Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das Nachprüfungsverfahren gem. § 120a Abs. 1 S. 3. Anforderungen an die Zustellung der Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung. Heilung von Verfahrensmängeln im Beschwerde- bzw. im Abhilfeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO) ist die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung, ob eine Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, an den Prozessbevollmächtigten der Partei, der sie schon im Bewilligungsverfahren vertreten hat, zuzustellen (vgl. LAG Hamm, 5. Juli 2013, 5 Ta 254/13, [...]; 30. September 2013, 14 Ta 160/13, [...]).
2. Dem Zweck des Zustellerfordernisses des § 172 Abs. 1 ZPO wird im Nachprüfungsverfahren nicht dadurch Rechnung getragen, dass der Prozessbevollmächtigte lediglich über den gerichtlichen Schriftverkehr mit der Partei informiert oder dieser Schriftverkehr kommentarlos übersandt wird.
3. Die fehlerhafte Einleitung und Durchführung des Nachprüfungsverfahrens vor Erlass eines Aufhebungsbeschlusses wird im Beschwerdeverfahren weder durch eine nachträglich Zustellung von Auflagen an den Prozessbevollmächtigten oder durch eine - unzureichende - Mitwirkung der Partei geheilt.
4. Das erfasst auch einen Abhilfebeschluss im Beschwerdeverfahren, soweit er zwar den Aufhebungsbeschluss beseitigt, jedoch eine Ratenzahlungsanordnung enthält.
Normenkette
ZPO § 120a Abs. 1 S. 3; ZPO a.F. § 124 Nr. 2, § 120 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 30.05.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1292/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 30. Mai 2014 (2 Ca 1292/11) hinsichtlich der Ratenzahlungsanordnung aufgehoben.
Es verbleibt bei der durch Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 9. Januar 2012 in der Fassung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12. September 2012 bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde richtet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) wegen unterbliebener Mitwirkung des Klägers im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 ZPO a. F.
Dem Kläger wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 9. Januar 2012 (2 Ca 1292/11) in der Fassung des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12. September 2012 für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt. Nach ergebnisloser Aufforderung im automationsgestützten Verfahren wurde er mit Schreiben des Arbeitsgerichts vom 8. Oktober 2013 an die Abgabe einer erneuten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse binnen zwei Wochen erinnert. Eine erneute Erinnerung erfolgte unter dem 10. Dezember 2013 unter Fristsetzung bis zum 6. Januar 2014. Sowohl die automationsgestützte Aufforderung als auch die gerichtlichen Erinnerungsschreiben wurden formlos per Post an den Kläger versandt.
Mit einem am selben Tag zugestellten Schreiben vom 12. September 2013 unterrichtete das Arbeitsgericht die Prozessbevollmächtigten des Klägers davon, dass ihre Partei mit Schreiben vom 10. September 2013 automatisiert aufgefordert worden sei, bis zum 24. September 2013 eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Gericht einzureichen, und dass im Falle der Nichtabgabe der Erklärung die Bewilligung aufgehoben werden könne. Des Weiteren erhielten sie eine Abschrift des an den Kläger gerichteten Erinnerungsschreibens vom 10. Dezember 2013 am 13. Dezember 2013 zugestellt.
Nach dem ergebnislosen Ablauf der in diesem Schreiben gesetzten Frist hob das Gericht durch den hier angefochtenen Beschluss vom 28. Januar 2014 die bewilligte Prozesskostenhilfe auf, der den Prozessbevollmächtigten des Klägers am selben Tag zugestellt wurde. Am 27. Februar 2014 ging eine Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst verschiedenen Belegen ein, seine Prozessbevollmächtigten legten am 28. Februar 2014 sofortige Beschwerde gegen den Beschluss ein Die mit Schreiben des Arbeitsgerichts vom 11. März 2014 erteilte und seinen Prozessbevollmächtigten formlos übersandte Auflage zur Vorlage diverser Belege erfüllte der Kläger trotz mehrfacher und auch zum Teil an seine Prozessbevollmächtigten zugestellter Erinnerungen nicht.
Durch Beschluss vom 30. Mai 2014 hob das Arbeitsgericht den Beschluss vom 28. Januar 2014 auf und bewilligte dem Kläger Prozesskostenhilfe mit Raten in Höhe von 536,00 Euro ab dem 1. August 2014; im Übrigen half es der sofortigen Beschwerde nicht ab.
II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 a. F., §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der ursprüngliche Aufhebungsbeschluss sowie der in der Folge ergangene Abhilfebeschluss sind unwirksam, wei...