Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwerfung einer Beschwerde der Staatskasse
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde der Staatskasse nach § 127 Abs. 3 ZPO soll nur dazu dienen, im Interesse der Haushaltsmittel der Länder zu Unrecht unterbliebenen Zahlungsanordnungen nachträglich zu erreichen. Die Befugnisse der Staatskasse zur Kontrolle richterlicher Entscheidungen dürfen grundsätzlich über die beschränkte gesetzliche Ermächtigung des § 127 Abs. 3 ZPO hinaus nicht ausgeweitet werden (im Anschluß an BGH, Bes. v. 08.10.1992 – VII ZB 3/92, MDR 1993, 80).
2. Ein PKH-Bewilligungsbeschluß ist von der Landeskasse trotz § 127 Abs. 3 ZPO allerdings bei ›greifbarer Gesetzwidrigkeit‹ anfechtbar. Folgt das Arbeitsgericht bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Beiordnung eines auswärtigen Anwalts und zusätzlich eines Verkehrsanwalts einer älteren oberlandesgerichtlichen Entscheidung statt der aktuellen Rechtsprechung des im Instanzenzug übergeordneten Landesarbeitsgerichts, so liegt darin noch keine ›greifbare Gesetzwidrigkeit‹.
Normenkette
ZPO § 127 Abs. 2-3
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 23.08.2000; Aktenzeichen 9 Ca 1899/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Landeskasse gegen den PKH-Bewilligungsbeschluß des Arbeitsgerichts Dortmund vom 23.08.2000 – 9 Ca 1899/00 – wird verworfen.
Gründe
I. Der in D1xxxxxx wohnhafte Kläger hat am 07.04.2000 gegen seine in D1xxxxxx ansässige Arbeitgeberin Kündigungsschutzklage erhoben und folgende Klageanträge angekündigt:
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 27.03.2000 aufgelöst wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 27.03.2000 zum 11.04.2000 aufgelöst wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
- die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Lohnabrechnung für den Monat März unter Berücksichtigung des Bruttoentgelts, der vermögenswirksamen Leistung, der Sozialversicherungsbeiträge sowie der Lohnsteuer, jeweils bezogen auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil sowie den sich daraus ergebenden Nettobetrag zu erteilen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 660,00 DM netto nebst 4% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den sich aus dem Klageantrag zu 3) ergebenden Nettolohn auszuzahlen.
- Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.04.2000 monatlich 3.600,00 DM zu zahlen.
- Im Falle der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 27.03.2000 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 05.04.2000 um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und Beiordnung von RA L1xxxxxx aus P1xxx nachgesucht. Am 04.05.2000 hat sich für den Kläger RA G2xxxxxx aus D1xxxxxx gemeldet und beantragt, ihn dem Kläger als Unterbevollmächtigten beizuordnen.
Das Arbeitsgericht Dortmund hat durch Beschluß vom 23.08.2000 (9 Ca 1899/00) dem Kläger Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von RA L1xxxxxx aus Peine als Hauptbevollmächtigten sowie unter Beiordnung von RA G2xxxxxx aus Dortmund als Unterbevollmächtigten mit Wirkung vom 07.04.2000 vorläufig ratenfrei für die Klageanträge zu 1), zu 2), zu 4) und zu 7) für einen Streitwert in Höhe von 18.600,00 DM bewilligt und ihm übrigen den Antrag zurückgewiesen. In dem Beschluß wird nähe begründet, warum für die Klageanträge zu 3), zu 5) und zu 6) keine Prozeßkostenhilfe hat bewilligt werden können. Sodann folgt der Schlußsatz:
Im übrigen bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussichten. Wegen der Ratenfreiheit wird auf die Ermittlung der Rechtspflegerin verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 17.10.2000 hat der Bezirksrevisor bei dem Landesarbeitsgericht Hamm gegen den PKH-Bewilligungsbeschluß vom 23.08.2000 Beschwerde eingelegt mit der Bitte, dem Kläger einen Anwalt am Gerichtsort beizuordnen bzw. die Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts vorzunehmen. Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger sei in D1xxxxxx wohnhaft, wo auch die Beklagte ihren Firmensitz habe. Die Beiordnung eines Anwalts aus P1xxx zu Lasten der Landeskasse sei nicht notwendig. Im Wege der Liquidation würden Kosten geltend gemacht, die bei Beauftragung eines D3xxxxxxxx Anwalts nicht angefallen wären.
Die Hauptbevollmächtigten haben mit Schriftsatz vom 03.11.2000 darauf hingewiesen, daß der Kläger zwar in D1xxxxxx wohnhaft gemeldet sei, die Beklagte auch dort ihren Firmensitz habe, der Kläger sich jedoch arbeitsbedingt dauernd in P1xxx während der ganzen Woche aufhalte. Aufgrund der Arbeitslosigkeit, bedingt durch die Kündigung, sei er während des Rechtsstreits von seinen Familienangehörigen unterstützt worden und habe aus diesem Grunde bei diesen in P1xxx gewohnt. Nur aus diesem Grunde habe er einen Anwalt in P1xxx aufgesucht. Dies wäre ansonsten nicht der Fall gewesen. In P1xx...