Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflichten des Arbeitgebers im Vorfeld der Betriebsratswahl

 

Leitsatz (amtlich)

Es stellt keine unzulässige Wahlbeeinflussung i.S.d. § 20 Abs. 2 BetrVG dar, wenn es der Arbeitgeber unterlässt, die übrigen Wahlbewerber von sich aus über eine Wahlwerbeidee zu informieren, die eine andere Wahlbewerberliste an ihn wegen der Nutzung betrieblicher Ressourcen herangetragen hat.

 

Normenkette

BetrVG § 19 Abs. 1, § 20 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 27.01.2015; Aktenzeichen 1 BV 16/14)

 

Tenor

  1. Auf die Beschwerden der Arbeitgeberin und des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 27.01.2015 - 1 BV 16/14 - abgeändert und der Antrag abgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Unwirksamkeit der am 15.04.2014 durchgeführten Betriebsratswahl.

Die Antragsteller - aktuell im Beschwerdeverfahren noch sechs Beschäftigte der Arbeitgeberin im Betrieb in H - betreiben die Anfechtung der Wahl des beteiligten 13-köpfigen Betriebsrates, der bei der ebenfalls beteiligten Arbeitgeberin gewählt wurde. Die Arbeitgeberin betreibt ein Call-Center mit Sitz in H, in dem zum Wahlzeitpunkt 823 wahlberechtigte Beschäftigte ihrer Arbeit nachgingen. Zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl handelte es sich um einen Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen, die zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung entweder auf die jetzt beteiligte Arbeitgeberin, die B T, verschmolzen worden sind oder deren Arbeitsverhältnisse letztendlich jedenfalls auf die B T übergegangen sind.

Die Arbeitgeberin ist im Bereich der telefonischen Beratung wie auch der Telefonakquise z.B. für Telefongesellschaften tätig. Die seitens der Arbeitgeberin vorgegebene Beratungssprache ist Deutsch; in den Stellenbeschreibungen für den sogenannten "Call-Center-Agent" ist unter der Rubrik "Fachkenntnisse" ausdrücklich aufgeführt, dass akzentfreie Deutschkenntnisse verlangt werden (Stellenbeschreibung Bl. 311, 312 d.A.). Die Arbeitgeberin beschäftigt ca. 100 Arbeitnehmer, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit aufweisen. Die Informationen zur Betriebsratswahl des Jahres 2014 wie auch das Wahlausschreiben hierzu wurden - wie bei den vergangenen Betriebsratswahlen auch - ausschließlich in deutscher Sprache veröffentlicht. Mitte Januar 2014 nahmen mehrere Mitglieder des Wahlvorstandes an einer Schulung über Betriebsratswahlen teil, bei der auch das Thema Sprachkenntnisse der Beschäftigten behandelt wurden.

Die streitgegenständliche Betriebsratswahl wurde als Listenwahl durchgeführt; es gab insgesamt vier Bewerberlisten. Auf die Liste 1 entfielen 94, auf die Liste 2 161, auf die Liste 3 36 und auf die Liste 4 245 Stimmen (Wahlniederschrift Bl. 141, 142 d.A.).

Im Vorfeld der Betriebsratswahl sprach die jetzige Betriebsratsvorsitzende als ehemalige Führerin der Liste 4 den Abteilungsleiter "Sales" an, ob sie auf den Monitoren in dessen Abteilung Werbung für ihre Liste machen könne. Diese Monitore dienen der Anzeige bestimmter Kennzahlen; insoweit ist im Termin zur Anhörung vor der Beschwerdekammer unstreitig geworden, dass auf den Monitoren jeweils ein Bild mit den Köpfen der Liste 4 zu sehen war, was jeweils dann, wenn das Einblenden von Kennzahlen im betrieblichen Ablauf erforderlich war, ausgeblendet wurde. Der Abteilungsleiter entsprach dieser Bitte, sodass diese Wahlwerbung so gestaltet wurde. Weder die Liste 1, noch die Liste 2 oder die Liste 3 sind mit einer solchen Bitte zur Nutzung der Monitore an den Abteilungsleiter herangetreten.

Die Auszählung der Stimmen am Wahltage durch den Wahlvorstand ergab letztendlich die bereits genannten Zahlen; bei einer ersten Auszählung waren für die Liste 1 104 Stimmen gezählt worden; ausweislich der Wahlniederschrift (Bl. 185, 186 d.A.) ergab eine Kontrollauszählung bei Liste 1 eine Abweichung von minus 10 Stimmen, was durch eine zweite Kontrollauszählung bestätigt wurde.

Mit dem am 24.04.2014 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen eingegangenen Antrag auf Einleitung eines Beschlussverfahrens haben die Antragsteller die Unwirksamkeit der am 15.04.2014 durchgeführten Betriebsratswahl geltend gemacht.

Sie haben hierzu die Auffassung vertreten, dass das Wahlausschreiben wie auch die weiteren Wahlinformationen in die Muttersprachen der dort beschäftigten ausländischen Mitarbeiter hätten übersetzt werden müssen. Jedenfalls seien einige Mitarbeiter trotz der Einstellungsvoraussetzung der Beherrschung der deutschen Sprache nicht in der Lage, komplizierte Wahlinformationen zu verstehen. Einige dieser Mitarbeiter hätten bestimmte Leitfäden lediglich in deutscher Sprache auswendig gelernt.

Darüber hinaus habe die Arbeitgeberin die Betriebsratswahl unzulässig beeinflusst, indem sie ausschließlich der Liste 4 die Möglichkeit eingeräumt hätte, die genannten Fernsehmonitore zu nutzen. Es sei bekannt, dass die Nutzung über Monitore einen starken Einfluss auf die Meinungsbildung habe. Es sei zwar richtig, dass die Listen 1, 2 ...

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