Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensberechnung bei der Prozesskostenhilfe. Nichtberücksichtigung einer sich im Rahmen einkommensteuerrechtlicher Freibeträge haltenden Verpflegungspauschale. Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen für im Ausland lebende Kinder bei tatsächlicher Leistung. Berücksichtigung von Aufwendungen für eine nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe abgeschlossene Rechtsschutzversicherung und "Riester-Rente". Kosten der beruflichen Nutzung eines Kraftfahrzeugs
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine an den Arbeitnehmer gezahlte Verpflegungspauschale, die sich im Rahmen der durch §§ 3 Nr. 16, 9 Abs. 4a EStG vorgegebenen Pauschalen hält (hier: 12 Euro je Arbeitstag), stellt kein im Rahmen der Prozesskostenhilfe anrechenbares Einkommen dar.
2. Auch Unterhaltsleistungen für im Ausland lebende Kinder sind als Belastungen zu berücksichtigen, da diese das Einkommen der Partei naturgemäß mindern; eine nicht erfüllte Zahlungspflicht mindert den Lebensunterhalt jedoch nicht.
3. Nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist die Partei nicht verpflichtet, ihr Verhalten während des gesamten Nachprüfungszeitraumes von vier Jahren allein danach auszurichten, die entstandenen Prozesskosten zu begleichen; vielmehr ist zu prüfen, wie sich eine Partei verhalten hätte, die nicht zur Rückzahlung von Prozesskosten verpflichtet ist, so dass nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe eingegangene Verbindlichkeiten als besondere Belastung zu berücksichtigen sind, wenn es sich um für den persönlichen oder zumindest auch für den beruflichen Bedarf notwendige Anschaffungen handelt, die nicht aufschiebbar oder aus anderen Gründen gegenüber der Erstattung der Prozesskosten vorrangig sind (hier: Aufwendungen für eine Rechtsschutzversicherung und "Riester-Rente").
4. Die berufliche Nutzung eines Kraftfahrzeugs ist gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. a ZPO mit den nach § 3 Abs. 6 Nr. 2 Buchst. a DVO zu § 82 SGB XII pro Monat und Entfernungskilometer für die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorgesehenen 5,20 zu berechnen, wobei die in § 3 Abs. 6 Nr. 2 DVO zu § 82 SGB XII vorgesehene Höchstgrenze von 40 Kilometer im Rahmen der Prozesskostenhilfe keine Anwendung findet.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 1; EStG § 9 Abs. 4a; ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 5, § 121 Abs. 3; JVEG §§ 5-6; ZPO § 121 Abs. 2; EStG § 3 Nr. 16; ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 Buchst. a, b), §§ 120a, 121 Abs. 4; DVO zu § 82 SGB XII § 3 Abs. 6 Nr. 2 Buchst. a)
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 20.09.2016; Aktenzeichen 5 Ca 1400/16) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 22.10.2016 gegen den Prozesskostenhilfe-Bewilligungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 20.09.2016 - 5 Ca 1400/16 - wird der Beschluss teilweise abgeändert.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß Beschluss vom 22.10.2016 erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger monatliche Raten von 78,00 € aus dem Einkommen zu leisten hat.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten werden für die Entscheidung nicht erhoben.
Gründe
I. Der Kläger hatte unter dem 17.06.2016 Klage gegen eine Kündigung sowie Zahlungsklage erhoben und hierfür die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Der Kläger wohnt in W, die Beklagte hat ihren Sitz in Bielefeld. Der Anwalt des Klägers hat seinen Kanzleisitz in Münster.
Eine Berechnung der Einkommensverhältnisse des Klägers vom 13.09.2016 durch das Arbeitsgericht ergab eine aus seinem Einkommen zu zahlende Rate von 116,00 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnung (Bl. 46 d. PKH-Akte) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat dabei die vom Kläger geltend gemachten Unterhalsverpflichtungen für seine in Lettland lebende Ehefrau sowie ein 2012 geborenes Kind nur mit 1/12 eines nachgewiesenen Zahlbetrages von insgesamt 500,00 € im Jahr 2016 angerechnet, da fortlaufende Unterhaltszahlungen nicht belegt waren.
Mit Beschluss vom 20.09.2016 (Bl. 48-50 PKH-Akte) wurde dem Kläger sodann Prozesskostenhilfe in vollem Umfang mit der Maßgabe bewilligt, dass der Kläger einen Betrag von 116,00 € aus seinem Einkommen zu zahlen habe. Weiterhin erfolgte die Beiordnung des Rechtsanwaltes zu den Bedingungen eines Bielefelder Anwaltes, da die Notwendigkeit der Beauftragung eines Anwaltes, der seinen Sitz außerhalb des Gerichtsbezirkes habe, nicht nachgewiesen sei.
Gegen diesen am 22.09.2016 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit der am 22.10.2016 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er die Aufhebung einer Zahlungsanordnung sowie die Beiordnung des Rechtsanwaltes ohne Einschränkungen fordert.
Zur Begründung führte er aus, der vorgelegte Überweisungsbeleg für gezahlten Unterhalt habe nur als Beispiel dienen sollen, tatsächlich werde regelmäßig Unterhalt zwischen 230,00 € bis 400,00 € geleistet. Hier belegte er auch Zahlungen in unterschiedlicher Höhe für die Monate Juni 2015 bis Januar 2016 und verwies darauf, dass weitere Zahlungen aufgrund der ausgebliebenen Lohnzahlungen ...