Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerderecht des beigeordneten Rechtsanwalts bei rückwirkender Aufhebung der Beiordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird nicht der im PKH-Gesuch benannte Rechtsanwalt, sondern der im Briefkopf und im Klagerubrum als Seniorchef ausgewiesene Rechtsanwalt beigeordnet, dann kann die bedürftige Partei die (bloße) Berichtigung des PKH-Bewilligungsbeschlusses nach § 319 Abs. 1 ZPO beantragen, ohne in das fristgebundene Beschwerdeverfahren nach § 127 Abs. 2 ZPO eintreten zu müssen.
2. Von der Beiordnung an entstehen zwischen dem beigeordneten Rechtsanwalt und dem Staat verfahrensrechtliche, standesrechtliche und gebührenrechtliche Beziehungen. Wird der bedürftigen Partei der im PKH-Gesuch benannte Rechtsanwalt anstelle des ursprünglich beigeordneten Rechtsanwalts beigeordnet, so ist der ausgewechselte Rechtsanwalt beschwert und kann ausnahmsweise selbst sofortige Beschwerde einlegen.
3. Die Anwaltsbeiordnung ist personenbezogen; beigeordnet wird die Person eines Rechtsanwalts, nicht eine Kanzlei oder Sozietät, auch wenn die Partei das Mandat bereits einer Kanzlei oder Sozietät erteilt hat. Wird im PKH-Bewilligungsverfahren um Beiordnung des „Unterzeichners” nachgesucht, dann ist der Unterzeichner damit konkludent benannt und nur der Benannte darf der Partei als „zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt” (§ 121 Abs. 2 ZPO) beigeordnet werden.
4. Wird nicht der im PKH-Gesuch benannte Rechtsanwalt, sondern der Seniorchef der Kanzlei beigeordnet, dann geht es nicht um den Austausch eines antragsgemäß beigeordneten Anwalts, sondern um die Korrektur einer fehlerhaften Anwaltsbeiordnung. Die Frage, ob und inwieweit ein (finanzieller) Ausgleich stattzufinden hat, bleibt den internen Vereinbarungen der beiden Rechtsanwälten überlassen; sie ist für die gerichtliche Korrekturentscheidung ohne jegliche Bedeutung.
Normenkette
ZPO § 127 Abs. 2, § 319 Abs. 3, § 569 Abs. 1 S. 1, § 319 Abs. 1, § 121 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Beschluss vom 13.06.2002; Aktenzeichen 3 Ca 1865/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Rechtsanwalts B4xxxxxxx gegen den PKH-Abänderungsbeschluß des Arbeitsgerichts Bocholt vom 13.06.2002 – 3 Ca 1865/01 – wird als unbegründet zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Der Kläger hat mit Klageschrift vom 30.07.2001, bei dem Arbeitsgericht am 31.07.2001 eingegangen, eine Zahlungsklage erhoben. Im Klagerubrum waren als Prozeßbevollmächtigte benannt:
Rechtsanwälte N1xxxxx B4xxxxxxx und Partner, P2xxxxxxxx 21, 42xxx R1xxxx.
Gleichzeitig hat der Kläger unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 18.07.2001 um ratenfreie Prozeßkostenhilfe sowie um Beiordnung des „Unterzeichners” nachgesucht. Unterzeichnet war die Klageschrift von Rechtsanwalt M1xxxxx M2xx, welcher seinerzeit in der Kanzlei B4xxxxxxx tätig gewesen ist, die weiteren erstinstanzlichen Schriftsätze unterzeichnet sowie für den Kläger den Gütetermin vom 18.09.2001 und Kammertermin vom 13.06.2002 wahrgenommen hat.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 20.11.2001 -3 Ca 1865/01 – mit Wirkung vom 31.07.2001 in vollem Umfang Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt und ihm Rechtsanwalt B4xxxxxxx zu den Bedingungen eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.
Mit Schriftsatz vom 05.03.2002, bei dem Arbeitsgericht am 06.03.2002 eingegangen, hat der Kläger gebeten, den PKH-Bewilligungsbeschluß vom 20.11.2001 dahingehend zu berichtigen, daß ihm nicht Rechtsanwalt B4xxxxxxx, sondern – wie beantragt – Rechtsanwalt M2xx als Anwalt beigeordnet wird.
Das Arbeitsgericht Bocholt hat nach Anhörung von Rechtsanwalt B4xxxxxxx und von Rechtsanwalt M2xx durch Beschluß vom 13.06.2002 -3 Ca 1865/01 – den PKH-Bewilligungsbeschluß vom 20.11.2001 dahingehend abgeändert, daß dem Kläger Rechtsanwalt M2xx als Anwalt beigeordnet wird. Zur Begründung hat des ausgeführt, aus der Akte ergäbe sich, daß ausschließlich Rechtsanwalt M2xx in der Sache tätig geworden sei. So habe dieser die Klage unterschrieben, habe die Schriftsätze vom 08.08., 17.08., 15.10., 24.10.2001 erstellt und sei im Gütetermin und im Kammertermin aufgetreten. Für das Gericht ergäbe sich in keiner Weise, inwieweit Rechtsanwalt B4xxxxxxx für den Kläger irgendeine Tätigkeit entfaltet habe. Da Rechtsanwalt B4xxxxxxx auch nicht dargestellt habe, daß Rechtsanwalt M2xx ausschließlich als Angestellter in einem festen Gehalt gestanden habe oder Teile des Honorars an Rechtsanwalt B4xxxxxxx hätten abgeführt werden müssen, sei die Beiordnung auf Rechtsanwalt M2xx abzuändern. Es handele sich offensichtlich um einen Fehler bei der ursprünglichen Bewilligung, wobei davon ausgegangen worden sei, daß entsprechend der tatsächlichen Tätigkeit kanzleiintern die Vergütung und damit auch die Erträge aus der Prozeßkostenhilfe dem Sachbearbeiter zugeteilt würden.
Gegen diesen ihm am 28.06.2002 zugestellten Beschluß hat Rechtsanwalt B4xxxxxxx mit Schriftsatz vom 05.07.2002, bei dem Arbeitsgericht am 08.07.2002 per Telefax eingegangen, unter Vorlage eines Gespräch...