Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlussverfahren. Wahl der Betriebsvertretung. einstweilige Verfügung. Abbruch der Wahl. Nichtigkeit. Anfechtbarkeit der Wahl. Zulassung von Wahlvorschlaglisten. Verbindung von Vorschlags- und Unterstützungsliste. unverzügliche Prüfung von Wahlvorschlagslisten. Mängel im Wahlausschreiben
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 85 Abs. 2 S. 1 ArbGG ist auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren der Erlass einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich zulässig.
2. Durch einstweilige Verfügung kann bei entsprechender Dringlichkeit auch in ein laufendes Wahlverfahren eingegriffen werden.
3. Verletzt der Wahlvorstand die ihm nach § 10 WahlO BPersVG obliegende Pflicht, eingehende Wahlvorschläge unverzüglich nach ihrem Eingang zu prüfen und den Listenführer bei Ungültigkeit der Vorschlagsliste unverzüglich zu unterrichten, so kann dies zur Anfechtbarkeit der Wahl führen.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940; ArbGG § 85 Abs. 2; BPersVG § 19 Abs. 4, § 25; WahlO zum BPersVG § 10; ZA zum Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Beschluss vom 07.05.2010; Aktenzeichen 1 BVGa 11/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 07.05.2010 – 1 BVGa 11/10 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um den Abbruch der Wahl einer Betriebsvertretung.
Bei der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 14., handelt es sich um eine Dienststelle der britischen Stationierungsstreitkräfte in G1, in der etwa 400 Zivilarbeitnehmer beschäftigt sind.
In der Dienststelle in G1 ist eine Betriebsvertretung gewählt, deren Amtszeit am 31.05.2010 endet.
Zur Wahl einer neuen Betriebsvertretung bestellte diese einen aus drei wahlberechtigten Beschäftigten bestehenden Wahlvorstand sowie drei Ersatzmitglieder für den Wahlvorstand, den Beteiligten zu 13.. Die Wahlvorstandsmitglieder und die drei Ersatzmitglieder sind überwiegend Mitglieder der bisherigen Betriebsvertretung. Auf die Bekanntmachung des örtlichen Wahlvorstandes vom 22.02.2010 (Blatt 9 d. A.) wird Bezug genommen.
Der von der Betriebsvertretung bestellte Wahlvorstand, der Beteiligte zu 13., erließ am 15.03.2010 ein Wahlausschreiben (Blatt 10 d. A.). Hiernach sollte die Wahl zur Betriebsvertretung in der Zeit vom 17. bis 19.05.2010, jeweils von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr stattfinden. Das Wahlausschreiben trägt als Überschrift: „Wahlausschreiben für die Wahl der Betriebsvertretung in gemeinsamer Wahl (§ 6 WO)”. Nach den weiteren Angaben im Wahlausschreiben besteht die Betriebsvertretung aus neun Mitgliedern, vier Vertreter der Gruppe der Angestellten und fünf Vertreter der Arbeiter. Die Gesamtzahl der Beschäftigten und eine bestimmte Geschlechterquote sind nicht angegeben. Als spätester Zeitpunkt für die Einreichung von Wahlvorschlägen ist im Wahlausschreiben der 06.04.2010 angegeben. Auf den weiteren Inhalt des Wahlausschreibens vom 15.03.2010 (Blatt 10, 14 d. A.) wird Bezug genommen.
Die Antragsteller zu 1. bis 12. sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. Die Antragsteller zu 1. bis 6. gehören der Gruppe der Angestellten an, die Antragsteller zu 7. bis 12. der Gruppe der Arbeiter.
Am 01.04.2010 gaben die Beteiligten zu 1. und 2. zwei Wahlvorschläge ab. Auf dem ersten Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Die Alternative – Wir für Euch” (Blatt 12 ff. d. A.) kandidierten die Antragsteller zu 1. bis 6. als Bewerber der Angestellten. Auf dem zweiten Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Wir sind die bessere Wahl” (Blatt 28 ff. d. A.) bewarben sich die Antragsteller zu 7. bis 12. als Kandidaten für die Arbeiter/innen.
Beide Listen bestanden aus dem jeweiligen Wahlvorschlag (Blatt 12, 28 d. A.), den Zustimmungserklärungen der Kandidaten (Blatt 13 f., 29 f. d. A.) und einer Liste mit Unterstützungsunterschriften (Blatt 21 – 27, 35 – 42 d. A.). Ob und inwieweit die Wahlvorschläge, die Zustimmungserklärungen der Kandidaten und die Liste mit den Unterstützungsunterschriften fest miteinander verbunden waren, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Unstreitig wurden die Stützunterschriften auf mehreren Unterschriftenlisten, auf denen die jeweiligen sechs Kandidaten und das Kennwort des Wahlvorschlages vorangestellt waren, im Betrieb gesammelt. Der jeweiligen Unterschriftenliste war eine Fotokopie des Wahlvorschlages vorgeheftet.
Nach Ableistung aller Stützunterschriften und Einsammlung sämtlicher Unterschriftenlisten wurde die Kopie des Wahlvorschlages von den jeweiligen Unterschriftenlisten entfernt und sodann mit dem eigentlichen Original-Wahlvorschlag wieder zusammengeheftet.
Dieser Wahlvorschlag wurde am 01.04.2010 beim Wahlvorstand von den Beteiligten zu 1. und 2. abgegeben. Die Listen wurden vom Wahlvorstandsmitglied B5 entgegengenommen, der darauf hinwies, nicht allein über die Zulässigkeit der beiden abgegebenen Listen entscheiden zu können. Noch am 01.04.2010, Gründonnerstag, wurden die Listen vom Wahlvorstand überprüft. Ob der Wahlvorstand am 01.04.2010 bei...