Verfahrensgang

ArbG Hamm (Beschluss vom 02.03.1995; Aktenzeichen 4 BV 40/94)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.02.1997; Aktenzeichen 7 ABR 40/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des BR gegen den am 02.03.1995 verkündeten Beschluß des Arbeitsgerichts Hamm – 4 BV 40/94 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A

In dem beim Arbeitsgericht Münster am 28.07.1994 eingereichten und von dort an das Arbeitsgericht Hamm verwiesenen Beschlußverfahren streiten die Beteiligten zweitinstanzlich nur noch darüber, ob ein weiteres Betriebsratsmitglied in Höhe von 20 % seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu Gunsten von Betriebsratstätigkeiten pauschal freizustellen ist.

Die Antragsgegnerin des Verfahrens, eine GmbH (künftig: Arbeitgeberin), betreibt u. a. mit 1.337 Arbeitnehmern (Stand: März 1996) in U. ein Werk der Chemischen Industrie. Der Antragsteller des Verfahrens ist der zuletzt im April 1994 von damals noch 1.450 Arbeitnehmern des Werkes gewählte 15köpfige Betriebsrat (künftig: BR).

Anfang Mai 1994 einigten sich die Arbeitgeberin und der BR darüber, daß gem. § 38 BetrVG der BR-Vorsitzende, sein Stellvertreter und ein weiteres bestimmtes Betriebsratsmitglied gänzlich von der beruflichen Tätigkeit zu Gunsten der Betriebsratstätigkeiten freigestellt wurden. Wie die zweitinstanzliche Sachaufklärung ergeben hat, ist seit Jahren darüber hinaus aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches die in Vollzeit tätige geschiedene Ehefrau des BR-Vorsitzenden für Schreibarbeiten des BR von ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen freigestellt. Seit 1990 ist die Ehefrau auch Mitglied des BR.

Durch Schreiben im April und Mai 1994 bat der BR vergeblich die Werksleitung, ein weiteres BR-Mitglied von seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu Gunsten der Betriebsratstätigkeiten freizustellen. Der BR begründete das Ersuchen damit, daß der BR-Vorsitzende 20 % der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit zur Erledigung von Aufgaben als Gesamtbetriebsratsvorsitzender benötige und damit nur 2,8 statt 3 Freistellungen gem. § 38 Abs. 1 BetrVG erfolgt seien.

Der BR hat beantragt,

den Arbeitgeber zu verpflichten, das Betriebsratsmitglied Pielmeier von der beruflichen Tätigkeit freizustellen;

hilfsweise,

den Arbeitgeber zu verpflichten, das Betriebsratsmitglied Pielmeier zu 20 % von der beruflichen Tätigkeit freizustellen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Durch Beschluß vom 02.03.1995 hat das Arbeitsgericht die Anträge abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat dazu u. a. ausgeführt, weder der Haupt noch der Hilfsantrag seien begründet. Der Anspruch des BR lasse sich nicht auf § 38 Abs. 1 BetrVG stützen. Gem. § 38 Abs. 1 BetrVG seien von ihrer beruflichen Tätigkeit in Betrieben mit in der Regel 1.001 bis 2.000 Arbeitnehmern mindestens drei Betriebsratsmitglieder freizustellen. § 38 Abs. 1 BetrVG treffe eine notwendigerweise pauschale Festlegung, wenn er die Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder von der Größe der Belegschaft abhängig mache. Damit komme zum Ausdruck, daß die Anzahl der Freistellungen grundsätzlich nach Köpfen und nicht nach zur Verfügung stehender Arbeitszeit berechnet werden solle, denn an sich sage die Anzahl der Belegschaftsmitglieder wenig über den Umfang der Betriebsratstätigkeit aus. Gleichzeitig habe es der BR über die Bestimmung der freizustellenden Betriebsratsmitglieder bei angemessener Berücksichtigung der betrieblichen Interessen weitgehend selbst in der Hand, dafür zu sorgen, daß die ausgewählten freizustellenden Betriebsratsmitglieder dem BR tatsächlich zu 100 % ihrer Arbeitszeit zur Erfüllung der BR-Aufgaben zur Verfügung ständen. Es sei anerkannt, daß kurzfristige Erkrankungen oder urlaubsbedingte Abwesenheiten keine Ersatzfreistellung gem. § 38 Abs. 1 BetrVG erforderlich machen würden, obwohl der Zeitverlust vom Umfange her vergleichbar mit den hier angeführten Verhinderungsgründen sei.

Da dem Vortrag des BR somit nicht zu entnehmen gewesen sei, daß die regelmäßig anfallenden BR-Aufgaben nicht ordnungsgemäß von drei freigestellten BR-Mitgliedern zu erledigen seien, seien die Anträge zurückzuweisen.

Im übrigen wird auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen diesen Beschluß hat der BR form- und fristgerecht einschließlich der Begründung Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Hamm – unter allgemeiner Fassung seines Antrages und der Beschränkung auf den Hilfsantrag – eingelegt. Der BR meint weiterhin unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens, die Arbeitgeberin habe ein weiteres BR-Mitglied zu 20 % freizustellen.

Der Vertreter des Beschwerdeführers beantragt,

festzustellen, daß der Arbeitgeber verpflichtet ist, neben den drei Freistellungen einschließlich der Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden ein weiteres Betriebsratsmitglied zu 20 % von der beruflichen Tätigkeit freizustellen.

Der Vertreter der Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamm vom 02.03.1995 – 4 BV 40/95 – zurückzuweisen.

Weg...

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