Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe wegen Nichteinhaltung der angeordneten Raten
Leitsatz (amtlich)
Feststellung des unverschuldeten Ratenrückstands; fehlendes Verschulden auch bei zu hoch bemessener Ratenhöhe; Beschwerde gegen Aufhebung der Prozesskostenhilfe ist auslegbar als Abänderungsantrag der Partei; Abänderung dann auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Änderung auch rückwirkend.
Leitsatz (redaktionell)
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe darf nicht wegen Nichteinhaltung der angeordneten Raten aufgehoben werden, wenn diese gemessen am verfügbaren Einkommen zu hoch sind. In diesem Fall ist der Ratenrückstand nicht unverschuldet und darf nicht zum Anlass des Widerrufs der Bewilligung genommen werden.
Normenkette
ZPO § 120a Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 1 Nrn. 4-5
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 19.01.2015; Aktenzeichen 8 Ca 258/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfe-Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.01.2015 wird dieser aufgehoben.
Der Prozesskostenhilfebeschluss vom 06.03.2014 wird wie folgt abgeändert:
Die von der Klägerin zu leistenden Raten werden für den Zeitraum 1.8.2014 bis 31.12.2014 auf 58,00 € festgesetzt. Von der Einziehung der Raten wird bis zu einer Verbesserung der Einkommensverhältnisse der Klägerin abgesehen.
Ab dem 01.01.2015 wird die Prozesskostenhilfe bis auf weiteres mit der Maßgabe bewilligt, dass die Klägerin keinen eigenen Beitrag zu den Prozesskosten leisten braucht.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Zahlungsrückstands.
Der Klägerin war mit Beschluss vom 06.03.2014, zugestellt am 13.03.2014, Prozesskostenhilfe bewilligt worden mit der Maßgabe, dass die Klägerin eine monatliche Rate von 102,00 € aus ihrem Einkommen zu erbringen hat. Der Zahlungsplan mit einem festgelegten Zahlungsbeginn ab 01.08.2014 wurde an die Klägerin am 14.07.2014 abgesandt. Nachdem die Klägerin die Ratenzahlung nicht aufgenommen hatte, erfolgte eine Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Nichtzahlung unter dem 21.11.2014. Nachdem keine weiteren Erklärungen eingingen, wurde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 19.01.2015, zugestellt am 20.01.2015, aufgehoben.
Am 06.02.2015 ging ein Schreiben der Klägerin ein, wonach sie im letzten Jahr schwer erkrankt sei und die Zahlungen nicht habe aufnehmen können. Sie bat um Stundung der Raten. Mit Schreiben vom 09.02.2015 teilte das Arbeitsgericht mit, dass Angaben dazu erforderlich seien, inwiefern die Klägerin ab dem Monat August 2014 nicht zu Zahlungen in der Lage war. Am 20.02.2015 gingen diverse Unterlagen bei dem Arbeitsgericht ein, aufgrund derer das Arbeitsgericht mit Schreiben vom 27.03.2015 eine Ratenzahlungspflicht von 58,00 € im Zeitraum August bis Dezember 2014 mitteilte und anbot, Raten für August bis März 2015 (8 x 58,00 € = 464,00 €) bis zum 17.04.2015 nachzuzahlen. Die Klägerin teilte darauf telefonisch mit, aufgrund Krankengeldbezuges könne sie den Betrag nicht zahlen. Darauf teilte das Arbeitsgericht mit, dass auf den Einzug von Raten ab Januar 2015 verzichtet würde, jedoch bis Dezember 2014 Raten zu zahlen seien in einer Höhe von 300,00 € (5 Raten zu je 50,00 €). Nachdem auch diesbezüglich keine Zahlungen eingingen, wurde der Sachverhalt dem Beschwerdegericht vorgelegt.
Die Klägerin bezieht nach den vorgelegten Unterlagen seit dem 26.01.2015 ein Krankengeld von 738,90 €. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde zum 20.01.2015 gekündigt. Sie wird voraussichtlich bei Genesung Arbeitslosengeld beziehen.
II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 11a Abs. 3, 78 ArbGG und §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff ZPO an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde vom 06.02.2015 ist zulässig und begründet.
1. Nach § 11a Abs. 3 ArbGG i. V. m. § 124 Abs.1 Ziff. 5 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Rate in Rückstand geraten ist.
Nichtzahlungen oder unpünktliche Zahlungen allein rechtfertigen noch keine Aufhebung der Prozesskostenhilfe. § 124 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO verwendet den Begriff des Verzugs zwar nicht ausdrücklich, dennoch kann regelmäßig nur ein schuldhafter Verstoß gegen die Zahlungspflicht eine Aufhebung rechtfertigen, da die Norm letztlich die Verletzung von Mitwirkungspflichten der Partei sanktionieren will. Das Wort "Rückstand" muss folglich wie "Verzug" gelesen werden (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk, Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Auflage 2014, Rn 849 m. w. N.).
Die Partei trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie trotz zutreffender Leistungsprüfung, welche die Grundlage für Umstand und Höhe der Ratenzahlung oder des Einmalbetrages bildet, gleichwohl ohne Verschulden nicht gezahlt hat. Gibt eine Partei jedoch keine Erklärung dazu ab, warum sie in Ratenrückstand geraten ist, kann angenommen werden, dass die ...