Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung auf Abbruch einer Betriebsratswahl. Wahl eines Betriebsrats in Teilbereichen mit bereits bestehendem Betriebsrat. Voraussichtliche Nichtigkeit einer Betriebsratswahl
Leitsatz (redaktionell)
Eine Betriebsratswahl kann nur abgebrochen werden, wenn sie sich voraussichtlich als nichtig erweist.
Normenkette
BetrVG § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1; ArbGG § 85 Abs. 2 S. 2, § 87
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 15.05.2014; Aktenzeichen 1 BVGa 8/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Wahlvorstandes des Sozialwerkes St. H e.V. Ruhrgebiet wird der Beschluss desArbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 15.05.2014 - 1 BVGa 8/14 - unter Zurückweisung im Übrigen teilweise abgeändert und dem Wahlvorstand Wohnverbund W Suchtkrankenhilfe untersagt, weitere Handlungen vorzunehmen die darauf gerichtet sind, das begonnene Verfahren zur Durchführung der Wahl eines Betriebsrats für den Wohnverbund W Suchtkrankenhilfe in der Region Ruhrgebiet des Sozialwerks St. H e.V. fortzuführen, insbesondere die Wahl am 19.05.2014 für die Wahl eines Betriebsrates durchzuführen.
Gründe
A.
Der Antragsteller (im Folgenden Wahlvorstand Ruhrgebiet) begehrt im Rahmen eines Beschlussverfahrens gerichtet auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung den Abbruch einer weiteren Betriebsratswahl, die der später gebildete Beteiligte zu 2. (im Folgenden Wahlvorstand W) Ebene einer einzelnen Einrichtung des Arbeitgebers eingeleitet hat.
Der beteiligte Arbeitgeber betreibt, teils über rechtlich selbständige von ihm beherrschte Gesellschaften, in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Einrichtungen und Einrichtungsverbünde, die u. a. stationäre und teilstationäre Leistungen in den Bereichen der Eingliederungshilfe, der Jugendhilfe und der Suchtkrankenhilfe anbieten oder Hilfsangebote für Menschen mit Behinderungen vorhalten. Den einzelnen Einrichtungen oder Einrichtungsverbünden, solchen sind mehrere Häuser oder Wohngruppen zugeordnet, steht jeweils eine Einrichtungsleitung vor.
Mit insgesamt rund 2.000 Beschäftigten fiel der Arbeitgeber bis zum 31.12.2013 unter das kirchliche Arbeitsrecht. Auf der Grundlage der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) waren für die Regionen Westfalen-Süd und Ruhrgebiet, zumindest zeitweise auch für die Region Westfalen-Nord, Mitarbeitervertretungen gebildet. Die Einrichtungen sind zum Zwecke der Betriebsführung drei vom Arbeitgeber beherrschten, in der Rechtsform der gGmbH geführten Tochtergesellschaften zugeordnet, darunter die Sozialwerk St. H Ruhrgebiet gGmbH, deren lokaler Zuständigkeitsbereich mit dem der ursprünglichen Mitarbeiterarbeitervertretungen identisch war. Zwischen dem Arbeitgeber und diesen Tochtergesellschaften bestehen Betriebsführungsverträge.
Auf einer für die Region Ruhrgebiet (insgesamt 719 Beschäftigte) für den 14.02.2014 zum Zwecke der Bestellung eines Wahlvorstandes einberufenen Betriebsversammlung wurde der Wahlvorstand Ruhrgebiet gewählt. Dieser sah sich - der unterschiedlichen Auslegung des Betriebsbegriffs wegen - zunächst mit einem auf Wahlabbruch gerichteten Eilantrag des Arbeitgebers konfrontiert (Arbeitsgericht Gelsenkirchen - 3 BVGa 4/14 -). Nachdem das Landesarbeitsgericht Hamm im Verfahren 13 TaBVGa 8/14 mit Beschluss vom 04.04.2014 in einem die Region Westfalen-Süd betreffenden Parallelverfahren den entsprechenden Antrag der Arbeitgeberseite weitgehend abgewiesen hat, nahm er den auf Wahlabbruch gerichteten Antrag in dem genannten Verfahren zurück. Gemäß Wahlausschreiben vom 30.04.2014 findet die Betriebsratswahl in der Region Ruhrgebiet am 18.06.2014 statt.
Am 18.02.2014 haben Beschäftigte des Wohnverbundes W Suchtkrankenhilfe, in welchem 6 im Stadtgebiet Gelsenkirchen liegende Häuser und Wohngemeinschaften zusammengefasst und dem 112 wahlberechtigte Beschäftigte zuzuordnen sind, zu einer weiteren Betriebsversammlung zwecks Wahl eines Wahlvorstandes für eine lokale, einrichtungsbezogene Betriebsratswahl eingeladen. Aus dieser ist der Wahlvorstand W hervorgegangen. Selbiger hat per Wahlausschreiben vom 04.04.2014 (Bl. 104 ff d. A.), auf welches der Einzelheiten wegen verwiesen wird, Wahltag für den 19.05.2014 anberaumt. Die Wählerlisten beider Wahlvorstände sind bezogen auf die Beschäftigten des Wohnverbundes W identisch.
Nachdem in Ansehung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 04.04.2014 zwischen Wahlvorständen geführte Gespräche ohne Ergebnis blieben und der Wahlvorstand W seine Wahlvorbereitungen fortführt, nimmt der Wahlvorstand Ruhrgebiet diesen nunmehr per am 12.05.2014 bei Gericht eingegangener Antragsschrift auf Abbruch der dortigen Betriebsratswahl in Anspruch.
Der Wahlvorstand Ruhrgebiet hat vorgetragen:
Da für die Region, welche die Häuser des Wohnverbundes W vollständig einschließe, bereits ein Wahlvorstand gebildet wäre, sei die spätere Bildung eines weiteren örtlichen Wahlvorstandes für einen Teilbezirk rechtlich offensichtlich unzulässig. Existiere bereits ein Wahlvorstand und werde danach ein zweiter Wahlvorstand aktiv, um eine ges...