Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Beschluss vom 31.10.1995; Aktenzeichen 2 BV 24/95) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der am 31.10.1995 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen – 2 BV 24/95 – abgeändert:
Das gemäß § 78 a II BetrVG begründete Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten A. wird aufgelöst.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
In dem beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen am 17.07.1995 eingereichten Beschlußverfahren begehrt die Antragstellerin die Auflösung eines gem. § 78 a Abs. 2 BetrVG begründeten Arbeitsverhältnisses.
Die Antragstellerin des Verfahrens ist ein Unternehmen der Mineralölindustrie (künftig: Arbeitgeberin) mit Sitz in G. -B. In ihrem Werk S. in G. beschäftigt die Arbeitgeberin 2.024 Arbeitnehmer (Stand: 30.06.1995), davon ca. 750 Chemikanten. Am 31.12.1993 waren es noch 2.457 Arbeitnehmer. Die weiteren Verfahrensbeteiligten sind der im Werk S. existierende Betriebsrat (künftig: BR), die für ca. 100 Jugendliche und Auszubildende in dem Werke existierende Jugend- und Auszubildendenvertretung (künftig: JA V) und das JAV-Mitglied A. Die derzeitige Wahlperiode der JAV läuft vom 25./28.11.1994 bis November 1996. Der am 10.05.1976 geborene ledige Herr A. ist vom 01.09.1992 bis zum 06.07.1995 (erfolgreicher Prüfungsabschluß mit der Note durchweg befriedigend) in dem Werke von der Arbeitgeberin zum Chemikanten ausgebildet worden.
Wegen operativer Verluste, nachlassender Rohölpreise, sinkender Nachfrage und negativer Ertragssitutation auf dem Sektor Mineralölverarbeitung schloß die Arbeitgeberin für ihr Gesamtunternehmen mit dem bei ihr existierenden Gesamtbetriebsrat 1993 einen Interessenausgleich und zwei Sozialpläne, wonach die Arbeitsverhältnisse von 614 Arbeitnehmer für ihr Gesamtunternehmen beendet wurden. Am 02.12.1994 schloß sie mit dem Gesamtbetriebsrat einen weiteren Interessenausgleich und Sozialplan ab, der die Kündigung von weiteren 650 Arbeitnehmern bis 1997 für ihr Gesamtunternehmen regelt. Trotzdem übernahm die Arbeitgeberin für ihr Werk S. zwölf Ausgebildete, die im Januar 1995 vorzeitig ihre Ausbildung mit der Note „gut” beendeten. In der Vorstandssitzung vom 15.05.1995 entschied die Arbeitgeberin dann, keinen der 74 im Sommer 1995 fertig werdenden Auszubildenden – davon 31 Chemikanten – zu übernehmen.
Schon mit Schreiben vom 10.05.1995 an die Arbeitgeberin hatte Herr A. beantragt, ihn entsprechend § 78 a BetrVG in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Abschluß der Berufsausbildung in seinem erlernten Beruf zu übernehmen. Die Arbeitgeberin antwortete unter dem 22.05.1995 und 27.06.1995:
Herrn
C. A.
H.
G.
7510 – ca/G
(G.
Telefon/Telefax
32 20
22.05.1995
Ihr Arbeitsverhältnis
Sehr geehrter Herr A.
mit Schreiben vom 10. Mai 1995 beantragen Sie aufgrund Ihrer Mitgliedschaft in der Jugendvertretung gem. § 78 a BetrVG. sie Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Chemikant.
Wie Sie wissen, führen wir aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Unternehmenssituation ein Einsparprogramm durch, daß tiefgreifende Personalabbaumaßnahmen in allen Unternehmensbereichen einschließt.
Aus diesem Grunde wird es uns leider nicht möglich sein, die Auszubildenen, die im Sommer d. J. ihre Abschußprüfung ablegen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Da Sie aufgrund Ihrer Mitgliedschaft in der Jugendvertretung im Vergleich zu den anderen Auszubildenden weder benachteiligt noch begünstigt werden dürfen, sehen wir uns in ihrem Falle aus den oben dargelegten Gründen auch außer Stande. Sie in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen.
Da wir jedoch ihre Schwierigkeiten – eine andere dauerhafte Beschäftigung zu finden – sehen, werden wir ihnen, wie auch ihren Mitauszubildenden die Prüfung im Sommer d. Jahres absolvieren, einen bis zum 30.09.1995 befristeten Arbeitsvertrag anbieten, um so ihre Startchancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Eine Fortsetzung der Beschäftigung nach Ablauf der Befristung ist aus den geschilderten wirtschaftlichen Gründen nicht möglich.
Wie bedauern, Ihnen keinen anderslautenden Bescheid zukommen lassen zu können und wünschen ihnen für die bevorstehenden Prüfungen viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
V. OEL AG
Personalwesen
Herrn
C. A.
Hestermannstraße 4
45896 Gelsenkirchen
751-bl/Guth
(A. …)
Telefon/Telefax
366-32 20
27.06.95
Übernahme in ein befristetes Arbeitsverhältnis
Sehr geehrter Herr A.
zu Ihrer mit Erfolg abgelegten Abschlußprüfung gratulieren wir Ihnen recht herzlich.
Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation unseres Unternehmens und unter Berücksichtigung unseres damit verbundenen Kostenanpassungsprogrammes ist es uns leider nicht möglich. Sie in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Unter Bezugnahme auf die mit Ihnen geführten Gespräche sind wir jedoch bereit, Ihnen einen bis zum 31.07.1996 befristeten Arbeitsvertrag anzubieten.
Sollten Sie an diesem Vertragsangebot interessiert sein, so bitten wir Sie, die beigefügte Kopie des Vertrages zum Zeichen ihres Einverständnisses zu unterzeichnen und an das Per...