Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert einer Klage des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern und auf Feststellung, dass die Maßnahmen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich waren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Streitwert einer Klage auf Feststellung, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur befristeten Einstellung von Leiharbeitern als erteilt gilt, bemisst sich bei einer Einstellung für die Dauer von weniger als einem Monat nach dem entsprechenden Arbeitsverdienst.

2. Der auf der Basis des § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG gestellte Antrag auf Feststellung, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, ist zusätzlich mit 50% des Werts für das Regelungsbegehren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu bewerten.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3 S. 2; GKG § 42 Abs. 2 S. 1; BetrVG §§ 99-100

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Entscheidung vom 13.03.2015; Aktenzeichen 1 BV 74/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 13.03.2015 - 1 BV 74/14 - abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 523,78 € festgesetzt.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer auf 25,-- € ermäßigten Gebühr zu tragen.

 

Gründe

A.

In zahlreichen Ausgangsverfahren beantragte die Arbeitgeberin jeweils die Zustimmung zur Einstellung einzelner Leiharbeitnehmer im Umfang von 38,5 Wochenstunden, und zwar für unterschiedliche Zeiträume unterhalb von sechs Monaten. Die personellen Einzelmaßnahmen sollten der Deckung eines erhöhten, zeitlich befristeten Arbeitsbedarfs sowie dem Ersatz für andere Arbeitnehmer einschließlich Urlaubs- und Krankheitsvertretungen dienen. Zugleich begehrte die Arbeitgeberin die Feststellung, dass die jeweilige personelle Einzelmaßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Die Verfahren wurden später übereinstimmend für erledigt erklärt.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht hier mit Beschluss vom 13.03.2015, ausgehend von einem Einsatz des betroffenen Leiharbeitnehmers für eine Woche und einem Stundensatz von 8,50 €, für das Begehren nach § 99 Abs. 4 einen Betrag in Höhe von 327,25 € in Ansatz gebracht und für den Feststellungsantrag gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG weitere 163,63 €, insgesamt aufgerundet 500,-- €.

Dagegen wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates mit ihrer Beschwerde. Sie sind der Meinung, es müsse eine Stundenvergütung in Höhe von 18,33 € in Ansatz gebracht werden, ausgehend von einem Monatsentgelt in Höhe von 3.000,-- €.

B.

Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ist in dem sich aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen war sie als unbegründet zurückzuweisen.

I. Nach Ansicht beider Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Hamm (zuletzt z.B. 21.02.2014 - 7 Ta 7/14 und 7 Ta 9/14; 08.08.2014 - 13 Ta 332/14; 29.08.2014 - 13 Ta 402/14) ist im Ausgangspunkt bei einem Antrag auf Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers gegenstandswertmäßig unverändert die dreifache Bruttomonatsvergütung des betroffenen Mitarbeiters zugrunde zu legen.

1. Bei einem Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, so dass bei der Bemessung des Gegenstandswertes grundsätzlich von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG auszugehen ist. Der danach gegebene außerordentlich weite Bewertungsrahmen sowie der Auffangwert in Höhe von derzeit 5.000,-- € stellt die Rechtsprechung vor die Aufgabe, die im Beschlussverfahren infrage kommenden Streitgegenstände in ein Bewertungssystem einzubinden, das adäquate Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses ausreichend Rechnung trägt; erforderlich ist die Herausarbeitung typisierender Bewertungsgrundsätze, um zu einer gleichförmigen und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen.

Entscheidend ist allerdings immer die "Lage des Falles"; es bedarf also einer auf die konkreten Umstände des einzelnen Verfahrens abgestellten Wertfestsetzung.

Was die maßgeblichen Einzelfallumstände angeht, kann auf die vergleichbare Regelung zur Bewertung nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten in § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG zurückgegriffen werden, wonach es in erster Linie auf die Bedeutung der Angelegenheit ankommt (vgl. BVerfG, 28.02.1989 - 1 BvR 1291/85 - NJW 1989, 2047; siehe auch § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG).

Maßgeblich ist die Tragweite der begehrten gerichtlichen Entscheidung für die materielle und ideelle Stellung der Betroffenen.

2. In dem Zusammenhang ist vom Landesarbeitsgericht Hamm seit den grundlegenden Entscheidungen vom 19.03.1987 (8 TaBV 2/87 - LAGE ArbGG § 12 Streitwert Nr. 70) und vom 23.02.1989 (8 TaBV 146/88 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 12) immer wieder zu Recht herausgestrichen worden, dass es ange...

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