Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigung der Gerichtsgebühren bei Verzicht der Parteien auf Begründung und Rechtsmittel eines Urteils. Kostenprivilegierung bei abgekürzten Urteilen. Analoge Anwendung des § 313a Abs. 1 u. Abs. 2 ZPO auf Beschlüsse
Leitsatz (amtlich)
Ist über die Kosten des Berufungsverfahrens durch Beschluss gem. § 91a ZPO zu entscheiden und verzichten die Parteien insoweit analog § 313a Abs. 2 ZPO auf eine Begründung und Rechtsmittel, dann führt dies unter analoger Anwendung der Nummer 8222 Ziffer 2 KV GKG (GKVerz) zu einer Ermäßigung der Gerichtsgebühr auf 1,6 (im Anschluss an LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. März 2016 - 5 Sa 3/15).
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit der Kostenprivilegierung bei abgekürzten Urteilen will der Gesetzgeber die Parteien motivieren, über entsprechende Erklärungen für eine Entlastung der Gerichtsbarkeit und eine damit einhergehende Ressourcenschonung zu sorgen, wovon diese mit der Gebührenabsenkung wiederum selbst und unmittelbar profitieren sollen.
2. Es ist allgemein anerkannt, dass § 313a Abs. 1 u. 2 ZPO über den Wortlaut der Norm hinaus auf Beschlüsse entsprechend anzuwenden ist. Denn die Norm hat primär Entlastungsfunktion gegenüber der Gerichtsbarkeit, die bei Urteilen wie bei regelmäßig zu begründenden Beschlüssen gleichermaßen zum Tragen kommen kann. Die Norm gilt demnach auch für abgekürzte Beschlüsse i.S.d. § 91a ZPO.
Normenkette
GKG § 66 Abs. 1; ZPO §§ 91a, 313a Abs. 2; GKG-KV Nr. 8222 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1; ZPO § 98
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Aktenzeichen 5 Ca 675-21) |
Tenor
Auf die Erinnerung des Klägers wird der Kostenansatz des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Oktober 2022 zum Verfahren 8 Sa 1433/21 aufgehoben. Die Kostenbeamtin wird angewiesen, für das Berufungsverfahren die ermäßigte 1,6-Gebühr nach Nummer 8222 Ziffer 2 KV GKG analog in Ansatz zu bringen. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Kläger begehrt nach Abschluss eines verfahrensbeendenden Vergleichs die Ermäßigung der gegen ihn in der Folge festgesetzten Gerichtsgebühren.
I.
Die Parteien stritten, nachdem der Kläger in erster Instanz mit seinem Bestandsschutzbegehren vollständig und mit begleitend verfolgten Vergütungsansprüchen weitgehend unterlegen war, im Berufungsverfahren allein noch über wechselseitige Zahlungsansprüche aus ihrem danach beendeten Arbeitsverhältnis in Höhe von insgesamt 19.654,56 €. Im Termin vom 18. August 2022 schlossen die Parteien zur Gesamtbereinigung ihrer Rechtsverhältnisse einen Prozessvergleich unter Einbeziehung im Verfahren nicht streitgegenständlicher Ansprüche. Zu den Kosten des Rechtsstreits trafen sie dabei unter Ziffer 5 des Vergleichs folgende Regelung:
"Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz verbleibt es bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Kosten des Berufungsverfahrens bestimmen sich nach gerichtlicher Entscheidung gem. § 91a ZPO. Die Parteien verzichten insoweit auf eine Begründung und Rechtsmittel. Die Kosten des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben."
Mit danach abgekürztem Beschluss gemäß § 91a ZPO vom 18. August 2022 gab die befasste Berufungskammer dem Kläger die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu 84% und dem Beklagten zu 16% auf. Unter dem 11. Oktober 2022 übersandte das Landesarbeitsgericht dem Kläger einen Kostenansatz unter Berücksichtigung einer 3,2 Verfahrensgebühr nach Nummer 8220 KV GKG (3,2 x 382,00 €), wobei der Kläger bei einem Anteil von 84/100 zur Zahlung von 1.026,82 € an die Justizkasse herangezogen worden ist.
Gegen diesen Kostenansatz wendet sich der Kläger mit seinem am 5. Dezember 2022 eingelegten Rechtsbehelf. Nach seiner Auffassung greifen vorliegend die Ermäßigungstatbestände nach Nummer 8221, jedenfalls jedoch nach Nummer 8222 Ziffer 2 KV GKG in ggf. entsprechender Anwendung ein. Wenn schon ein nach § 313a Abs. 2 ZPO nicht zu begründendes Urteil - der Entlastung der Gerichte wegen - über eine Kostenermäßigung privilegiert werde, dann müsse dies für einen nach § 91a Abs. 1 ZPO gefassten, ebenfalls abgekürzten Beschluss mindestens in gleicher Weise gelten. Insoweit sei auf die Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte in zivilrechtlichen Verfahren betreffend die parallel liegenden Nummern 1210 und 1211 KV GKG zu verweisen.
Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung des Klägers nicht abgeholfen. Der Bezirksrevisor hat in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2023 (Bl. 233/234 d. A.), auf welche Bezug genommen wird, darauf verwiesen, dass die Parteien im Zuge der von ihnen herbeigeführten gerichtlichen Kostenentscheidung zu deren Ausgestaltung gerade keine Regelung getroffen hätten und allein ein Verzicht auf Begründung und Rechtsmittel insoweit nach den zitierten, eng auszulegenden und nicht analogiefähigen Ermäßigungstatbeständen keine Kostenprivilegierung zur Folge haben könne.
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen und des weiteren Vorbringens zur Begründung der Erinnerung wird auf d...