Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg für Schadensersatzansprüche unter zivilen Arbeitskräften bei den Stationierungskräften wegen Eigentumsverletzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für Schadensersatzansprüche, die von einem als zivile Arbeitskraft bei den Stationierungskräften beschäftigten Arbeitnehmer gegen einen anderen als zivile Arbeitskraft bei den Stationierungskräften beschäftigten Arbeitnehmern wegen einer Eigentumsverletzung, die bei der Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit begangen worden ist, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG eröffnet. Der Umstand, dass es sich bei den Prozessparteien um zivile Arbeitskräfte handelt, die als Arbeitnehmer bei den Stationierungskräften beschäftigt sind, rechtfertigt auch unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten keine Abweichung von § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG

2. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a und d, 4 in Verbindung mit § 3 ArbGG und Art. 56 Abs. 8 ZA-NTS auch für Schadensersatzansprüche eröffnet, die von einer zivilen Arbeitskraft gegen die Bundesrepublik in Prozessstandschaft für die Stationierungskräfte unter Berufung darauf geltend gemacht werden, dass eine andere zivile Arbeitskraft bei der Ausübung ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitstätigkeit schuldhaft das Eigentum des Klägers beschädigt hat. Dies gilt sowohl für vertragliche als auch für deliktische Ansprüche, die vom Kläger unter Berufung darauf geltend gemacht werden, dass die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis geltend gemachten Schadensersatzansprüche keine Ansprüche eines Dritter i.S.d. Art: 8 Abs. 5 NTS sind.

Die sich aus dem Völkerrecht ergebende Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Streitigkeiten einer zivilen Arbeitskraft gegen die Bundesrepublik Deutschland in Prozessstandschaft für die Stationierungskräfte nach § 56 Abs. 8 ZA-NTS in Verbindung mit § 2 Abs. 1, 3 ArbGG erfasst alle Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch Schadensersatzansprüche, die gegen die Bundesrepublik Deutschland in Prozessstandschaft für die Stationierungskräfte geltend gemacht werden.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) und Nr. 4 und Nr. 9, § 3; BGB § 241 Abs. 2, § 823 Abs. 1, § 831; ZA-NTS Art. 56 Abs. 8; NTS Art. 8 Abs. 5; GVG § 17a

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Entscheidung vom 05.04.2018; Aktenzeichen 4 Ca 1110/17)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 05.04.2018 - 4 Ca 1110/17 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 746,03 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Kläger macht in dem vorliegenden Verfahren Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten wegen einer Beschädigung seines Privat-PKW geltend. Er war bis zum 31.01.2017 als ziviler Mitarbeiter des Wachschutzes bei den Britischen Streitkräften beschäftigt. Der Beklagte zu 1) war ein Arbeitskollege des Klägers und ebenfalls Arbeitnehmer bei den Britischen Streitkräften.

Am 21.08.2016 fuhr der auf dem Weg zum Dienst befindliche Kläger auf das Kasernengelände der B Kaserne an der F Str. 5, Q. Der Beklagte zu 1) hatte dort als Wachmann Dienst. Auf Höhe des Kasernengeländetores hielt der Kläger kurz an. Einzelheiten hierzu sind zwischen den Parteien streitig. Aufgrund eines Windstoßes schlug einer der beiden nicht arretierten Torflügel gegen den PKW des Klägers und verursachte einen Sachschaden an diesem.

Der Kläger machte zunächst einen Antrag auf Schadensersatz gegenüber der Schadensregulierungsstelle des Bundes geltend. Dieser wurde mit Bescheid vom 08.12.2016 (Bl. 20 - 22 d.A.) abgelehnt, wogegen der Kläger nicht vorging.

Die Beklagten haben die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten gerügt und sind der Auffassung, dass nicht das Arbeitsgericht, sondern das Landgericht zuständig sei. Hierzu vertreten sie insbesondere folgende Auffassung:

Die Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts sowie die dazugehörigen Ausführungsbestimmungen seien gem. Art. 25 GG vorrangig vor den Zuständigkeitsregelungen des ArbGG und im Übrigen auch leges speciales zu § 2 ArbGG. Danach bestimme sich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit nach Art. VIII Abs. 5 NATO-Truppenstatut (im Folgenden NTS) i.V.m. Art. 41 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (im Folgenden: ZA-NTS).

Der Kläger sei gem. Art. IX Abs. 4 NTS als ziviler Angestellter gerade nicht Mitglied der Truppe bzw. des zivilen Gefolges, sondern "Dritter" i.S.d. Art. VIII Abs. 5 NTS.

Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ergebe sich auch nicht aus Art. 56 Abs. 8 ZA-NTS. Denn der vorliegende Streitgegenstand sei nicht der Sphäre des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen.

Dementsprechend sei der Kläger auf das Verfahren zur Geltendmachung seiner Ansprüche vor den ordentlichen Gerichten nach dem in Art. 6 ff. des Gesetzes zum NATO-Truppenstatut und zu dem Zusatzabkommen (im Folgenden Gesetz zum NTS) zu verweisen. Nach dessen Art. 12 Abs. 1 seien die ordentlichen Gerichte z...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge