Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung. Schulungskosten; Erforderlichkeit der Schulung über tarifliche Bestimmungen und Arbeitszeit. aktueller Schulungsbedarf. Vorkenntnisse und Erfahrungswissen des zu schulenden Betriebsratsmitglieds. ordnungsgemäße Einleitung des Beschlussverfahrens durch Betriebsratsbeschluss. ordnungsgemäßer Entsendebeschluss
Leitsatz (redaktionell)
1. Ohne einen entsprechenden ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss ist der Arbeitgeber weder zur Kostentragung noch zur Freistellung von entsprechenden Kosten verpflichtet.
2. Sollen auf einem Seminar Kenntnisse der Bestimmungen des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer im Einzelhandel NRW vermittelt werden und handelt es sich bei dem Betrieb des Arbeitgebers um einen Einzelhandelsbetrieb und finden die Bestimmungen des Einzelhandelstarifvertrags im Betrieb des Arbeitgebers Anwendung, ergibt sich bereits hieraus grundsätzlich, dass zur sachgerechten Erledigung der Betriebsratsarbeit auch konkrete Kenntnisse über die tariflichen Bestimmungen erforderlich sind.
3. Dennoch hat der Betriebsrat trotz des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums darzulegen, dass die Teilnahme gerade des bestimmten Betriebsratsmitglieds an dem Seminar erforderlich ist.
Normenkette
BetrVG §§ 29, 33, 37 Abs. 6, § 40
Verfahrensgang
ArbG Herne (Beschluss vom 20.08.2008; Aktenzeichen 1 BV 37/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 20.08.2008 – 1 BV 37/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Kosten für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.
Der Arbeitgeber betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Aufgrund eines Anerkennungstarifvertrages finden im Betrieb des Arbeitgebers die Tarifverträge des Einzelhandels Anwendung. Die einzelnen Filialen sind organisatorisch bestimmten Bezirken zugeordnet, die organisatorisch vier in der Bundesrepublik gebildeten Vertriebsbüros untergeordnet sind.
Für den Bezirk H1/R1 ist ein Betriebsrat, der aus sieben Personen besteht, gewählt. Die Beteiligte zu 3. ist seit 2003/04 Betriebsratsvorsitzende.
In der Zeit vom 15.03. bis 19.03.2004 nahm die Beteiligte zu 3. an einer betriebsverfassungsrechtlichen Schulungsveranstaltung „Soziale Angelegenheiten (BR 3)” teil, das Grundwissen für die Betriebsratsarbeit vermittelte. Das Seminar diente der Einführung in die betriebliche Mitbestimmung und das Mitbestimmungsverfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Unter anderem wurden die einzelnen Felder der sozialen Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 bis 13 BetrVG (z.B.: Ordnung des Betriebes, Arbeitszeitregelungen, technische (Kontroll-) Einrichtungen, betriebliche Lohngestaltung) behandelt. Auf den Themenplan (Bl. 101 d.A.) wird Bezug genommen.
In der Zeit vom 18.01. bis 20.01.2005 nahm die Beteiligte zu 3. an einem weiteren Seminar für Betriebsratsmitglieder teil, das „Aktuelle Themen der Betriebsratsarbeit bei S1” behandelte. Dieses Seminar befasste sich unter anderem mit der „Mitwirkung und Mitbestimmung von Betriebsräten bei Stundenänderungen und Personalsollzahlenänderungen in Verkaufsstellen, Änderung der Tätigkeit und des Einsatzortes sowie bei Arbeitszeitfragen und Vertretungsregelungen”. Auf den weiteren Inhalt des Seminarangebots (Bl. 15 d.A.) wird Bezug genommen.
Bereits im April bzw. August 2004 beabsichtigte die Beteiligte zu 3., an einem weiteren von ver.di b + b geplanten Seminar „Arbeitszeitregelungen im Einzelhandel” teilzunehmen, das tarifliche Regelungen zur Arbeitszeit im Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen behandeln sollte (Bl. 14 d.A.). Die im April bzw. August 2004 geplanten Seminare fielen jedoch aus (Bl. 24, 83 d.A.).
In seiner Sitzung vom 16.03.2007 beschloss der Betriebsrat erneut, die Beteiligte zu 3. zu dem von ver.di b + b veranstalteten Seminar „Tarifvertrag Einzelhandel, alles um die Arbeitszeit” in der Zeit vom 18.04. bis 20.04.2007 in H4 zu entsenden. Auf den Seminarplan dieses Seminars (Bl. 4 d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen. Zu der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 war schriftlich eingeladen worden (Bl. 49 d.A.). Auf das Protokoll der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 (Bl. 48 d.A.) wird Bezug genommen. Ob der Beschluss des Betriebsrats vom 16.03.2007 ordnungsgemäß zustande gekommen ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Mit Schreiben vom 16.03.2007 (Bl. 47 d.A.) teilte der Betriebsrat dem Arbeitgeber den am 16.03.2007 gefassten Beschluss über die Entsendung der Beteiligten zu 3. zu dem streitigen Seminar mit.
Der Arbeitgeber verweigerte gegenüber dem Betriebsrat mit Schreiben vom 05.04.2007 (Bl. 40 d.A.) eine Kostenübernahme mit der Begründung, die Seminarteilnahme sei nicht erforderlich.
Trotz der Ablehnung des Arbeitgebers nahm die Beteiligte zu 3. an dem vom 18.04. bis 20.04.2007 in H4 stattfindenden Seminar teil.
Der Seminarveranstalter ver.di b + b übersandte am 20.03.2007 der Beteiligten zu 3. eine Rechnung über Seminargebühr...