Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des für die Prozessführung einzusetzenden Einkommens bei Zusammenleben des Klägers in einer Lebensgemeinschaft mit einer anderen Person

 

Leitsatz (amtlich)

Lebt die Partei in einer Lebensgemeinschaft mit einer anderen Person, die nach den Bestimmungen der §§ 9 Abs. 2 S. 1, 7 Abs. 3 Ziff. 3 c) SGB II als Bedarfsgemeinchaft gilt und wird deren Einkommen durch den Sozialleistungsträger als auf die Bedarfsgemeinschaft verteilbares Einkommen angesehen, so dass eine Hilfebedürftigkeit des Lebenspartners der antragstellenden Partei deshalb entfällt, sind die insoweit angerechneten Einkommensanteile als besondere Belastung gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 5 ZPO anzurechnen.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3; SGB II § 7 Abs. 2, 3a, 3 Nr. 3 Buchst. c, § 9 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Entscheidung vom 28.08.2017; Aktenzeichen 2 Ca 1666/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 15.09.2017 gegen den Prozesskostenhilfe-Änderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 28.08.2017 - 2 Ca 1666/14 - wird der Beschluss aufgehoben.

Es verbleibt bei dem Beschluss vom 31.10.2014, mit dem dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlung bewilligt wurde.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen die Änderung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen geänderter wirtschaftlicher Verhältnisse.

Mit Beschluss vom 31.10.2014 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Anordnung einer Ratenzahlung unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Im Nachprüfungsverfahren des Jahres 2017 legte der Kläger am 26.07.2017 die angeforderte Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse vor. Aus diesen ergab sich nach der Berechnung des Arbeitsgerichtes vom 27.07.2017 (Bl. 68 PKH-Heft) eine Ratenzahlungspflicht von 73,00 €. Nachdem der Kläger zu der entsprechenden Mitteilung des Arbeitsgerichtes keine Stellung nahm, erging unter dem 28.08.2017 ein entsprechender Beschluss. Gegen diesen am 28.08.2017 zugestellten Beschluss wandte sich der Kläger mit seinem Schreiben vom 15.09.2017, eingegangen am 21.09.2017, in dem er geltend machte, dass er von dem ihm verbleibenden Einkommen auch seine Lebensgefährtin unterhalten müsse, die über kein eigenes Einkommen verfüge. Weiter vertrat er die Auffassung, die ihm entstehenden Fahrtkosten seien fehlerhaft berechnet worden.

Mit Schreiben vom 22.09.2017, auf dessen Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird, verwies das Arbeitsgericht darauf, dass der Freibetrag für Lebenspartner nur dann angerechnet werden könne, wenn diese mit einem gemeinsamen Kind in einem Haushalt lebten oder es sich um eine eingetragene Lebenspartnerschaft handele.

Nachdem eine weitere Stellungnahme nicht einging, erfolgte die Nichtabhilfe-Entscheidung am 14.11.2017; der Sachverhalt wurde dem Beschwerdegericht vorgelegt.

Erst hier legte der Kläger sodann einen Bescheid des Jobcenter H vor, wonach seine Lebensgefährtin allein deshalb keine Leistungen zum Lebensunterhalt bezieht, da sie mit dem Kläger in einer Bedarfsgemeinschaft lebt.

II. Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 11a Abs. 1, 78 ArbGG und §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff ZPO an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet.

Nach § 11a Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 120 a Abs. 1 S. 1 ZPO soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Auf Verlangen des Gerichtes muss sich die Partei jederzeit erklären, ob eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist (§ 120 a Abs. 1 S. 3 ZPO).

1. Von einer solchen wesentlichen Verbesserung ist gem. § 120 a Abs. 2 S. 2, S. 3 ZPO dann auszugehen, wenn die Partei bei laufendem Einkommen eine Einkommensverbesserung von nicht nur einmalig 100,00 € brutto erzielt oder aber in entsprechendem Umfang abzugsfähige Belastungen entfallen.

Die Voraussetzung einer wesentlichen Verbesserung der Lebensverhältnisse des Klägers ist vorliegend nicht gegeben. Zwar erzielt der Kläger derzeit 200,00 € brutto mehr an Einkommen als bei der letzten Nachprüfung. Es verbleibt aber kein anrechenbares Einkommen gem. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO, da ihm im Gegensatz zur Entscheidung des Arbeitsgerichtes ein Freibetrag für seine Lebensgefährtin zumindest als besondere Belastung i. S .d. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 5 ZPO anzurechnen ist.

a) Zwar hat das Arbeitsgericht zunächst zu Recht darauf verwiesen, dass nach der bisherigen Rechtsprechung eine Anrechnung von Unterhaltsleistungen an Personen, für die keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, grundsätzlich nicht im Rahmen eines Freibetrages gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2a ZPO in Betracht kommt.

Allerdings darf die Prüfung der tatsächlichen Lebensverhältnisse einer Partei an dieser Stelle nicht enden. Vielmehr sind diese angesichts der gegebenen vorhandenen Lebensumstände zu prüfen.

Danach ist zu prüfen, ob eine tatsächliche Pflicht zur Erbringung von Unterh...

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