Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung eines Arbeitnehmers ohne Zustimmung des Betriebsrats. Aufhebungsantrag; Arbeitnehmerüberlassung. Einsatz von Mitarbeitern einer Fremdfirma aufgrund Dienst- oder Werksvertrages. Eingliederung. weisungsabhängige Tätigkeit. Personalhoheit
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Einstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG liegt vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem die Personen zum Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Maßgebend ist allein, ob die zu verrichtenden Tätigkeiten ihrer Art nach weisungsgebunden und dazu bestimmt sind, der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs zu dienen. Die Personen müssen derart in die Arbeitsorganisation des Betriebs eingegliedert werden, dass der Betriebsinhaber die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typischen Entscheidungen auch über Zeit und Ort der Tätigkeit zu treffen hat. Der Betriebsinhaber muss in diesem Sinn Personalhoheit besitzen und damit gegenüber den betreffenden Personen wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung wahrnehmen.
2. Nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz ist eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinn der Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Von der Arbeitnehmerüberlassung, bei der dem Entleiher die Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags zu unterscheiden.
3. Je nach Inhalt eines Geschäftsbesorgungsvertrags kann dies zu dem Ergebnis führen, dass keine EInstellung i.S.v. § 99 BetrVG vorliegt.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1, § 101; AÜG § 1
Verfahrensgang
ArbG Herford (Beschluss vom 16.06.2010; Aktenzeichen 2 BV 2/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 16.06.2010 – 2 BV 2/10 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Betriebsrat macht gegenüber der Arbeitgeberin einen Aufhebungsanspruch gemäß § 101 BetrVG sowie einen Unterlassungsanspruch geltend.
Die Arbeitgeberin unterhält einen Verkehrsbetrieb im öffentlichen Personennahverkehr des Kreises M1-L2 sowie des Kreises H1. Im Fahrdienst und in der Verwaltung beschäftigt sie ca. 140 Mitarbeiter.
Im Betrieb der Arbeitgeberin ist ein siebenköpfiger Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens, gewählt.
Die Arbeitgeberin hat mit der Firma E2 GmbH am 21.05.2008 einen Geschäftsbesorgungsvertrag (Bl. 56 ff. d. A.) abgeschlossen. Danach übernimmt die Firma E2 GmbH mit eigenen Fahrern im Rahmen der Dienst- und Fahrpläne der Arbeitgeberin Busse der Arbeitgeberin auf deren Buslinien.
Auf die Bestimmungen des Geschäftsbesorgungsvertrags vom 21.05.2008 (Bl. 56 ff. d. A.) wird im Einzelnen Bezug genommen.
Ob in der Übernahme von Fahrdiensten durch die Fa. E2 GmbH eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung liegt und ob die Arbeitnehmer der Fa. E2 GmbH in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert sind, ist seit Ende des Jahres 2009 zwischen den Beteiligten streitig.
Im Betrieb der Fa. E2 GmbH besteht seit dem 30.10.2008 ein eigener Betriebsrat, die Fa. E2 GmbH hat einen eigenen Haustarifvertrag abge-schlossen.
Am 21.12.2009 stellte der antragstellende Betriebsrat fest, dass im Dienstplan für Januar 2010 ein Mitarbeiter der Fa. E2 GmbH, Herr W3 Z1, eingetragen war. Eine Beteiligung des Betriebsrats hatte insoweit nicht stattgefunden.
Seit dem 09.01.2010 fährt der Mitarbeiter Z1 Strecken der Arbeitgeberin im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrags vom 21.05.2008. Nach den Dienstplänen der Fa. E2 GmbH (Bl. 64 ff. d. A.) war er auch für weitere Fahrdienste eingeteilt.
Der Mitarbeiter Z1 ist Rentner und bei der Fa. E2 GmbH geringfügig beschäftigt. Bis zu seinem Renteneintritt war er bei der Arbeitgeberin, zuletzt als Verkehrsmeister, beschäftigt.
Mit dem am 15.01.2010 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat die Aufhebung der Beschäftigung des Mitarbeiters Z1 geltend und begehrte ferner von der Arbeitgeberin, Einstellungen von Mitarbeitern ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats zu unterlassen.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, durch die Einstellung des Mitarbeiters Z1 seien die Grenzen zur verdeckten Arbeitnehmerüberlassung überschritten. Die Fahrer der Fa. E2 GmbH seien voll in die arbeitstechnischen Zwecke und Betriebsabläufe der Arbeitgeberin integriert. Insoweit hat der Betriebsrat behauptet, die Arbeitnehmer der Fa. E2 GmbH leisteten im Betrieb der Arbeitgeberin weisungsgebundene Tätigkeiten. Die Disponenten der Arbeitgeberin erteilten den Fahrern der Fa. E2 GmbH direkte Anweisungen, zum Beispiel bei Verspätungen, Staus, Unfällen und dergleichen mehr. Bei Arbeitsunfähigkeitszeiten würde der Ersatz durch die Arbeitgeberin gestellt. Änderungen der Fahrdienstpläne der Fa. E2 GmbH erfolgten durch Fahrdienstleiter der Arbeitgeberin. Die...