Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung der Prozeßkostenhilfe bei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten unrichtigen Angaben
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschluß, der nicht zu verkünden, sondern der Partei gemäß § 329 Abs. 2 ZPO mitzuteilen ist, ist erst dann erlassen, wenn er aus dem inneren Bereich des Gerichtes herausgegangen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt liegt nur ein innerer Vorgang des Gerichts vor. Selbst wenn der Beschluß unterschrieben ist, ist er bis zum Verlassen der Gerichtsakten noch nicht mit unabänderbarer Wirkung erlassen, so daß Eingaben bis zu diesem Zeitpunkt als rechtzeitig eingegangen gelten und damit vom Gericht zu beachten sind.
2. Als Umkehrschluß aus § 124 Nr. 2 ZPO folgt, daß die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe von vornherein versagt werden kann, wenn die PKH-Partei unrichtige Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse macht. In einem solchen Falle muß die Kausalität der unrichtigen Angaben für die gerichtliche Entscheidung gegeben sein, so daß bei analoger Anwendung von § 124 Nr. 2 ZPO unrichtige Angaben für die Entscheidung unwesentlichen Punkte keine Versagung der Prozeßkostenhilfe rechtfertigen können.
Normenkette
ZPO § 329 Abs. 2, § 117 Abs. 2, 4, § 124 Nr. 2 analog
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Beschluss vom 12.06.2002; Aktenzeichen 1 Ca 595/02) |
Tenor
Die (sofortige) Beschwerde des Klägers gegen den PKH-Ablehnungsbeschluß des Arbeitsgerichts Paderborn vom 12.06.2002 -1 Ca 595/02 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Der Kläger hat mit Klageschrift vom 03.04.2002, bei dem Arbeitsgericht am 05.04.2002 eingegangen, eine Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage erhoben. Gleichzeitig hat er um ratenfreie Prozeßkostenhilfe sowie um Beiordnung von Rechtsanwalt B3xxx aus P6xxx W1xxxxxxxx mit dem Bemerken nachgesucht, daß die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachgereicht werde.
Im Gütetermin vom 30.04.2002 haben die Parteien sich gütlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.04.2002 geeinigt.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 12.06.2002 (1 Ca 595/02) das PKH-Gesuch mit der Begründung zurückgewiesen, das PKH-Gesuch sein unvollständig und der Kläger habe auf das gerichtliche Schreiben vom 16.05.2002 nicht fristgemäß reagiert.
Gegen den ihm am 17.06.2002 zugestellten Beschluß hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26.06.2002, bei dem Arbeitsgericht am 27.06.2002 eingegangen, Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 28.06.2002, bei dem Arbeitsgericht am 02.07.2002 eingegangen, ein Bündel Unterlagen nachgereicht.
Er trägt vor, es sei zutreffend, daß das Arbeitsgericht ihm mit Schreiben vom 16.05.2002 aufgegeben habe, mitzuteilen und glaubhaft zu machen, wovon er seinen Lebensunterhalt ab Mai 2002 bestreite, und aktuelle Kontoauszüge einzureichen, aus denen Miet- und Ratenzahlungen ersichtlich seien. Er sei dann am 10.06.2002 persönlich zum Arbeitsgericht gefahren und habe dort Kontoauszüge und eine Kopie der ersten Seite des Mietvertrages eingereicht. Diese Unterlagen hätte das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen. Außerdem habe er erklärt, von seiner Freundin eine Unterstützung in Höhe von 100,00 EUR in bar zu erhalten. Er habe einen Kontoauszug über die Zahlung von Miete vorgelegt. Er habe handschriftlich neben der Zahl 770,0 S geschrieben: „./. 2”. Bei wohlwollender Betrachtung sei dies als Hinweis darauf zu verstehen, daß er lediglich die Hälfte des Mietzinses trage, was auch deshalb nachvollziehbar sei, weil ausweislich des Mietvertrages Mieter nicht nur er, sondern auch seine Mitmieterin, Frau Y1xxxx B4xxxx, sei. Unzutreffend gehe das Landesarbeitsgericht in seiner Zwischenverfügung vom 24.07.2002 davon aus, daß ein Rückzahlungsdauerauftrag über 150,00 EUR belegt sei. Tatsächlich würden hier monatlich lediglich 125,00 EUR gezahlt. Vor diesem Hintergrund verliere auch die Frage an Bedeutung, wie er monatlich 1.015,00 EUR aufbringen könne, zumal die addierten Beträge von 850,00 EUR und 150,00 EUR solche seien, die bei ihm eingegangen seien und die von daher nicht von ihm hätten aufgebracht werden müssen.
Entscheidungsgründe
II. Die nach §§ 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte (sofortige) Beschwerde ist unbegründet. Die Ablehnung der PKH-Bewilligung gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
1. Gemäß §§ 114, 119 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, daß bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragssteller besteht und das PKH-Gesuch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt (§ 117 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO). Vollständig ist die PKH-Antragst...