Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung einer personellen Maßnahme. Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung. leitender Angestellter, hier: Leiter der Revisionsabteilung einer Bank. Einstellungs- und Entlassungsbefugnis. Prokura. unternehmerische Aufgaben. maßgeblicher Einfluss auf Unternehmensführung
Leitsatz (redaktionell)
Der Leiter der Gesamtrevision einer Bank ist auch als Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung nicht leitender Angestellter, wenn er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausübt.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1, §§ 101, 105, 5 Abs. 3 S. 2 Nrn. 1-3, Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Beschluss vom 29.06.2007; Aktenzeichen 1 BV 1/07) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 7 ABN 49/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 29.06.2007 – 1 BV 1/07 – abgeändert.
Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, die Einstellung des Arbeitnehmers M5 R1 aufzuheben.
Der Arbeitgeberin wird für jeden Tag der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 250,– EUR angedroht.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Leiter der Revisionsabteilung der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin leitender Angestellter ist, und darüber, ob die Arbeitgeberin wegen unterlassener Einholung der Zustimmung des Betriebsrats verpflichtet ist, die Einstellung des Leiters der Revisionsabteilung aufzuheben.
Die Arbeitgeberin ist eine Genossenschaftsbank mit ca. 450 Mitarbeitern, die durch eine Verschmelzung zweier Banken im Juni 2005 entstanden ist. Sie betreut inzwischen ca. 46.000 Mitglieder und 120.000 Kunden mit einem Kundengeschäftsvolumen von rund 3,3 Milliarden Euro und einer Bilanzsumme von rund 1,7 Milliarden Euro.
Die Revisionsabteilung bei der Arbeitgeberin bestand nach der Verschmelzung der Banken im Juni 2005 aus 6,5 Vollzeitstellen und der neu geschaffenen Stelle des Leiters der Revision. Bereits im März 2005 hatte die Arbeitgeberin für die neue Revisionsabteilung die Stelle „Leiter/in Revision” intern ausgeschrieben. In der Stellenausschreibung (Bl. 4 d. A.) heißt es unter anderem:
„Ihre Aufgaben … Ihre Aufgabe umfasst die selbständige und risikoorientierte Planung, Steuerung und Überwachung der Ordnungsmäßigkeits- und Ablaufprüfungen aller Geschäftsfelder (einschl. Kredit). In dieser Schlüsselfunktion nehmen Sie für den Vorstand und Mitarbeiter eine wichtige Beratungsfunktion ein. Wir erwarten von Ihnen wichtige Impulse zur Anpassung der Kontroll- und Sicherungssysteme an aktuelle und zukünftige Anforderungen.
Ihr Profil … Auf Ihr Fundament einer qualifizierten bankkaufmännischen Ausbildung, wünschenswert ist der Abschluss des g2 B3-führungsseminars, haben Sie umfassende Weiterbildungen in Fach- und Führungsthemen aufgesetzt. Sie konnten bereits mehrjährige Erfahrungen in der Revision eines Kreditinstituts sammeln. Im Ergebnis zeichnen Sie sich durch umfassende Kenntnisse in allen Banksparten aus. In Ihrem Selbstbild verstehen Sie sich als interner Unternehmensberater und sind daher nicht nur analytisch und konzeptionell begabt, sondern auch überzeugend in Kommunikation und Moderation. Hierdurch sind Sie sowohl akzeptierter Gesprächspartner als auch motivierende Führungskraft.”
Auf die ausgeschriebene Stelle bewarben sich vier Mitarbeiter der Arbeitgeberin, nämlich Herr H2 S4, Frau G3 D4, Herr W2 S1 und Herr C2 V3.
Nachdem der Mitarbeiter V3 seine Bewerbung um die Stelle „Leiter Revision” mit Schreiben vom 18.08.2005 (Bl. 29 d.A.) zurückgezogen und die Arbeitgeberin Herrn M5 R1, geboren am 17.05.1962, verheiratet, zwei Kinder, zu diesem Zeitpunkt als Mitarbeiter der S9 M6 O1 im Bereich Kreditüberwachung tätig, auf die Stelle „Leiter Revision” angesprochen hatte, beabsichtigte die Arbeitgeberin, Herrn R1 als Leiter der Revisionsabteilung einzustellen.
Am 25.08.2005 schloss die Arbeitgeberin mit Herrn M5 R1 einen Arbeitsvertrag (Bl. 285 ff. d. A.), dessen § 1 wie folgt lautet:
„§ 1 Aufgabenbereich
(1) Der Mitarbeiter wird als Leiter Gesamtrevision mit Wirkung vom 01.01.2006 angestellt. Er ist leitender Angestellter der Bank.
Der Leiter Gesamtrevision hat die organisatorische und personelle Verantwortung für den gesamten Bereich.
Er verantwortet die Einhaltung der Funktionsfähigkeit, Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit des internen Kontrollsystems, stellt eine effiziente Prüfung des Risikomanagement und –controllingsystems einschließlich des Berichtswesens sicher.
(2) Der Mitarbeiter ist dem Vorstand unmittelbar unterstellt und berichtet direkt. Er ist weisungsbefugt gegenüber den Mitarbeitern seiner Abteilung und berechtigt, sie nach vorheriger Abstimmung mit dem Vorstand einzustellen und zu entlassen.
(3) Die dem Mitarbeiter übertragene Stellung ist mit Handlungsvollmacht im Sinne des § 54 HGB ausgestattet. Innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach Eintritt in das Unternehmen wird der Mitarbeiter zum Prokuristen der Bank bestellt. Er ist dann zur Vertretung der Bank zusammen mit einem Vorstand oder ei...