Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Beschluss vom 05.12.1984; Aktenzeichen 2 BV 14/84) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 05.12.1984 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichts Paderborn – 2 BV 14/84 – wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, daß dem Vertrauensmann der Schwerbehinderten das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses zusteht.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluß wird zugelassen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Vertrauensmann der Schwerbehinderten berechtigt ist, an den Sitzungen des Wirtschaftausschusses teilzunehmen.
Der Antragsteller ist Vertrauensmann der Schwerbehinderten und in dieser Eigenschaft zuständig für das Stahlwerk Lingen in Paderborn sowie für das Zweigwerk in Lingen selbst. Außerdem gehört er dem Betriebsrat des Zweigwerks Paderborn an.
Die Antragsgegnerin beschäftigt regelmäßig mehr als 100 Arbeitnehmer. Bei ihr besteht ein Wirtschaftsausschuß gemäß § 106 BetrVG (der Beteiligte zu 3), der aus sieben Mitgliedern besteht, die vom Gesamtbetriebsrat bestimmt worden sind.
Der Antragsteller meint, der Wirtschaftsausschuß sei als Ausschuß des Betriebsrates im Sinne des § 22 Abs. 4 SchwbG anzusehen. Gemäß § 106 Abs. 3 Ziff. 3 ff BetrVG sei der Wirtschaftausschuß insbesondere über das Produkutions- und Investitionsprogramm, über Rationalisierungsvorhaben sowie Fabrikations- und Arbeitsmethoden zu informieren. Gerade in diesen Bereichen seien jedoch Probleme angesprochen, die die Einsatzmöglichkeit von Schwerbehinderten im Kernbereich betreffen würden. Es sei daher nicht nur wünschenswert, sondern nahezu unerläßlich, daß der Schwerbehindertenvertrauensmann an den entsprechenden Sitzungen des Wirtschaftsausschusses teilnehmen könne, um möglichst unverzüglich seine Vorstellungen in die Diskussion zu bringen und um über einen optimalen Informationsstand zu verfugen.
Für den Vertrauensmann der Schwerbehinderten könne es einen erheblichen Unterschied machen, ob er aus eigener Kenntnis Informationen der Geschäftsleitung erhalte oder erst von dritter Seite, nämlich über den Betriebsrat, Mitteilungen bekommt.
Außerdem verfüge er durch die Hauptfürsorgestelle über Informationen, welche Möglichkeiten bestehen würden, Arbeitsplätze behindertengerecht von vornherein einzurichten. Es wäre deshalb widersinnig, zunächst von seiten der Firmenleitung eine bestimmte Planung vorzunehmen, die unter Berücksichtigung der Interessen der Schwerbehinderten gegebenenfalls geändert werden müsse, wenn auf der anderen Seite die Produktionsplanung von vorneherein unter Berücksichtigung der Interessen der Schwerbehinderten erfolgen könne.
Im konkreten Fall scheine die Verweigerung des Teilnahmerechts des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten auch insoweit wenig verständlich, als es sich bei ihm um ein freigestelltes Betriebsratsmitglied handele, so daß besondere finanzielle Belastungen für die Antragsgegnerin durch die Teilnahme an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses nicht auftreten würden.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß dem Vertrauensmann der Schwerbehinderten das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses bei der Antragsgegnerin zusteht.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat zunächst darauf hingewiesen, daß es ihr nicht allein um den Antragsteller gehe, sondern um eine allgemeine Klärung, weil sie es in ihrem Konzernbereich mit verschiedenen Betriebsräten zu tun habe. Ein Recht des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten zur Teilnahme an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses bestehe nicht.
Zwar habe das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 18.1.1980 – 1 ABR 31/78 – ausgeführt, daß der Wirtschaftsausschuß nach seiner gesetzgeberischen Konzeption ein Ausschuß des Betriebsrates sei. Diese Feststellung und Formulierung sei jedoch offensichtlich erfolgt, um eine Abgrenzung zur Rechtsansicht der Antragsgegnerin im dortigen Verfahren vorzunehmen. Diese sei in ihrer rechtlichen Begründung davon ausgegangen, daß der Wirtschaftsausschuß ein eigenständiges Organ der Belegschaft und nicht ein solches des Betriebsrates sei. Demgegenüber habe das Bundesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß im Unterschied zum Betriebsverfassungsgesetz 1952, in der der Wirtschaftsausschuß paritätisch mit einer gleichen Zahl von Unternehmer und Betriebsrat bestimmten Mitgliedern besetzt gewesen sei, der Wirtschaftsausschuß in der Konzeption des Gesetzes von 1972 jedoch allein vom Betriebsrat personell besetzt werde. Damit habe das Bundesarbeitsgericht jedoch keinesfalls bestimmt, daß der Wirtschaftsausschuß ein Ausschuß im Sinne des § 22 Abs. 4 SchwbG sei.
Für die gegenteilige Annahme spreche auch, daß der Wirtschaftsausschuß lediglich ein Hilfsorgan mit Hilfsfunktion des Betriebsrats sei ohne eigene Entscheidungsbefugnisse.
Auch aus dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 19.01.1984 – 6 ABR 19/83 – könnten keine Schlüsse zugunsten des Antragstellers gezogen werden. Dort sei es um ein Teilnahmerecht des Vert...