Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Anspruchs auf Fahrtkostenabgeltung nach dem Bundesrahmentarifvertrag für das Bauhauptgewerbe für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch auf Fahrtkostenabgeltung nach § 7 Nr. 3.1 des Bundesrahmentarifvertrages für das Bauhauptgewerbe (BRTV) vom 4. Juli 2002 in der bis zum 31. Dezember 2014 sowie der ab 1. Januar 2015 gültigen Fassung besteht für die Fahrt zum Betrieb auch dann, wenn der Betrieb Sammelstelle für die kostenlose Beförderung zur Arbeitsstelle mit einem vom Arbeitgeber gestellten Fahrzeug ist.

2. Wenn der Arbeitnehmer mit einem von ihm gestellten Fahrzeug von seiner mindestens 10 Kilometer sowohl von der Sammelstelle als auch der Arbeitsstelle entfernten Wohnung direkt zur Arbeitsstelle fährt; in diesem Fall ist die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung einerseits, Betrieb oder Arbeitsstelle andererseits für die Fahrtkostenabgeltung maßgeblich.

 

Normenkette

BRTV-Bau § 7 Nr. 3.1

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 14.04.2015; Aktenzeichen 1 Ca 187/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.01.2017; Aktenzeichen 9 AZR 326/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seiner weitergehenden Berufung sowie der Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 14. April 2015 (1 Ca 187/15) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 206,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 63,00 Euro seit 28. Januar 2015, aus 99,00 Euro seit 16. Februar 2015 und aus 44,00 Euro seit 2. März 2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 45 %, die Beklagte zu 55 %.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Abgeltung von Fahrkosten gemäß § 7 Nr. 3.1. Bundesrahmentarifvertrag für das Bauhauptgewerbe (im Folgenden BRTV-Bau).

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 22. Juli 1991 als Baumaschinenführer beschäftigt. Die Beklagte betreibt in I ein Unternehmen des Erd- und Straßenbaus. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Allgemeinverbindlichkeit der BRTV-Bau Anwendung.

Die Beklagte unterhält mehrere Baustellen im Nahbereich. Den Mitarbeitern wird eine kostenlose Beförderung vom Betriebssitz der Beklagten in I zu den jeweiligen Baustellen mit betriebseigenen Fahrzeugen angeboten. Soweit Arbeitnehmer morgens zum Betriebssitz kommen, steigen diese in die Fahrzeuge und fahren los. Die Arbeitszeit beginnt und endet auf der Baustelle. Arbeitsanweisungen oder weitere vorbereitende Arbeiten werden vor Fahrtantritt am Betriebssitz nicht durchgeführt.

Der Wohnort des Klägers liegt 20 Kilometer vom Betriebssitz der Beklagten entfernt. In den Monaten Oktober 2014 bis Januar 2015 arbeitete der Kläger auf der Baustelle C/Tstraße. Im ersten Monat fuhr er mit seinem Privatfahrzeug von seiner Wohnung an 21 Tagen direkt zur von seinem Wohnort 25 km entfernt liegenden Baustelle, ohne die von der Beklagten angebotene Beförderungsmöglichkeit zu nutzen. Ebenso wenig gab es eine näher zum Wohnort des Klägers gelegene Sammelstelle zur Nutzung der Transportmöglichkeit der Beklagten bis zur Baustelle. In den Monaten November 2014 bis Januar 2015 fuhr der Kläger an insgesamt 44 Tagen zum Betriebssitz der Beklagten und wurde sodann zu der von dort 18 km entfernten Baustelle mit dem betriebseigenen Bus transportiert.

Mit seiner Klage hat der Kläger eine Fahrtkostenabgeltung gemäß § 7 Nr. 3.1 BRTV-Bau für die vorstehend genannten Fahrten mit seinem Privatfahrzeug Einsatzbaustelle bzw. dem Betriebssitz verlangt, wobei er für alle Fahrten eine Entfernung von 20 km seiner Berechnung zugrunde gelegt hat. Zunächst hat er die Zahlung von insgesamt 368,00 Euro auf der Basis eines Kilometergeldes von 0,30 Euro für die Monate Oktober bis Dezember 2014 geltend gemacht; sodann aber auf der Basis eines Kilometergeldes von 0,15 Euro für den Gesamtzeitraum noch insgesamt 206,00 Euro verlangt. Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung dem Kläger hierfür 143,00 Euro für die Monate November 2014 bis Januar 2015 zuerkannt und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Das Urteil wurde den Parteien jeweils am 28. April 2015 zugestellt. Der Kläger hat am 22. Mai 2015 Berufung eingelegt und diese mit dem nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. Juli 2015 am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat am 27. Mai 2015 Berufung eingelegt und diese mit dem am Montag, den 29. Juni 2015, bei Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage die Entscheidung als zutreffend, soweit die Beklagte verurteilt wurde, eine Fahrtkostenabgeltung zu zahlen. Für den Monat Oktober 2014 habe das Arbeitsgericht diese zu Unrecht verweigert. Der auf die Fahrt zum Betriebssitz anfallende Teil der Fahrtstrecke sei ihm ...

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