Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulungskosten des Betriebsrats. Erforderlichkeit der Schulung über Logistiksysteme und -prozesse. Erforderlichkeit der Schulung von zwei Betriebsratsmitgliedern. aktueller betriebsbezogener Schulungsbedarf. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Sowohl Schulungen über wissenschaftliche Erkenntnisse zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit wie auch Schulungen zum Bereich Beschäftigungssicherung und Innovation können für die Arbeit des Betriebsrats erforderliche Kenntnisse vermitteln. Schulungsmaßnahmen können insbesondere dann erforderlich sein, wenn entsprechende Änderungen und Planungen im Betrieb anstehen, etwa wenn der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung plant.
2. In Ausschüssen, die der Betriebsrat in zulässiger Weise gebildet hat, haben sämtliche Ausschussmitglieder einen Schulungsanspruch darauf, dass ihnen die erforderlichen Kenntnisse für die Arbeit im Ausschuss vermittelt werden. Hat der Betriebsrat eine gewisse Aufgabenverteilung vorgenommen und Aufgaben zur selbstständigen Erledigung auf einen Ausschuss oder eine Arbeitsgruppe übertragen, ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn diejenigen Betriebsratsmitglieder geschult werden, denen die Wahrnehmung dieser Aufgaben obliegt.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Beschluss vom 27.10.2005; Aktenzeichen 3 BV 11/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 27.10.2005 – 3 BV 11/05 – abgeändert.
Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, den Betriebsrat und die Beteiligten zu 3. und 4. von den Kosten der Betriebsratsschulung „Logistik und Wertschöpfungskette: Wie muss die Logistik gestaltet sein, um gute Arbeitsbedingungen zu sichern?” in H8xxxxxxx in der Zeit vom 08.03.2005 bis 11.03.2005 in Höhe von 2.130,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz ab dem 31.03.2005 freizustellen und diesen Betrag nebst sich ergebender Zinsen an das DGB Bildungswerk mit der Angabe der Rechnungsnummer AG 219104/305073113 und AG 219105/305073113 auf das Konto bei der S5x AG, Bankleitzahl 45x 13x 14, Konto-Nummer 11 01x 02x 61x, zu zahlen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Kosten für die Teilnahme von zwei Betriebsratsmitgliedern an einer Schulungsveranstaltung.
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Holzindustrie und fertigt an drei Standorten, unter anderem im Werk O1xxxxxxxx, hochwertige Wohn-, Schlaf- und Jugendzimmermöbel. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Betrieb O1xxxxxxxx gewählte Betriebsrat, der aus neun Personen besteht.
Die gewerblichen Mitarbeiter im Betrieb der Arbeitgeberin sind ein Prämienlohnsystem eingebunden, das im Wesentlichen aus drei Komponenten besteht:
1. Teilprämie Mängel, 2. Teilprämie Qualität Q1 und 3. Teilprämie Termintreue Q2.
Die Arbeitgeberin steht seit Jahren in Gesprächen mit dem Betriebsrats des vorliegenden Verfahrens sowie den weiteren Betriebsräten und dem gewählten Gesamtbetriebsrat über die Optimierung ihrer Standorte, Lohnsenkungen, Kostenreduzierungen, Absenkung von Reklamationen, termingerechte Erledigung von Aufträgen etc.. Diese Gespräche standen insgesamt unter der Prämisse, eine Standortsicherung zu gewährleisten und eine positive Entwicklung der Wirtschaftlichkeit für die jeweiligen Werke zu erreichen.
Zum Zwecke der Standortsicherung und der Sicherung der Arbeitsplätze schlossen die Arbeitgeberin und der antragstellende Betriebsrat für das Werk O1xxxxxxxx am 01.08.2003 eine Rahmenvereinbarung (Bl. 67 ff. d. A.), die unter anderem eine Verrechnung der vereinbarten Beträge, insbesondere eine Verringerung der Prämien Q1 und Q2 vorsah. Auf die weiteren Bestimmungen der Rahmenvereinbarung vom 01.08.2003 wird Bezug genommen.
Im Rahmen der Produktions- und Personaleinsatzplanung war die Einhaltung der sogenannten Termintreue, die nicht immer gewährleistet war, neben der Entwicklung von Abwesenheits- und Krankheitsquoten ständiger Diskussionspunkt zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat. Insbesondere bei der Einführung neuer Wohnprogramme traten Anlaufprobleme auf, die zu Störungen im Fertigungsablauf führten. Derartige Anlaufprobleme hatten häufig die Einführung von Mehrarbeit sowie die Regelung von neuen Arbeitszeitkonten auf Grund von Betriebsvereinbarungen zur Folge. Auf die Betriebsvereinbarungen vom 16.01.2004, 15.07.2004 und 23.12.2004 (Bl. 99 ff. d. A.) wird Bezug genommen.
In Einzelfällen konnte auf Grund von Versorgungsproblemen die jeweils angeordnete Mehrarbeit wiederum nicht komplett aufrecht erhalten werden (vgl. Aushang vom 21.01.2005 – Bl. 107 d. A.). Trotz durchgeführter Mehrarbeit und Absinkung des Krankenstandes war ein Anstieg der sogenannten „Überfälligen” – Bestellungen, die nur zum Teil fertiggestellt waren und fehlenden Materials noch nicht ausgeliefert werden konnten – zu verzeichnen.
Am 03.02.2005 fasste ...