Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Inanspruchnahme gewerkschaftlichen Rechtsschutzes. mutwilliger Herbeiführung der Vermögenslosigkeit. Anspruch auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz für ein arbeitsgerichtliches Verfahren als vermögenswertes Recht
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz für ein arbeitsgerichtliches Verfahren ist ein vermögenswertes Recht iSd. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
2. Prozesskostenhilfe ist nicht u gewähren, wenn die Partei zwar selbst bedürftig ist, jedoch gegen einen Dritten Anspruch auf Bevorschussung, etwa aus dem Unterhaltsrecht oder auf Übernahme der Verfahrenskosten, zB durch eine Rechtsschutzversicherung, hat.
3. a) Etwas anderes kann nur gelten, wenn dem Arbeitnehmer die Inanspruchnahme des Dritten unzumutbar ist.
b) Daran fehlt es, wenn die Gewerkschaft die Gewährung von Rechtsschutz nur deshalb ablehnt, weil sich der Arbeitnehmer mit seiner Beitragszahlung in Rückstand (hier: 19,60 €) befindet.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 12.09.2012; Aktenzeichen 5 Ca 865/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 02.10.2012 gegen den Prozesskostenhilfe-Ablehnungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 12.09.2012 - AZ.: 5 Ca 865/12 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger hat mit Schreiben vom 02.04.2012 Klage auf Zahlung einer Entschädigung nach dem AGG erhoben, da er die Auffassung vertritt, bei einem Bewerbungsverfahren durch die Beklagte in seiner Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch benachteiligt worden zu sein. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht beantragte der Kläger dann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und erklärte, die Durchführung des Verfahrens von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig machen zu wollen. Bereits im Gütetermin hatte er erklärt, dass er Mitglied einer Gewerkschaft sei und wisse, dass diese ihn unentgeltlich vor dem Arbeitsgericht vertritt.
Mit Beschluss vom 12.09.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht zurück, da es eine Benachteiligung des Klägers im Bewerbungsverfahren als nicht schlüssig vorgetragen ansah. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss (Bl. 3 - 8 der PKH- Akte) Bezug genommen. Gegen diesen ihm am 14.09.2012 zugestellten Beschluss legte der Kläger sodann sofortige Beschwerde ein, die nach Nichtabhilfe durch das Arbeitsgericht dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde.
Auf den Hinweis des Landesarbeitsgerichtes vom 20.12.2012, wonach die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft als Vermögenswert anzusehen sei, welcher zunächst in Anspruch zu nehmen sei, wenn nicht vorgetragen werden könnte, weshalb dieses unzumutbar sei, teilte der Kläger mit Schreiben vom 16.01.2013 und ergänzend vom 20.02.2013 mit, dass seine Ansprüche gegenüber der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt derzeit ruhten, da er mit Beitragszahlungen in Höhe von 19,60 € im Rückstand sei und legte ein entsprechendes Schreiben der IG Bauen-Agrar-Umwelt vor. (Bl. 49 der PKH-Akte)
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nach den §§ 46 Abs. 2 Satz 3, 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässig. Die einmonatige Notfrist (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) für die Einlegung der sofortigen Beschwerde ist gewahrt.
In der Sache muss die sofortige Beschwerde des Klägers jedoch erfolglos bleiben.
Nach § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Partei nach Maßgabe des § 115 ZPO in der Lage ist, aus ihrem Einkommen oder Vermögen die Kosten der Prozessführung zu bestreiten. Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist.
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz für ein arbeitsgerichtliches Verfahren ist ein vermögenswertes Recht iSd. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Die Prozesskostenhilfe dient dem Zweck, unbemittelten Personen den Zugang zu den staatlichen Gerichten zu eröffnen. Sie ist als Leistung der staatlichen Daseinsfürsorge und als Bestandteil der Rechtsschutzgewährung eine Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege. Daher tritt der Staat nur ein, wenn die Partei selbst die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann. Dies ist nicht der Fall, wenn die Partei zwar selbst bedürftig ist, jedoch gegen einen Dritten Anspruch auf Bevorschussung, etwa aus dem Unterhaltsrecht oder auf Übernahme der Verfahrenskosten, zB durch eine Rechtsschutzversicherung, hat. Deshalb stellt auch die Möglichkeit eines Arbeitnehmers, zur Durchführung eines Arbeitsgerichtsprozesses gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, Vermögen iSv. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO dar, solange...