Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung von leitenden Angestellten. Zustimmung/Information des Betriebsrats. Hier: Leiter der Revisionsabteilung einer Bank. Einstellungs- und Entlassungsbefugnis. Prokura. unternehmerische Aufgaben
Leitsatz (amtlich)
Der unmittelbar dem Vorstand einer Bank unterstellte Leiter der Revisionsabteilung kann je nach den Umständen – hier: Prokuraerteilung und Mitgliedschaft in der erweiterten Geschäftsleitung – leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BetrVG sein.
Normenkette
BetrVG § 5 Abs. 3, § 99 Abs. 1, § 105
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Beschluss vom 29.06.2007; Aktenzeichen 1 BV 1/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 29.06.2007 – 1 BV 1/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten darum, ob ein Mitarbeiter der Beklagten leitender Angestellter ist und die Arbeitgeberin bei der Einstellung dieses Mitarbeiters das Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG hätte einleiten müssen.
Die Arbeitgeberin ist eine Genossenschaftsbank mit ca. 440 Mitarbeitern, die durch eine Verschmelzung zweier Banken im Juni 2005 entstanden ist.
Die Revisionsabteilung bei der Arbeitgeberin besteht aus 6,5 Vollzeitstellen und der Stelle des Leiters der Revision, die nach der Verschmelzung der Banken im Juni 2005 neu entstanden ist. Bereits im März 2005 hatte die Arbeitgeberin für die neue Revisionsabteilung die Stelle „Leiter/in Revision” intern ausgeschrieben. In der Stellenausschreibung (Bl. 4 d.A.) heißt es u.a.:
„Ihre Aufgabe umfasst die selbständige und risikoorientierte Planung, Steuerung und Überwachung der Ordnungsmäßigkeits- und Ablaufprüfungen aller Geschäftsfelder (einschl. Kredit). In dieser Schlüsselfunktion nehmen Sie für Vorstand und Mitarbeiter eine wichtige Beratungsfunktion ein. Wir erwarten von Ihnen wichtige Impulse zur Anpassung der Kontroll- und Sicherungssysteme an aktuelle und zukünftige Anforderungen.”
Auf die ausgeschriebene Stelle bewarben sich vier Mitarbeiter der Arbeitgeberin, nämlich Herr H1 S6, Frau G2 D4, Herr W2 S1 und Herr C2 V2.
Nachdem der Mitarbeiter V2 seine Bewerbung um die Stelle „Leiter Revision” mit Schreiben vom 18.08.2005 (Bl. 29 d.A.) zurückgezogen und die Arbeitgeberin Herrn M5 R3, 43 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, zu diesem Zeitpunkt als Mitarbeiter der Sparkasse M6 O2 im Bereich der Kreditüberwachung tätig, auf die Stelle Leiter Revision angesprochen hatte, beabsichtigte die Arbeitgeberin, Herrn R3 als Leiter der Revisionsabteilung einzustellen. Mit Schreiben vom 26.08.2005 (Bl. 5 d.A.) teilte sie dem Betriebsrat folgendes mit:
„Mitteilung über die beabsichtigte Einstellung gemäß § 105 BetrVG
Sehr geehrter Herr S1,
wir beabsichtigen, Herrn M5 R3, K3. 34, 45678 S7 zum 01.01.2006 als Leiter Gesamtrevision und damit als leitender Angestellter bei der V1-Bank W1 eG einzustellen.”
Mit Schreiben vom 30.08.2005 (Bl. 6 d.A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Einstellung und wies darauf hin, dass es sich bei Herrn R3 nicht um einen leitenden Angestellten im Sinne des § 5 BetrVG handele und die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung erforderlich sei.
Nachdem die Arbeitgeberin mit Herrn R3 am 25.08.2005 einen Anstellungsvertrag (Bl. 285 ff. d.A.), auf dessen Bestimmungen, insbesondere auf § 1, im Einzelnen Bezug genommen wird, abgeschlossen hatte, nahm Herr R3 Anfang Januar 2006 seine Tätigkeit als Leiter der Revisionsabteilung zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 6.454,00 EUR auf. Den Aufgabenbereich von Herrn R3 als Leiter der Revisionsabteilung beschreibt die Arbeitgeberin wie folgt:
- • „Mitwirkung bei der Weiterentwicklung der Kreditstrategie der Bank
- • Beobachtung und Bewertung der Entwicklung des Marktumfeldes und der Marktpotentiale
- • Beurteilung der Risikosituation der Bank
- • Erarbeitung der Maßnahmen zur Risikosteuerung auf Portfolio- und Einzelengagementebene
- • Mitwirkung bei Vorlagen zur Änderung/Anpassung der Kreditrisikostrategie
- • Teilnahme und Mitwirkung an der Festlegung der Bankstrategie und, darauf aufbauend, der generellen Risikostrategie
- • Teilnahme an der Umsetzung der strategischen Erfordernisse zu den Bereichen „Operationelle Risiken” und „Liquiditätsrisiken”
- • Erstellung einer Übersicht aller Anforderungen mit aktuellen Statusberichten zur Ableitung der erforderlichen Entscheidungen/und Zuordnung der Zuständigkeiten
- • Projektleitung bei diversen Projekten, u. a. bei dem Projekt „Vier Wände” (Privatfinanzierungsoptimierung, etc.)”
Im Übrigen wird auf die Aufgabenverteilung innerhalb der neu geschaffenen Revisionsabteilung gemäß Aufgabenverteilungsplan (Bl. 134 d.A.) Bezug genommen.
Die Arbeitgeberin erteilte dem Mitarbeiter R3 Prokura. Außerdem wurde Herr R3 Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung; dieses Gremium besteht aus vier Vorstandsmitgliedern der Arbeitgeberin und acht weiteren Mitarbeitern wie un...