Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert im Beschlussverfahren. Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Mehrarbeit. Überstunden. Kosten im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (amtlich)
Seit dem 01.01.2007 ist die erfolglose Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes in arbeitsgerichtlichen Beschwerdeverfahren kostenpflichtig zurückzuweisen. Dies folgt aus § 1 S. 2 GKG idF des 2. JuMoG vom 22.12.2006 – BGBl. I 2006, 3416 –. Die Kostenfreiheit des § 2 Abs. 2 GKG für arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren steht dem nicht mehr entgegen.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3; BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3; GKG § 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Beschluss vom 13.12.2006; Aktenzeichen 6 BV 76/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.12.2006 – 6 BV 76/06 – wird zurückgewiesen.
Die Arbeitgeberin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren hat der antragstellende Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Unterlassung verlangt, Überstunden ohne Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats anzuordnen oder zu dulden. Durch Beschluss vom 29.11.2006 hat das Arbeitsgericht dem Unterlassungsantrag rechtskräftig stattgegeben.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht durch weiteren Beschluss vom 13.12.2006 den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen diesen der Arbeitgeberin am 21.12.2006 zugestellten Beschluss vom 13.12.2006, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, richtet sich die am 03.01.2007 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde der Arbeitgeberin, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht bei der Wertfestsetzung zu Unrecht angesichts der vorgetragenen Vielzahl von Fällen von Verstößen einer Erhöhung des Regelwertes für angemessen erachtet habe. Bei den Verstößen gehe es durchgehend um Einzelfälle, die aus besonderen Anlässen angefallen seien und von denen die Geschäftsleitung erst im Nachhinein erfahren habe.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren mit 6.000,00 EUR bemessen.
Die Wertfestsetzung für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.
§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG stellt – wie früher § 8 Abs. 2 BRAGO – eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Wege nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG aber erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt bereits hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitstands vielfach im Vordergrund der Bewertung stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 50 = NZA-RR 2002, 472; Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff.).
Bei der vom Betriebsrat begehrten Unterlassung handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anfallenden Streitsachen sind typischerweise nichtvermögensrechtlicher Natur. Dies gilt auch und gerade dann, wenn vom Arbeitgeber die Unterlassung bestimmter Handlungen verlangt wird und der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG geltend macht. Um ein fallübergreifendes System zu erhalten, welches im Hinblick auf die Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit im Beschlussverfahren adäquate Abstufungen zulässt und damit erlaubt, dem Einzelfall gerecht zu werden, kann für die Ausfüllung des Ermessensrahmens des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für den Arbeitgeber bzw. für die Belegschaft aber nicht unberücksichtigt bleiben. Dabei ist allerdings auch der Grundtendenz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zu entsprechen, die Kosten zu begrenzen (LAG Hamm, Beschluss vom 23.01.2006 – 13 TaBV 200/05 –, Wenzel, a.a.O., Rz. 443 f. m.w.N.).
Unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts niedergelegten Grundsätze hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht und mit zutreffender Begründung eine Erhöhung des Ausgangswertes angenommen und den 1,5-fachen Ausgangswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG für angemessen erachtet. Zu Recht verweist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss darauf hin, dass auch ohne Berücksichtigung derjenigen Vorfälle, di...