Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Sachbearbeiterin in der Rechtsbehelfsstelle eines Jobcenters. Voraussetzungen eines Höhergruppierungsanspruchs aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Sachbearbeiterin in der Rechtsbehelfsstelle einer gemeinsamen Einrichtung i. S. d. § 44b SGB II ist nach Maßgabe der Anlagen 1.1 und 1.10 zum TV-BA in der seit dem 13. Änderungstarifvertrag geltenden Fassung nicht bereits deshalb in der Tätigkeitsebene III TV-BA ("Erste Fachkraft" ) einzugruppieren, weil sie auch die gerichtliche Vertretung in zweiter Instanz wahrnimmt.

2. Ein Höhergruppierungsanspruch auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt im Anwendungsbereich eines Tarifvertrages mit ausdifferenzierter Entgeltordnung voraus, dass der Arbeitgeber - außerhalb des bloßen Normvollzugs - Leistungen nach einem eigenen abstrakt-generellen Prinzip nicht lediglich formuliert, sondern tatsächlich gewährt.

 

Normenkette

TV-BA §§ 14, 20; TV-BA Anl. 1.1; TV-BA Anl. 1.10; SGB II § 44b

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 10.11.2015; Aktenzeichen 2 Ca 1210/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 10.11.2015 - 2 Ca 1210/15 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Anwendungsbereich des Tarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vom 28. März 2006 und nachfolgender Änderungstarifverträge über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die 1977 geborene Klägerin ist seit dem 1. Juni 2005 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Ihr Einsatz erfolgte zunächst bei der Agentur für Arbeit C. Nach anfänglicher Befristung besteht auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 1. Juni 2006 (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 16. Juli 2015), auf den Bezug genommen wird, und nachfolgender Änderungsverträge zwischenzeitlich ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit. Nach § 2 Abs. 1 des Vertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem TV-BA und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung.

Mit Schreiben zur Geschäftsverteilung vom 20. September 2007 (Anlage B 2) übertrug die Beklagte der Klägerin, die Volljuristin ist, die Tätigkeit einer "Sachbearbeiterin Leistungsgewährung im Bereich SGB II" in der Agentur für Arbeit C. Die Eingruppierung dieser Tätigkeit erfolgte in der tariflichen Tätigkeitsebene IV. Grundlage dafür war § 14 Abs. 1 TV-BA (Eingruppierung) in der bis zum 31. Dezember 2013 jeweils geltenden Fassung, zuletzt der des 12. Änderungstarifvertrages zum TV-BA aus Juni 2013 (12. ÄTV), in Verbindung mit dessen Anlage 1.1 - Zuordnungstabelle für die Agenturen für Arbeit.

Dort war das Tätigkeits- und Kompetenzprofil (TuK) einer "Sachbearbeiterin Leistungsgewährung/Recht" unter der laufenden Ziffer 40 der Fachkräfteebene im Aufgabenschwerpunkt II und diese der tariflichen Tätigkeitsebene IV ausdrücklich zugeordnet.

Mit weiterem Schreiben zur Geschäftsverteilung vom 20. Januar 2009 (Anlage B 8) übertrug die Beklagte der Klägerin zum folgenden Monatsersten die Tätigkeit einer "Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG im Bereich SGB II" in der gemeinsam mit der Stadt I getragenen ARGE, dem späteren Jobcenter I. Die Eingruppierung dieser Tätigkeit erfolgte in der tariflichen Tätigkeitsebene IV. Grundlage dafür war § 14 Abs. 1 TV-BA (Eingruppierung) in der bis zum 31. Dezember 2013 jeweils geltenden Fassung, zuletzt der des 12. Änderungstarifvertrages zum TV-BA aus Juni 2013 (12. ÄTV), in Verbindung mit dessen Anlage 1.10 - Zuordnungstabelle für den Rechtskreis SGB II (gemeinsame Einrichtungen). Dort war das Tätigkeits- und Kompetenzprofil (TuK) einer "Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG im Bereich SGB II" unter der laufenden Ziffer 21 der Fachkräfteebene im Aufgabenschwerpunkt II und diese der tariflichen Tätigkeitsebene IV ausdrücklich zugeordnet. Daneben erhielt die Klägerin als weiteren Gehaltsbestandteil (§§ 16 Abs. 1, 20 TV-BA), wie in der Anlage 1.10 (Stand 12. ÄTV) vorgesehen, eine monatliche Zahlung in Höhe der Funktionsstufe 2.

Im Zuge des 13. ÄTV vom 20. Februar 2014 (dort Anlage 7) traten mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 weitreichende Änderungen des TV-BA, insbesondere der Anlage 1.10 - Zuordnungstabelle für den Rechtskreis SGB II (gemeinsame Einrichtungen) in Kraft. Danach verlieben in dieser Anlage nur noch SGB-II-spezifische Tätigkeits- und Kompetenzprofile (im Folgenden: TuK). Die der Klägerin übertragene Tätigkeit wird unter den dortigen TuK‚s seither nicht mehr aufgeführt. In der Vorbemerkung 2 der Anlage 1.10 neuer Fassung ist ergänzend Folgendes bestimmt: "Die gemeinsamen Einrichtungen können zur Ausbringung von Dienstposten (einschl. Eingruppierung und Funktionsstufen) auf die in Anlage 1.1 zum TV-BA enthaltenen Dienstposten ...

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