Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Fahrtkostenabgeltung nach dem Bundesrahmentarifvertrag für das Bauhauptgewerbe für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Fahrtkostenabgeltung nach § 7 Nr. 3.1 des Bundesrahmentarifvertrages für das Bauhauptgewerbe (BRTV) vom 4. Juli 2002 in der bis zum 31. Dezember 2014 sowie der ab 1. Januar 2015 gültigen Fassung besteht für die Fahrt zum Betrieb auch dann, wenn der Betrieb Sammelstelle für die kostenlose Beförderung zur Arbeitsstelle mit einem vom Arbeitgeber gestellten Fahrzeug ist.
2. Wenn der Arbeitnehmer mit einem von ihm gestellten Fahrzeug von seiner mindestens 10 Kilometer sowohl von der Sammelstelle als auch der Arbeitsstelle entfernten Wohnung direkt zur Arbeitsstelle fährt, weil die Strecke dorthin kürzer ist als diejenige zur Sammelstelle, besteht hierfür ebenfalls ein tariflicher Anspruch auf Fahrtkostenabgeltung.
Normenkette
BRTV-Bau § 7 Nr. 3.1
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 17.06.2015; Aktenzeichen 5 Ca 185/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 17. Juni 2015 (5 Ca 185/15) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Abgeltung von Fahrkosten gemäß § 7 Nr. 3.1. Bundesrahmentarifvertrag für das Bauhauptgewerbe (im Folgenden BRTV-Bau).
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 8. Juni 2005 beschäftigt. Die Beklagte betreibt in I ein Unternehmen des Erd- und Straßenbaus. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Allgemeinverbindlichkeit der BRTV-Bau Anwendung.
Die Beklagte unterhält mehrere Baustellen im Nahbereich. Den Mitarbeitern wird eine kostenlose Beförderung vom Betriebssitz der Beklagten in I zu den jeweiligen Baustellen mit betriebseigenen Fahrzeugen angeboten. Soweit Arbeitnehmer morgens zum Betriebssitz kommen, steigen diese in die Fahrzeuge und fahren los. Die Arbeitszeit beginnt und endet auf der Baustelle. Arbeitsanweisungen oder weitere vorbereitende Arbeiten werden vor Fahrtantritt am Betriebssitz nicht durchgeführt.
Der Wohnort des Klägers liegt 30 Kilometer vom Betriebssitz der Beklagten entfernt. In den Monaten September 2014 bis Dezember 2014 fuhr er mit seinem Privatfahrzeug von seiner Wohnung zu den ihm zugewiesenen Baustellen, ohne die von der Beklagten angebotene Beförderungsmöglichkeit zu nutzen. Ebenso wenig gab es eine näher zum Wohnort des Klägers gelegene Sammelstelle zur Nutzung der Transportmöglichkeit der Beklagten bis zur Baustelle. Im Einzelnen fielen folgende Fahrten an:
Zeitraum |
Tage |
Baustelle |
Entfernung Wohnung Baustelle |
16.9.2014 bis 23.9.2014 |
7 |
H,X Straße |
10,4 km |
29.9.2014 bis 30.9.2014 |
2 |
C/X1kreuz |
16,4 km |
1.10.2014 bis 31.10.2014 |
21 |
C/X1kreuz |
16,4 km |
1.11.2014 bis 30.11.2014 |
19 |
C/X1kreuz |
16,4 km |
1.12.2014 bis 31.12.2014 |
10 |
C/X1kreuz |
16,4 km |
Mit seiner Klage hat der Kläger neben anderen Ansprüchen eine Fahrtkostenabgeltung gemäß § 7 Nr. 3.1 BRTV-Bau für die vorstehend genannten Fahrten mit seinem Privatfahrzeug zur Einsatzbaustelle verlangt. Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung dem Kläger hierfür 282,42 Euro auf der Grundlage eines Kilometergeldes von 0,30 Euro zuerkannt. Das Urteil wurde der Beklagten am 14. Juli 2015 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 27. Juli 2015 eingelegte und mit dem am 8. September 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass ein Anspruch auf Fahrkostenabgeltung gemäß § 7 Nr. 3.1. Abs. 3 BRTV-Bau stets dann nicht besteht, wenn die Möglichkeit einer kostenlosen Beförderung vom Arbeitgeber angeboten wird. Dies sei vorliegend der Fall. Die Auffassung des Arbeitsgerichts habe zur Folge, dass automatisch ein Fahrkostenabgeltungsanspruch entstehe, wenn der Arbeitnehmer mit dem eigenen Fahrzeug auf die Baustelle fahre. Dies würde Arbeitgeber wirtschaftlich völlig unzumutbar belasten.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage die angefochtene Entscheidung als zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien zur Sach- und Rechtslage wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 6. März 2015 und 17. Juni 2015 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 2. Februar 2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Monate September 2014 bis Dezember 2014 eine Fahrtkostenabgeltung gemäß § 7 Nr. 3.1 BRTV-Bau vom 4. Juli 2002 in der bis zum 31. Dezember 20...