Entscheidungsstichwort (Thema)
Überstundenvergütung. Verfallklausel. Wirksamkeit. Auslegung. AGB. Unklarheit. Transparenzgebot. unwirksame Ausschlussklausel. keine Festlegung des Beginns der Frist
Leitsatz (redaktionell)
Eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Ausschlussklausel ist unwirksam, wenn der Beginn der Verfallfrist nicht festgelegt worden ist.
Normenkette
BGB § 305 c Abs. 2, § 307 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 24.11.2011; Aktenzeichen 1 Ca 1041/11) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Münster vom 24.11.2011 - 1 Ca 1041/11 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten (noch) um das Bestehen von Ansprüchen auf Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung.
In der Zeit ab 01.03.2010 bis zur fristlosen Eigenkündigung vom 23.03.2011 war die Klägerin als Krankenschwester bei dem Beklagten, der einen privaten Pflegedienst betreibt, tätig. Sie arbeitete bis zum 01.09.2010 mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 21 und danach mit 31,5 Stunden in der 6-Tage-Woche.
Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 02.09.2010 lautet auszugsweise wie folgt:
"...
§ 4 Arbeitsvergütung
Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Bruttovergütung von 2.200,-- €.
Ein gesonderter Ausgleich für geleistete Überstunden erfolgt nicht. Diese sind mit dem Grundgehalt abgegolten.
...
§ 6 Urlaub
Der Urlaubsanspruch beträgt 28 Tage im Kalenderjahr.
...
§ 14 Verfall-/Ausschlussfristen
Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Andernfalls erlöschen sie. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.
..."
In der Zeit ab März 2010 bis Januar 2011 leistete die Klägerin insgesamt 755,31 Überstunden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die Ausführungen im arbeitsgerichtlichen Urteil unter I. 2. a) der Gründe.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne die Vergütung aller begehrten Überstunden verlangen. Daneben stehe ihr noch ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von fünf Tagen zu.
Soweit hier noch von Interesse, hat die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 12.607,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Meinung geäußert, Überstundenforderungen seien angesichts der arbeitsvertraglichen Abgeltungsregelung ausgeschlossen; im Übrigen seien sie größtenteils verfallen. Hinzu komme, dass es zu unrichtigen Aufzeichnungen und damit falschen Darlegungen gekommen sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Schlussurteil vom 24.11.2011 der Klage im Umfang von 755,31 Überstunden und fünf Tagen Urlaubsabgeltung stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte schulde für den Zeitraum ab März 2010 bis Januar 2011 für insgesamt 755,31 geleistete Überstunden eine Vergütung in Höhe von 12.175,60 €, ausgehend von einem Stundensatz von 16,12 €. Dem stehe § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages nicht entgegen, weil die dort verankerte Abgeltungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei.
Die Berufung auf die Verfallklausel des § 14 des Arbeitsvertrages sei dem Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.
Der Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 432,08 € für insgesamt fünf Urlaubstage sei ebenfalls gegeben.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
Er ist der Ansicht, namentlich die Überstundenansprüche seien nach § 14 des Arbeitsvertrages verfallen. Ein treuwidriges Verhalten auf seiner Seite liege nicht vor; die Klägerin hätte ggf. rechtzeitig Rechtsrat einholen müssen.
Davon abgesehen seien die Überstunden nicht richtig aufgezeichnet worden; zudem seien sie nicht angeordnet gewesen.
Der Beklagte beantragt,
das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Münster vom 24.11.2011 - 1 Ca 1041/11 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, § 14 des Arbeitsvertrages sei intransparent, weil darin nicht der Beginn des Laufs der Verfallfrist festgelegt worden sei. In jedem Fall habe sie der Beklagte treuwidrig von der Geltendmachung der Ansprüche abgehalten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin zu Recht Ansprüche auf Vergütung von Überstunden und Abgeltung von Urlaub zugesprochen.
I. Nach §§ 611 Abs. 1, 612 BGB kann die Klägerin vom Beklagten für den streitbefangenen Zeitraum von März 2010 bis Januar 2011 die Vergütung von insgesamt 755,31 Überstunden in Höhe von 12.175,60 € brutto verlangen.
1. In dem Zusammenhang kann zum Umfang der angefallenen Überstunden einschließlich des z...