Entscheidungsstichwort (Thema)
Titulierungsinteresse (hier für Zeugnis) nur bei ungewisser Rechtsdurchsetzung. Recht des Gerichts zur Reduzierung des Streitwerts im Beschwerdeverfahren. Kein Vergleichsmehrwert bei nicht strittigen Punkten
Leitsatz (amtlich)
Die Annahme eines Titulierungsinteresses für die in einen Beendigungsvergleich integrierte Zeugnisvereinbarung setzt voraus, dass die Durchsetzbarkeit des titulierten Anspruchs aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalles gleichwohl ungewiss ist. Fehlt es daran, kann eine entsprechende Festsetzung des Arbeitsgerichts im Beschwerdeverfahren gem. § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG auch zum Nachteil des beschwerdeführenden Rechtsanwalts von Amts wegen nach unten abgeändert werden.
Normenkette
RVG § 32 Abs. 2 S. 1; GKG § 63 Abs. 2, § 42 Abs. 2 S. 1, § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 68 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Entscheidung vom 19.10.2020; Aktenzeichen 2 Ca 682/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22. Oktober 2020 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 19. Oktober 2020 - 2 Ca 682/20 - wird zurückgewiesen. Unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Festsetzung wird von Amts wegen zugleich der Vergleichswert auf ebenfalls 11.332,05 € festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für ein durch Prozessvergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO erledigtes Kündigungsschutzverfahren.
I.
Der durch den Beschwerdeführer anwaltlich vertretene Kläger war seit dem 1. Juli 2006 bei der Beklagten, die der Möbelindustrie zuliefert und ca. 40 Beschäftigte hat, als Konfektionierer und Staplerfahrer gegen ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von durchschnittlich 3.777,35 € beschäftigt.
Mit Schreiben vom 31. August 2020 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Januar 2021. Mit am 10. September 2020 beim Arbeitsgericht Detmold anhängig gemachter Klage wandte sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und ließ zu diesem Zwecke einen Kündigungsschutzantrag nach § 4 S. 1 KSchG ankündigen. Auf Anregung der Klägerseite machte sich das Arbeitsgericht einen zwischen den Parteien vorabgestimmten Vergleichstext zu eigen und unterbreitete diesen vor dem Gütetermin nach § 278 Abs. 6 ZPO im Wege des gerichtlichen Vorschlags. Nach Eingang entsprechender Annahmeerklärungen stellte das Arbeitsgericht dem Beschluss vom 7. Oktober 2020 (Bl. 18/19 d. A.), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, das Zustandekommen und den Inhalt eines verfahrensbeendenden Prozessvergleichs fest. Unter Ziffern 1 und 2 des Vergleichs ist bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund betriebsbedingter Kündigung gegen Zahlung einer namhaften Abfindung mit dem 31. Januar 2021 enden wird. Ziffer 4 sieht die unwiderrufliche Freistellung bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Nach Ziffer 5 hat die Beklagte ein wohlwollendes Endzeugnis mit mindestens guter Leistungs- und Führungsbeurteilung und einer vollständigen Schlussformel zu erteilen. Daneben kann der Kläger ein entsprechendes Zwischenzeugnis verlangen.
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2020 setzte das Arbeitsgericht auf Antrag des Beschwerdeführens den Verfahrens- und Vergleichswert fest. Danach geht das Arbeitsgericht bei einem Verfahrenswert in Höhe von 11.332,05 € (Vierteljahresverdienst gem. § 42 Abs. 2 S. 1 GKG) von einem Vergleichsmehrwert in Höhe von 755,47 € (20% eines Monatseinkommens) aus, welchen es mit dem Interesse des Klägers an der Titulierung des Zeugnisanspruchs begründet.
Gegen diese Festsetzung wendet sich der Beschwerdeführer mit seinem aus eigenem Recht aufgerufenen Behelf vom 22. Oktober 2020, bei Gericht eingegangen am 26. Oktober 2020. Er vertritt die Auffassung, dass wegen der Zeugnisregelung ein Vergleichsmehrwert in Höhe eines vollen Monatseinkommens begründet sei, was sich mit Blick auf I. Nr. 29.2 des Streitwertkataloges für die Arbeitsgerichtsbarkeit ergebe. Denn die Zeugnisziffer begründe einen originären Anspruch, der so nicht erfolgreich einklagbar gewesen sei, was zudem künftigen Streit insoweit ausschließe.
Mit Hinweis vom 11./12. November 2020 hat die Beschwerdekammer darauf aufmerksam gemacht, dass vorliegend kein gesonderter Streit bzw. keine Rechtsunsicherheit bzgl. der Zeugnisansprüche erkennbar war und ist, wovon das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen sei. Angesichts fehlender Anhaltspunkte könne insoweit auch nicht von einem relevanten Titulierungsinteresse ausgegangen werden. Deshalb sei mit einer Herabsetzung des Vergleichswerts auf die Höhe des Verfahrenswerts zu rechnen. An seiner abweichenden Auffassung festhaltend macht der Beschwerdeführer nunmehr ergänzend geltend, dass zudem auch die Freistellungsziffer einen Vergleichsmehrwert begründe.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstands und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten des Beschwerdeverfahrens wird auf den Inhalt der Prozessakte verwiesen.
II.
Die n...