Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH-Bewilligung trotz Verfahrensunterbrechung infolge Insolvenzeröffnung
Leitsatz (amtlich)
Für ein wegen Insolvenzeröffnung unterbrochenes Verfahren darf grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe mehr bewilligt werden. Etwas anderes kann bei einem sog. „steckenge-bliebenen” PKH-Gesuch gelten, wenn es – wie hier – nur noch um die Frage der Bedürftigkeit des Antragstellers geht und das PKH-Gesuch vom Gericht vor Verfahrensunterbrechung infolge nichtordnungsgemäßer Sachbehandlung nicht verbeschieden worden ist.
2. Wird der amtliche Vordruck zusammen mit den „entsprechenden Belegen” nicht zeitgleich mit dem PKH-Gesuch eingereicht, sondern nachgereicht, dann kann Prozesskostenhilfe rückwirkend nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern frühestens auf den Zeitpunkt des vollständigen Nachreichens der PKH-Unterlagen bewilligt werden. Die Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens eröffnen keine die Anforderungen des § 117 ZPO außer Acht lassende Rückwirkung des Bewilligungsbeschlusses
Normenkette
ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, 4, § 240 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Aktenzeichen 3 Ca 1356/03) |
Tenor
Dem Kläger wird für den zweiten Rechtszug Prozesskostenhilfe in vollem Umfang mit Wirkung vom 30.07.2004 bewilligt.
Zur Wahrnehmung seiner Rechte in diesem Rechtszug wird ihm Rechtsanwalt J1xx L1xx-xxxx aus H1xxxxxxxx beigeordnet.
Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger aus seinem Einkommen monatliche Raten in Höhe von 15,00 EUR als Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu zahlen hat
Gründe
Die Prozesskostenhilfe ist gemäß § 119 Satz 1 ZPO für jede Instanz gesondert zu bewilligen. Im Berufungsverfahren ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 119 Satz 2 ZPO).
1. Gemäß §§ 114, 119 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen der bedürftigen Partei besteht und das PKH-Gesuch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt. § 117 Abs. 4 ZPO schreibt für die Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Benutzung des amtlichen Vordrucks vor, nach § 117 Abs. 2 ZPO müssen alle Angaben durch Vorlage „entsprechender Belege” glaubhaft gemacht werden. Für die Frage, von welchem Zeitpunkt aus die Erfolgsaussicht einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bei der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu beurteilen ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entscheidung an, weil das Gericht bei seiner Entscheidung sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zu benutzen hat und es auch dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe widerspräche, die Führung eines als aussichtslos erkannten Prozesses zu ermöglichen (OLG Düsseldorf v. 21.06.1988 – 6 W 44/88, NJW-RR 1989, 383; OLG Köln v. 19.08.1991 – 19 W 32/91, MDR 1992, 514 = VersR 1992, 1022, 1023; LAG Hamm v. 12.02.2001 – 4 Ta 277/00, AE 2001, 141 = ZInsO 2001, 432; a.A. OLG Karlsruhe v. 21.12.1993 – 2 WF 65/93, FamRZ 1994, 1123; OLG Karlsruhe v. 18.07.1996 – 2 WF 67/96, FamRZ 1997, 375).
2. Prozesskostenhilfe kann grundsätzlich nur für einen noch durchzuführenden Rechtsstreit – sei es zur Rechtsverfolgung, sei es zur Rechtsverteidigung – bewilligt werden. Vorliegend ist der vom Kläger angestrengte Kündigungsschutzprozess zweitinstanzlich zwar noch nicht beendet, wohl aber ist das Hauptsacheverfahren nach § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen, da über das Vermögen der Beklagten durch Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 20.04.2004 (10b IN 6/04) das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Ob die Vorschrift des § 240 ZPO auch für das PKH-Verfahren gilt, wenn über das Vermögen des Prozessgegners das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, ist umstritten. Teils wird ohne weitere Begründung angenommen, dass § 240 ZPO nicht für das PKH-Verfahren gilt (OLG Koblenz v. 20.11.1987 – 5 W 583/87, AnwBl 1989, 178; OLG Köln v. 07.07.1998 – 15 W 70/98, KTS 1999, 342 = NJW-RR 1999, 276 = NZI 1999, 30; OLG Düsseldorf v. 28.04.2003 – 22 U 100/00, MDR 2003, 1018 = ZIP 2003, 2131), teils wird angenommen, dass durch die Insolvenzeröffnung nicht nur das Erkenntnisverfahren, sondern auch das PKH-Verfahren unterbrochen werde, und zwar jeweils in der Lage, in der sich diese Verfahren befinden (OLG Düsseldorf v. 04.12.1998 – 16 U 139/98, OLGR D3xxxxxxxx 1999, 166; LAG Hamm v. 03.02.1999 – 4 Sa 1050/98, AE 2001, 91 = BuW 1999, 840; OLG Köln v. 15.11.2002 – 2 U 79/02, MDR 2003, 526 = NJW-RR 2003, 264 = ZInsO 2002, ...