Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Unterrichtung. Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers. Verwirkung. Zeitmoment. Umstandsmoment. Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Änderungsvereinbarung mit Betriebsübernehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB kann verwirken.

Auch eine mit dem Betriebserwerber abgeschlossene Vereinbarung über die Änderung der Altersversorgung kann bei entsprechend gewichtigem Zeitablauf – hier 6,5 Jahre – zu einer Verwirkung des Widerspruchsrechts führen.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 613a Abs. 5-6

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 09.02.2010; Aktenzeichen 5 Ca 1286/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.03.2012; Aktenzeichen 8 AZR 700/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 09.02.2010 – 5 Ca 1286/09 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach dem Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsteilübergangs ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis besteht.

Der am 23.02.1955 geborene Kläger wurde von der Beklagten, Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen e.V., mit Anstellungsvertrag vom 13.10.1989 (Bl. 25 ff d.A.) ab dem 13.11.1989 als Kundendiensttechniker eingestellt. In § 4 Abs. 1 dieses Anstellungsvertrages war eine tarifliche Eingruppierung nach der Gehaltsgruppe T 3 geregelt und in § 2 für die Grundvergütung auf eine Anlage A-1 verwiesen worden. Als Nebenleistung stellte die Beklagte dem Kläger ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, § 3 Abs. 1 des Anstellungsvertrages. Durch den Nachtrag Nr. 3 vom 17.08.1998 (Bl. 34 d.A.) übertrug die Beklagte dem Kläger mit Wirkung zum 01.09.1998 die Tätigkeit als Kundendienstmeister, wobei eine tarifliche Eingruppierung in die Gehaltsgruppe T 5 vorgesehen war.

Der Kläger nahm seit Beginn seines Arbeitsverhältnisses an der im Betrieb der Beklagten eingerichteten betrieblichen Altersvorsorge gemäß Versorgungsordnung vom 25.06.1973 i.d.F. vom 27.06.1989 teil.

Der Kläger, Mitglied der IG Metall, wurde im März 2002 in den Betriebsrat gewählt und ist seither als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender freigestellt.

Im Rahmen einer Neuorganisation wurden die gesamten deutschen Geschäftsaktivitäten der D1 Unternehmensgruppe innerhalb der Produktdivision A1, zu der der Vertrieb, die Montage und Installation sowie der Service von Automatiktüren und der dazu erforderlichen Antriebseinheiten gehören, ausgegliedert und mit Wirkung zum 01.07.2002 von der Beklagten auf die zu diesem Zweck neu gegründete D1 A1 GmbH + Co. KG übertragen. Diese war und ist nicht Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen e.V.. Im Wege eines Betriebsteilüberganges gingen zum Stichtag am 01.07.2002, die Arbeitsverhältnisse des Klägers und von 156 weiteren bis dahin bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer auf die D1 A1 GmbH + Co. KG über. Dazu erhielten die betroffenen Mitarbeiter ein Unterrichtungsschreiben vom 17.06.2002 (Bl. 8 ff d.A.), in dem es u.a. heißt:

„… Auch Ihr Arbeitsverhältnis ist hiervon betroffen und wird zum 01.07.2002 durch Teilbetriebsübergang nach § 613 a BGB auf die D1 A1 GmbH + Co. KG übergehen.

Wir möchten besonders darauf hinweisen, dass mit diesem Übergang die Konditionen Ihres Arbeitsverhältnisses nicht verändert werden, d.h. insbesondere auch, dass Ihre Zusage zur betrieblichen Altersversorgung unverändert weiter geführt wird und dass durch Ihre einzelvertragliche Vereinbarung für Sie weiterhin die Regelungen des Tarifvertrages der Metallindustrie NRW gelten, obwohl die neue Gesellschaft nicht tarifgebunden ist. …

Für Verpflichtungen Ihnen gegenüber, die sich aus Ihren Arbeitsverhältnis ergeben, haften vom Zeitpunkt des Übergangs bis zum Ablauf eines Jahre nach diesem Datum beide Unternehmen gemäß § 613 a Abs. 2 BGB gesamtschuldnerisch. …

Wird sind gesetzlich verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie gem. § 613 a Abs. 6 BGB innerhalb eines Monats nach Zugang dieses Schreibens das Recht haben, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses zu widersprechen. …

Geht nach dieser Frist kein Widerspruch bei uns ein, gehen wir davon aus, dass Sie dem Betriebsübergang zustimmen. …”

Wegen des weiteren Textes des Unterrichtungsschreibens vom 17.06.2002 wird auf den Inhalt der Kopie (Bl. 8 ff d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger führte als Mitarbeiter der D1 A1 GmbH + Co. KG sein Betriebsratsamt aufgrund des Umstandes, dass die Beklagte und die D1 A1 GmbH + Co. KG einen Gemeinschaftsbetrieb bilden, auch über den 01.07.2002 hinaus fort.

Nach dem Tarifabschluss für die Metallindustrie im Jahre 2004 wurde am 15.04.2004 zwischen der D1 A1 GmbH + Co. KG und der IG Metall, Bezirksleitung NRW, ein Haus- bzw. Änderungstarifvertrag mit Geltung für die Tariferhöhungen 2004 und 2005 vereinbart, in dem u.a. geregelt ist:

„… sind im Wege des Betriebsübergangs Arbeitsve...

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