Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle für Kurzarbeit. Initiativrecht. Einführung von Kurzarbeit. Zur offensichtlichen Unzuständigkeit einer Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Einigungsstelle zum Thema "Kurzarbeit" ist auch dann nicht offensichtlich unzuständig, wenn deren Einrichtung auf einer Initiative des Betriebsrats beruht.

 

Normenkette

ArbGG § 98 Abs. 1 S. 2; BetrVG Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Entscheidung vom 19.12.2013; Aktenzeichen 2 BV 66/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 19.12.2013 - 2 BV 66/13 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand Kurzarbeit im Betrieb C.

Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) gewählte Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin, die in C derzeit mit knapp über 400 Beschäftigten insbesondere Turbinenschaufeln für Flugzeugturbinen mittels Feingusses produziert, beabsichtigt aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 19.07.2013 eine Personalreduzierung von mindestens 15 % der Stammbelegschaft. Nach Unterrichtung des Betriebsrates über diese Planungen regte der Betriebsrat zunächst an, mit Hilfe von Kurzarbeit dem zu erwartenden Auftragsrückgang zu begegnen; die Arbeitgeberin lehnt die Einführung von Kurzarbeit ab.

Die Arbeitgeberin meint insbesondere, nach der arbeitsgerichtlich nicht näher überprüfbaren unternehmerischen Entscheidung zur dauerhaften Reduzierung der Produktion in C einhergehend mit dem entsprechenden Personalabbau und der strikten Ablehnung der Einführung von Kurzarbeit durch die Arbeitgeberin stehe dem Betriebsrat ein Initiativrecht im Sinne des § 87 Abs. 1 BetrVG nicht zu. Ein solches Initiativrecht würde in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Arbeitgeberin eingreifen. Aus diesem Grunde sei die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig.

Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des vom Betriebsrat formulierten Antrages, da dieser ausweislich der zur Akte gereichten Beschlüsse stets die Einleitung eines Einigungsstellenverfahrens zur Regelung der Angelegenheit "Kurzarbeit zur Vermeidung von Entlassungen" (Kopie des Beschlusses Bl 114 b d.A.) beschlossen, den Antrag aber ohne diese Einschränkung formuliert habe.

Darüber hinaus sei nach Einrichtung einer Einigungsstelle zum Thema "Interessenausgleich und Sozialplan für die Betriebsänderung bei der Arbeitgeberin (Restrukturierung/Reduzierung bzw. Anpassung der Personalstärke aufgrund des Beschlusses der Gesellschafterin der Arbeitgeberin vom 19.07.2013 um ca. 15 %)" durch rechtskräftige Entscheidung des LAG Hamm vom 17.02.2014 - 13 TaBV 8/14 - das Rechtsschutzinteresse für das vorliegende Beschlussverfahren entfallen.

Im Übrigen wird von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes entsprechend § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen und auf die erstinstanzlichen Gründe des angefochtenen Beschlusses, dort I., Bezug genommen.

Nachdem das Arbeitsgericht Bochum durch Beschluss vom 19.12.2013 (Bl 121 ff d.A.) die vom Betriebsrat beantragte Einigungsstelle eingesetzt und die Zahl der Beisitzer auf je 3 festgelegt hat, wendet sich die Arbeitgeberin mit der vorliegenden, noch vor Zustellung des Beschlusses vom 19.12.2013 am 10.01.2014 vorab per Telefax am 02.01.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und begründeten Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung.

B.

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Zu Recht ist nämlich das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Einigungsstelle zum Thema "Entscheidung über Kurzarbeit im Betrieb der Arbeitgeberin in C" einzurichten ist. Der vom Betriebsrat formulierte Antrag ist weder unzulässig, noch ist eine solche Einigungsstelle offensichtlich unzuständig.

I.

Dem Betriebsrat fehlt für den streitgegenständlichen Antrag nicht das notwendige Rechtschutzinteresse dadurch, dass im Verfahren Arbeitsgericht Bochum 3 BV 71/13, LAG Hamm 13 TaBV 8/14, durch zweitinstanzlichen Beschluss vom 17.02.2014 rechtskräftig eine Einigungsstelle zum Thema Interessenausgleich und Sozialplan eingerichtet worden ist.

Insoweit betrifft die im genannten Verfahren eingerichtete Einigungsstelle einen anderen verfahrensrechtlichen Streitgegenstand. Dort sind betroffen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei einer Betriebsänderung; vorliegend die Mitbestimmungsrechte bei vorübergehender Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Zwar ist der Arbeitgeberin zuzugestehen - was auch Gegenstand der umfassenden Erörterungen vor der Beschwerdekammer in der Verhandlung vom 18.02.2014 war - dass es aus praktischen Gründen sinnvoll sein kann, im Rahmen der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Betriebsänderung das Thema "Kurzarbeit" im Zusammenhang mit dem zu verhandelnden Interessenausgleich zu besprechen; für die Frage des Rechtsschutzinteresses ist indessen eine formale, auf den Streitgegenstand bezogene Betrachtungsweise schon a...

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