Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenvertretung. Wahl. Wahlverfahren. vereinfacht. förmlich. Wahlanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Entscheidung der Frage, ob die Schwerbehindertenvertretung im förmlichen oder vereinfacht Verfahren zu wählen ist, kann nicht auf den Zeitpunkt abgestellt werden, zu dem der amtierenden Schwerbehindertenvertretung vom Arbeitgeber die Liste der Wahlberechtigten übergeben wird.

 

Normenkette

SGB IX §§ 94, 94 Abs. 6 S. 3; BetrVG §§ 14a, 19; SchwbVWO § 19

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 27.11.2003; Aktenzeichen 3 BV 142/02)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 16.11.2005; Aktenzeichen 7 ABR 9/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.11.2003 – 3 BV 142/02 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor folgende Fassung erhält:

Es wird festgestellt, dass die Wahl der Schwerbehindertenvertretung vom 08.11.2002 unwirksam ist.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer am 08.11.2002 durchgeführten Wahl der Schwerbehindertenvertretung.

Im Betrieb der Arbeitgeberin, bei der ca. 640 Arbeitnehmer beschäftigt sind, forderte die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Schwerbehindertenvertretung durch ihre Vertrauensperson P2xxxx die Arbeitgeberin Anfang September 2002 auf, ihr zur Vorbereitung der anstehenden Neuwahlen eine Liste aller schwerbehinderten Menschen einschließlich der diesen Gleichgestellten zur Verfügung zu stellen. Die übergebene Liste mit dem Stand „06.09.2002” wies 49 Personen aus. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die mit Schriftsatz der Schwerbehindertenvertretung vom 18.09.2003 eingereichte Kopie (Bl. 64 bis 66 d.A.).

In der Folgezeit veränderte sich die Zahl der wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen. So weist eine arbeitgeberseits zum 14.10.2002 erstellte Liste 56 Personen aus; wegen der Einzelheiten wird Bezug aufgenommen auf die mit Schriftsatz der Antragstellerseite vom 10.11.2003 eingereichte Kopie (Bl. 72 bis 74 d.A.).

Die Schwerbehindertenvertretung entschied sich für die Durchführung des vereinfachten Wahlverfahrens. Mit Schreiben vom 12.10.2002 (Bl. 5 d.A.), ausgehängt am 14.10.2002, lud sie die in der Liste, Stand 06.09.2002, verzeichneten Personen zu einer Wahlversammlung für den 08.11.2002 ein. An diesem Tag wurde die bisherige Vertrauensperson P2xxxx mit ca. 24 Stimmen wiedergewählt, während der Bewerber K1xxxxxxxx 10 Stimmen erhielt.

Nach Aushang des Wahlergebnisses am 11.11.2002 leiteten die drei schwerbehinderten Menschen W1xxxxx, K1xxxxxxxx und C1xxxxxxxxx mit einem beim Arbeitsgericht am 22.11.2002 eingereichten Schriftsatz das vorliegende Wahlanfechtungsverfahren ein, wobei sich der Arbeitnehmer W1xxxxx seit dem 01.07.2004 im Zuge einer Altersteilzeitvereinbarung in der Freistellungsphase befindet.

Die Antragsteller haben die Ansicht vertreten, die erfolgte Wahl sei unwirksam, weil sie unzulässigerweise im

vereinfachten statt im förmlichen Wahlverfahren durchgeführt worden sei. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Wahl am 08.11.2002 wären nämlich über 49 wahlberechtigte schwerbehinderte Menschen im Betrieb beschäftigt gewesen.

Insoweit ist nunmehr unstreitig, dass am Wahltag, ausgehend von der unter dem 08.11.2002 arbeitgeberseits erstellten und 52 Personen ausweisenden Liste, auf die als Anlage zum arbeitgeberseitigen Schriftsatz vom 30.11.2004 verwiesen wird (Bl. 165 bis 167 d.A.), der aufgeführte Arbeitnehmer P3xxxxxx (Nr. 20) sich im Zuge einer Altersteilzeitvereinbarung in der Freistellungsphase befand. Der in der Liste vom 06.09.2002 nicht angegebene Beschäftigte H8xx (Nr. 4) wurde mit Bescheid des Arbeitsamtes Dortmund vom 03.07.2000 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt, wobei streitig ist, ob dies der Arbeitgeberin erst am 05.11.2002 bekannt geworden ist. Der Arbeitnehmer G2xxxx (Nr. 5) wurde mit Bescheid vom 08.05.2002 als schwerbehinderter Mensch anerkannt und informierte davon die Arbeitgeberin am 30.10.2002. Der Beschäftigte L3xxxxxxxx (Nr. 31) bezog in der Zeit ab 01.03.2002 bis zum 31.12.2002 eine „Rente wegen voller Erwerbsminderung”, ohne dass das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Entsprechendes gilt für den Arbeitnehmer S5xxxxxx (Nr. 39) für die Zeit ab 01.04.2002 bis zum 31.08.2004, bevor dieser einvernehmlich mit Ablauf des 28.02.2003 aus dem Arbeitsverhältnis ausschied.

Die Antragsteller haben beantragt,

festzustellen, dass die Wahl des Schwerbehindertenvertreters vom 08.11.2002 unwirksam ist.

Der Schwerbehindertenvertreter hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Meinung vertreten, die Durchführung der Wahl im vereinfachten Wahlverfahren sei zulässig gewesen. Nach dem subjektiven Kenntnisstand, auf den abzustellen sei, habe man zum Zeitpunkt der Einleitung der Wahl davon ausgehen müssen, dass nur 49 schwerbehinderte Menschen bei der Arbeitgeberin beschäftigt gewesen seien. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass das förmliche Wahlverfahren einen längeren Zeitraum i...

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