Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bewilligungsfähigkeit eines Prozesskostenhilfegesuchs. Bewilligungszeitpunkt und Bewilligungsfähigkeit eines Prozesskostenhilfegesuchs. Voraussetzungen einer rückwirkenden Prozesskostenhilfebewilligung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewilligungsfähigkeit eines Prozesskostenhilfegesuchs liegt vor, wenn sich aus der Erklärung und den darin enthaltenen Angaben sowie den vorgelegten Unterlagen erkennen lässt, ob die Partei über ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt, welches eine Beteiligung an den Prozesskosten ermöglicht. Allein die fehlende Angabe oder Begründung von Belastungen schließt die Bewilligungsfähigkeit nicht aus.
2. Maßgebend für den Bewilligungszeitpunkt ist die Bewilligungsfähigkeit des Antrags, nicht die Antragstellung einerseits, die Entscheidungsreife nach - ggf. zu unterstellender - Anhörung des Gegners nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO andererseits.
3. Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das gesamte Verfahren ist auch dann möglich, wenn das Gericht bei einer Säumnissituation im Termin auf die fehlende Bewilligungsfähigkeit wegen der fehlenden Erklärung nebst Belegen hinweist und sodann eine Frist zur Nachreichung derselben setzt, welche die Partei einhält.
Normenkette
ZPO §§ 117, 119, 139, 118 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 16.04.2018; Aktenzeichen 2 Ca 70/19) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 16 April 2018 (2 Ca 70/19) hinsichtlich des Bewilligungszeitpunktes abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst.
Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe in vollem Umfang für den im Termin vom 21. März 2019 gestellten Antrag bewilligt
Zur Wahrnehmung seiner Rechte in diesem Rechtszug wird ihm Rechtsanwalt T aus I beigeordnet.
Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger aus seinem Einkommen monatliche Raten in Höhe von 72,00 Euro zu leisten hat.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger erhob am 13. Januar 2019 eine Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Beklagten verbunden mit einer allgemeinen Feststellungsklage auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 2018; zu diesem Termin hatte der Kläger bereits selbst gekündigt. Im anberaumten Gütetermin beantragte er unter Rücknahme der Klage im Übrigen nur noch die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Der Rechtsstreit wurde durch das wegen der Säumnis des Beklagten in diesem Termin verkündete Versäumnisurteil rechtskräftig beendet.
Der Kläger hatte mit der Klageschrift zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt, den er im Gütetermin auf den dort zuletzt gestellten Antrag beschränkte. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hatte er nicht beigefügt, sondern hinsichtlich seiner Bedürftigkeit auf die "in den nächsten Tagen nachzureichende Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Belegen" verwiesen. Im Termin wies das Gericht darauf hin, dass der entsprechende Vordruck bislang nicht vorliege. Dem Kläger wurde eine Frist bis zum 28. März 2019 für die Nachreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die Vorlage der Unterlagen gesetzt. Diese Auflage erfüllte der Kläger am letzten Tag der Frist. Mit Schreiben vom 28. März 2019 forderte das Arbeitsgericht den Kläger auf, einen Nachweis über die weiteren Nebenkosten in Höhe von 100,00 Euro zu erbringen. Zudem stellte es eine Nachfrage bezüglich einer Ratenzahlung des Klägers an die Prozessbevollmächtigten. Hierzu setzte es eine Frist bis zum 18. April 2019. Die Auflage erfüllte der Kläger am 12. April 2019.
Durch die hier angefochtene Entscheidung bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe in vollem Umfang unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten unter Anordnung einer Ratenzahlung von monatliche 72,00 Euro, allerdings erst ab 28. März 2019. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit welcher der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab Antragstellung verlangt.
II. Die gemäß § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Dem Kläger ist unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten und Anordnung einer Ratenzahlung rückwirkend Prozesskostenhilfe ohne zeitliche Einschränkung zu bewilligen. Zwar lag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst am 28. März 2019 und damit nach dem Termin vom 21. März 2019, wenn auch noch vor Ablauf der Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil (am 3. April 2019) vor. Aufgrund der Fristsetzung des Arbeitsgerichts im Termin für die Nachreichung der Erklärung auf dem amtlichen Vordruck nebst Belegen konnte der Kläger jedoch darauf vertrauen, dass ihm rückwirkend für das Verfahren insgesamt einschließlich des Termins...