Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebühren des beigeordneten Rechtsanwalts bei einem sog. Mehrvergleich
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer auf einen Vergleich beschränkten Prozesskostenhilfe werden der anwaltlich vertretenen Partei die ihrem Rechtsanwalt gegebenenfalls zustehende 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 RVG-VV und die 1,2-Terminsgebühr auch auf den Mehrwert des Vergleichs nicht aus der Staatskasse erstattet.
Normenkette
RVG § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 24.03.2015; Aktenzeichen 4 Ca 2034/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 24.03.2015 - 4 Ga 2034/13 - wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Dem Kläger ist mit Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 22.10.2014 Prozesskostenhilfe bewilligt und der Antragsteller beigeordnet worden. Mit Beschluss vom 24.10.2014 hat das Arbeitsgericht die Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich vom 24.10.2014 bewilligt. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 05.11.2014 die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung in Höhe von 1.537,48 beantragt, wobei für den Mehrvergleich eine 1,2-Termins-, eine 0,8-Verfahrens- und eine 1,5 Einigungsgebühr berücksichtigt worden sind. Das Arbeitsgericht hat die Vergütung in Höhe von 981,75 € festgesetzt und dabei eine 1,0-Einigungsgebühr berücksichtigt. Hiergegen hat sich der Antragsteller mit der erfolglosen Erinnerung und sodann mit der Beschwerde gewandt. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.
I.
Die Beschwerde ist unbegründet. Dem Antragsteller steht zwar eine 1,5-Einigungsgebühr, jedoch keine 0,8-Verfahrens- und keine 1,2-Terminsgebühr zu.
1. Die Erstattungspflicht der Staatskasse nach den §§ 45ff. RVG ist streng akzessorisch, d.h. sie besteht hinsichtlich der einzelnen Gebührentatbestände nur in demjenigen Umfang, in dem der Mandant selbst einer entsprechenden Vergütungsverpflichtung unterliegt. Für das Bestehen eines erstattungsfähigen Vergütungsanspruchs des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse reicht indessen der Anfall der angemeldeten Gebühr im Rahmen des Mandatsverhältnisses nicht aus. Denn im Festsetzungsverfahren nach den §§ 45 ff., 55 RVG können - von dem hier nicht einschlägigen Anwendungsbereich des §§ 48 Abs. 3 RVG abgesehen - einem beigeordneten Rechtsanwalt ausschließlich diejenigen Gebühren aus der Staatskasse ersetzt werden, die vom sachlichen Umfang des Bewilligungsbeschlusses gedeckt sind (§ 48 Abs. 1 RVG).
2. Der Vergütungsanspruch bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist (§ 48 Abs. 1 RVG). Geht es um Gebühren im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Mehrvergleichs, muss eine Bewilligung für den Mehrvergleich schon wegen der bindenden Wirkung für den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts (§ 48 Abs. 1 RVG) und der Vermeidung von Unklarheiten im Vergütungsfestsetzungsverfahren klar aus dem Bewilligungs- und Beiordnungsbeschluss erkennbar sein. Dies ergibt sich auch aus § 48 Abs. 5 Satz 1 RVG, der in Abgrenzung zu den Bestimmungen der Absätze 2 bis 4, eine ausdrückliche Beiordnung für "andere Angelegenheiten" verlangt. Entweder muss sich die Erstreckung daher direkt aus dem Tenor ergeben oder - soweit vorhanden - aus den Gründen des Beschlusses (BAG 30. April 2014 - 10 AZB 13/14; LAG Hamm 31. August 2007 - 6 Ta 402/07).
3. Der einen sogenannten Mehrvergleich betreffende Prozesskostenhilfe-Erweiterungsbeschluss wird in der Praxis so gut wie nie begründet, sondern beschränkt sich in aller Regel auf die auch im Streitfall verwendete Tenorierungsformel. In der Frage, welche Gebühren für den abgeschlossenen Mehrvergleich bei einer solchen Fallgestaltung erstattungsfähig sind, gehen die Meinungen nach wie vor weit auseinander (vgl. etwa die Übersicht bei OLG Bamberg 21. März 2011 - 4 W 42/10 m. w. N.).
4. Nach den gesetzlichen Vorgaben kommt einerseits eine Bewilligung nach §§ 119, 114 ZPO für die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und andererseits eine eingeschränkte Bewilligung nur für eine Einigung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO in Betracht.
a) Prozesskostenhilfe kann unter den Voraussetzungen von § 114 ZPO einer Partei bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dabei ist für die Partei, die Prozesskostenhilfe für eine Klage begehrt, auf deren Erfolgsaussichten abzustellen. Nicht erforderlich ist, dass die Klage schon erhoben worden ist. Um einer Partei zu ermöglichen, gegebenenfalls auch bei fehlenden oder unzureichenden finanziellen Mitteln einen Rechtsstreit zu führen, kann ihr Prozesskostenhilfe auch für eine zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht erhobene, sondern nur beabsichtigte Klage bewilligt werden. Anders liegen die Dinge dagegen auf Seiten des Antragsgegners. Ihm ist unter de...