Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht der Prozesskostenhilfe beantragenden Partei zum Einsatz einer bis zum Renteneintrittsalter durch Verwertungsausschluss abgesicherten Lebensversicherung für die Prozesskosten
Leitsatz (amtlich)
Ist eine Versicherung bis zum Renteneintrittsalter der antragstellenden Person durch einen Verwertungsausschluss abgesichert, ergibt sich hieraus, dass es sich um eine zur Alterssicherung dienende Versicherung handelt. Deren Verwertung zur Bestreitung von Prozesskosten stellt demnach grundsätzlich eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar, wenn die antragstellende Partei ansonsten im Alter ohne das sich hieraus ergebende Einkommen voraussichtlich sozialleistungsbedürftig würde.
Dass diese Voraussetzungen gegeben sind, ist von der antragstellenden Partei darzulegen.
Ob für die Höhe der abzuschließenden Versicherungen die Begrenzungen der §§ 168 Abs. 3 VVG i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II analog heranzuziehen sind, bleibt unentschieden.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90 Abs. 3; VVG § 168 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 17.08.2018; Aktenzeichen 3 Ca 1268/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 19.09.2018 gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 17.08.2018 - 3 Ca 1268/18 - wird der Beschluss aufgehoben.
Das Verfahren wird zur nunmehrigen weiteren Bescheidung des Prozesskostenhilfegesuchs nach Maßgabe der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Klägerin hatte unter dem 13.07.2018 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Aus den Unterlagen ergab sich das Vorhandensein einer Lebensversicherung sowie zweier Rentenversicherungen mit einem benannten Umfang von 29.760,70 €. In Anbetracht eines einzusetzenden Schonvermögens von 10.000,00 € ging das Arbeitsgericht daher davon aus, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens aus ihrem Vermögen selbst bestreiten könne und lehnte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 17.08.2018 ab. Gegen diesen am 21.08.2018 zugestellten Beschluss wandte sich die Klägerin mit der am 19.09.2018 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, der mit Beschluss vom 19.09.2018 ohne weitere Nachfrage nicht abgeholfen wurde.
Auf Anfrage der Beschwerdekammer wies die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.11.2018 darauf hin, dass für die Lebensversicherung ein Verwertungsausschluss bestehe. Die Rentenversicherungen seien angesichts der zu erwartenden gesetzlichen Rente zur Gewährleistung einer angemessenen Alterssicherung erforderlich.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 46 Abs. 2 Satz 3, 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff ZPO zulässig. Die einmonatige Notfrist gem. § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist gewahrt.
Diese ist auch begründet.
1) Die Klägerin ist bezüglich der abgeschlossenen Rentenversicherungen nicht zu deren Verwertung verpflichtet, da diese zur Gewährleistung einer angemessenen Alterssicherung erforderlich sind. Die abgeschlossene Lebensversicherung muss jedenfalls derzeit nicht verwertet werden, da dieses eine unangemessene Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII darstellen würde.
a) Eine Lebensversicherung zählt zum gemäß § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzenden Vermögen. Hinsichtlich der Zumutbarkeit des Einsatzes verweist § 115 Abs. 3 ZPO auf § 90 SGB XII. Dieser wiederum bestimmt in seinem Absatz 2 diejenigen Vermögensgegenstände, die nicht oder nur eingeschränkt einer Bewilligung von Sozialleistungen entgegenstehen können.
b) Voraussetzung für den Ausschluss der Verwertung von Vermögensgegenständen ist, dass, soweit die vereinbarten Versicherungen überhaupt als zur Verfügung stehendes Vermögen zu bewerten sind, einer der Ausschlussgründe des § 90 Abs. 2 SGB XII vorliegt oder die Verwertung eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII darstellen würde.
aa) Ein Ausschlussgrund im Sinne des § 90 Abs. 2 Ziff. 2 SGB XII liegt erkennbar nicht vor.
Es handelt sich vorliegend nicht um eine besonders geschützte Alterssicherung im Sinne des § 90 Abs. 2 Ziff. 2 SGB XII, sondern um eine freifinanzierte Lebensversicherung sowie zwei freifinanzierte Rentenversicherungen. Andere Ausschlussgründe im Sinne des § 90 Abs. 2 SGB XII sind nicht gegeben.
bb) Fraglich ist, ob die vorhandenen Versicherungen überhaupt als derzeit zur Verfügung stehendes Vermögen anzusehen sind.
Die Klägerin hat sich darauf berufen, dass für die Versicherungen ein Verwertungsausschluss vereinbart wurde. Dieses ergibt sich bezüglich der abgeschlossenen Rentenversicherungen bereits aus den mit Schriftsatz vom 03.08.2018 vorgelegten Kopien der Policenmitteilungen. Bezüglich der Lebensversicherung 1-27-017.765-2 hat die Klägerin diesen mit Schreiben vom 30.11.2018 in der Beschwerdeinstanz belegt.
Ein verfügbares Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII ist nur dann anzunehmen, wenn die Klägerin dieses Vermögen auch verwerten könnte, was nur dann gegeben ist, wenn diese über das Vermögen verfügen darf und dieses auch tatsächlich kann. Zu prü...