahmen derer die Arbeitsbedingungen und insbesondere die Arbeitsbelastungen der Arbeitnehmer/innen ermittelt würden und im Anschluss daran erörtert und ermittelt werden sollte, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich seien. Er bat die Arbeitgeberin mitzuteilen, ob Verhandlungsbereitschaft hinsichtlich des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung bestehe.

Nachdem die Arbeitgeberin hierauf nicht reagierte, forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 01.03.2011 (Bl. 24 d. A.) nochmals unter Fristsetzung bis zum 11.03.2011 auf, mitzuteilen, ob sie bereit sei, entsprechende Verhandlungen aufzunehmen.

Mit Schreiben vom 11.03.2011 (Bl. 26 d. A.) teilte die Arbeitgeberin mit, dass sie für die Erstellung einer Gefährdungsanalyse die Fachkraft für Arbeitssicherheit P3 U3 beauftragt habe, die am 23.03.2011 ihre Arbeit aufnehme. Des Weiteren bat sie um weitere Erläuterungen, da das Ansinnen des Betriebsrats nicht nachvollziehbar sei.

Daraufhin teilte der Betriebsrat mit Schreiben vom 22.03.2011 (Bl. 27 d. A.) mit, dass er nunmehr davon ausgehe, dass seitens der Arbeitgeberseite keine Verhandlungsbereitschaft zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Durchführung einer Gefährdungsanalyse bestehe.

Die Arbeitgeberin wies mit Schreiben vom 28.03.2011 (Bl. 31 d. A.) anschließend darauf hin, dass bisher unklar sei, was mit dem Regelungsgegenstand „Durchführung einer Gefährdungsanalyse” gemeint sei. Außerdem finde am 14.04.2011 eine Sitzung des Ausschusses für Arbeitssicherheit statt, in der die Vorstellungen des Betriebsrats vorgetragen werden könnten.

Mit Schreiben vom 29.03.2011 (Bl. 33 d. A.) teilte der Betriebsrat daraufhin mit, dass es ihm darum gehe, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, in der die Grundsätze der Gefährdungsbeurteilung festgelegt würden. Im Übrigen sei ein ernsthafter Versuch der Zusammenarbeit seitens der Arbeitgeberin nicht erkennbar.

In seiner Sitzung vom 30.03.2011 (Bl. 20, 21 d. A.) beschloss der Betriebsrat, das vorliegende Beschlussverfahren nach § 98 ArbGG einzuleiten.

Mit dem am 01.04.2011 beim Arbeitsgericht Bochum eingegangenen Schriftsatz begehrt der Betriebsrat die Einrichtung einer Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Richters am Bundesarbeitsgericht K. sowie die Festlegung der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf drei Personen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die einzurichtende Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig sei. Die Arbeitgeberin habe bisher keine konkreten Verhandlungen zur Herbeiführung einer Betriebsvereinbarung aufgenommen.

Der von ihr vorgeschlagene Vorsitzende der einzurichtenden Einigungsstelle s...

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