Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts in einem Kompetenzkonflikt gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelfallentscheidung zur Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts nach den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 36 Abs. 1 Ziff. 6, Abs. 2 ZPO mit Ausführungen zur Abgrenzung lediglich gerichtsintern gebliebener Erklärungen der am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gericht zu "rechtskräftigen Unzuständigkeitserklärungen" im Sinne des § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO und zur verfahrensrechtlichen Bindungswirkung von gerichtlichen Verweisungsbeschlüssen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das bestimmende Gericht hat im negativen Kompetenzkonflikt mehrerer Gerichte nicht nur die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften zu beachten, sondern auch verfahrensrechtliche Bindungswirkungen.

2. Auch ein formal am negativen Kompetenzkonflikt nicht beteiligtes Gericht kann als das gemeinsam zuständige Gericht gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bestimmt werden. Das kann insbesondere auch aus der Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses folgen.

 

Normenkette

ArbGG § 48; ZPO § 36 Abs. 2, § 329; GVG § 17; ZPO § 36 Abs. 1

 

Tenor

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Arbeitsgericht Düsseldorf bestimmt.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich in der Hauptsache mit seiner unter dem 19.09.2016 vor dem Arbeitsgericht Hagen erhobenen Klage gegen die Rechtswirksamkeit einer ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung. Das Landesarbeitsgericht wurde durch das Arbeitsgericht München um Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit ersucht.

Der Kläger hat seinen allgemeinen Gerichtsstand in H, also im Bezirk des Arbeitsgerichts Hagen. Der Sitz der Beklagten liegt in M. Arbeitsvertraglich hielten die Parteien zunächst fest, dass D der Arbeitsort sei. Am 28.06.2012 vereinbarten die Parteien schriftlich, dass der Kläger seine Tätigkeit von zu Hause ausüben könne und damit der Arbeitsort H sei. Dies wiederum änderten die Parteien mit schriftlicher Zusatzvereinbarung vom 24.08.2016 kurz vor Zugang der streitgegenständlichen Kündigung vom 09.09.2016 und hielten fest, dass ab dem 01.09.2016 der Arbeitsort erneut D sei.

Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2016 vor dem Arbeitsgericht Hagen thematisierte das Gericht seine örtliche Zuständigkeit mit Blick auf die unter dem 24.08.2016 getroffene Vereinbarung der Parteien. Die Beklagte rügte angesichts dessen die örtliche Zuständigkeit und beantragte Verweisung an das aus ihrer Sicht örtlich zuständige Arbeitsgericht Düsseldorf. Der Kläger stellte sich im Nachgang auf den Standpunkt, er habe seine Arbeit zuletzt gewöhnlich in H verrichtet, weshalb das Arbeitsgericht Hagen nach § 48 Abs. 1 a ArbGG örtlich zuständig sei. Das Arbeitsgericht Hagen gab beiden Parteien Gelegenheit, zur Frage der örtlichen Zuständigkeit abschließend vorzutragen. Die Beklagte ließ nach einem Wechsel ihre Prozessbevollmächtigten erneut ausführen, das Arbeitsgericht Düsseldorf sei zuständig.

Mit einem formularmäßig vorbereiteten Beschluss vom 20.12.2016 erklärte sich das Arbeitsgericht Hagen ausweislich des Tenors dieses Beschlusses für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Düsseldorf. Es führte aus, seine Zuständigkeit ergebe sich weder aufgrund des allgemeinen Gerichtsstandes der Beklagten noch aus besonderen Gerichtsstandsregelungen. Es setzte hinzu:

"Nach alledem ist der Rechtsstreit von Amts wegen an das für den Sitz der Beklagten örtlich zuständige Arbeitsgericht zu weisen."

Nach erfolgtem Eingang der Akte bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf wurde das Verfahren dort ohne vorherige Anhörung der Parteien aufgrund richterlicher Verfügung vom 30.12.2016 zum Aktenzeichen 4 Ca 1636/16 ausgetragen. Die Akte wurde mit dem Vermerk an das Arbeitsgericht Hagen zurückgesandt, ausweislich der Begründung des Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 20.12.2016 sei der Rechtsstreit an das für den Sitz der Beklagte zuständige Arbeitsgericht verwiesen worden. Dies sei nicht das Arbeitsgericht Düsseldorf, sondern das Arbeitsgericht München.

Das Arbeitsgericht Hagen leitete das Verfahren sodann mit Schreiben vom 11.01.2017 "zuständigkeitshalber" an das Arbeitsgericht München weiter, das mit richterlichem Schreiben vom 18.01.2017 mitteilen ließ, ausweislich des Verweisungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Hagen vom 20.12.2016 sei das Verfahren an das Arbeitsgericht Düsseldorf verwiesen worden. Eine Auslegung dahingehend, dass eine Verweisung an das Arbeitsgericht München hätte erfolgen sollen, könne dem klaren Wortlaut des Beschlusses nicht entnommen werden. Dies wiederum veranlasste das Arbeitsgericht Hagen, unter dem 24.01.2017 einen weiteren Beschluss über seine örtliche Unzuständigkeit herbeizuführen und den Rechtsstreit nunmehr an das Arbeitsgericht München zu verweisen.

Das Arbeitsgericht München führte mit Schreiben vom 23.02.2017 aus, der unanfechtbare Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 20.12.2016 an das Arbeitsgericht Düsseldorf bewirke, dass das Arbeitsge...

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