Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung neuen Vorbringens im Verfahren der sofortigen Beschwerde wegen Versagung der Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Maßgeblich für die Feststellung der Bedürftigkeit ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung. Bis zu diesem Zeitpunkt von der Partei vorgetragene Angaben und überreichte Belege sind grundsätzlich zu berücksichtigen.

2. Treten Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen während des Bewilligungsverfahrens (einschließlich des Beschwerdeverfahrens) ein, sind Belastungen, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligungsentscheidung bereits vorhanden, jedoch nicht angegeben oder belegt worden waren, in die Prüfung der Bedürftigkeit mit einzubeziehen.

3. Unabhängig von Änderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse schließt § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO die Berücksichtigung neuen Vorbringens im Beschwerdeverfahren gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht aus, solange es vor Beendigung der Instanz, für die Prozesskostenhilfe bewilligt werden soll, vorgetragen wird; § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist keine generelle Ausschlussfrist (Änderung der bisherigen Rechtsprechung der erkennenden Kammer, vgl. LAG Hamm, 2. November 2009, 14 Ta 109/09, [...], Rn. 2; 17. Juni 2013, 14 Ta 77/13, [...], Rn. 16; entgegen BAG, 3. Dezember 2003, 2 AZB 19/03, MDR 2004, 415).

4. Selbst die Beendigung der Instanz schließt neues Vorbringen nicht aus, wenn es um ein Beschwerdeverfahren geht, in dem sich die mittellose Partei nur gegen die in einem Bewilligungsbeschluss erfolgte Zahlungsanordnung wendet.

 

Normenkette

ZPO § 571 Abs. 2 S. 1, §§ 117, 118 Abs. 2 S. 4, § 119 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 13.11.2014; Aktenzeichen 2 Ca 628/14 O)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 13. November 2014 (2 Ca 628/14 O) hinsichtlich der Ratenzahlungsanordnung abgeändert.

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hat.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger beantragte mit seiner am 1. August 2014 eingegangenen Kündigungsschutzklage zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse reichte er am 25. August 2014 ein. Hierin teilte er mit, dass

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    er seinen beiden 2007 und 2009 geborenen Kindern Unterhalt in Höhe von jeweils 325,00 Euro gewähre,

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    ein Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt sei,

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    er für eine Kfz-Versicherung (178,00 Euro monatlich) und eine Haftpflicht für seine Kinder (93,00 Euro monatlich) Beiträge zahle,

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    Aufwendungen für Sprit (150,00 Euro) und Bewerbungen (100,00 Euro) habe,

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    der "Arge" Schulden von 2.000,00 Euro in monatlichen Raten von 50,00 Euro zurückzahle und

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    seine monatlichen Mietkosten 500,00 Euro betragen würden.

Belege waren nur für die Mietzahlung und die Kfz-Versicherung beigefügt. Das Arbeitsgericht forderte ihn mit Schreiben vom 17. September 2014 auf, einen Einkommensnachweis sowie Nachweise über die Zahlungsverpflichtungen einzureichen, insbesondere seien die Unterhaltszahlungen für August und September 2014 durch Kontoauszüge zu belegen. Zur Erledigung setzte es eine Frist gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO bis zum 5. Oktober 2014. Das Schreiben wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. September 2014 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 24. September 2014 teilte der Kläger mit, dass er derzeit mangels Zahlungsfähigkeit keinen Unterhalt leiste, und reichte darüber hinaus den Arbeitslosengeldbescheid vom 9. September 2014 zur Akte. Am 25. September 2014 endete das Verfahren durch einen bestandskräftigen gerichtlichen Vergleich.

Das Arbeitsgericht ermittelte auf der Grundlage des bescheinigten Arbeitslosengeldes von 1.087,50 Euro und unter Abzug des 2014 geltenden persönlichen Freibetrags nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a) ZPO (452,00 Euro), anteiligen Mietkosten (250,00 Euro) sowie nachgewiesenen Kosten für die Kfz-Versicherung (45,00 Euro) eine einzusetzendes Einkommen von 340,50 Euro. Nach Anhörung zu dieser Berechnung bewilligte es durch den hier angefochtenen Beschluss vom 13. November 2014 Prozesskostenhilfe unter Anordnung einer Ratenzahlung von monatlich 170,00 Euro. Die Entscheidung wurde dem Kläger am 19. November 2014 zugestellt. Mit Schreiben des Gerichts vom 1. Dezember 2014 wurde dem Kläger ein Zahlungsplan übersandt, der einen Beginn der Ratenzahlung am 10. Dezember 2014 vorsah.

Mit der am 18. Dezember 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde hat der Kläger darauf verwiesen, dass die Agentur für Arbeit mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 eine Herabsetzung des Auszahlungsbetrages auf 800,00 Euro mitgeteilt habe. Zudem legte er eine neue Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor, wonach er folgende monatliche Belastungen hat:

Kfz-Steuer 12,33 Euro

Kfz-Versicherung 36,10 Euro

Wohnkosten 250,00 Euro

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