Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnungsdurchgriff bei Beherrschungsvertrag. Anpassungsprüfung bei Betriebsrente

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Bestehen eines Beherrschungsvertrages rechtfertigt einen sogenannten Berechnungsdurchgriff. Das abhängige Unternehmen kann Anpassungsansprüche seiner Betriebsrentner nicht mit der Begründung ablehnen, seine schlechte wirtschaftliche Lage sei nicht durch Weisungen der herrschenden Gesellschaft verursacht worden. Es kommt dann auf die wirtschaftliche Lage der herrschenden Gesellschaft an.

 

Normenkette

BetrAVG § 16 Abs. 1-2; AktG § 302

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 09.01.2013; Aktenzeichen 5 Ca 2251/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.03.2015; Aktenzeichen 3 AZR 739/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 09.01.2013, Az. 5 Ca 2251/12 teilweise abgeändert.

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 1.554,96 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Rechtskraft der Entscheidung in diesem Rechtsstreit zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) wird weiter verurteilt, an den Kläger künftig monatlich über 298,59 € brutto hinaus weitere 64,79 € brutto, fällig jeweils am Letzten eines jeden Monats, beginnend mit dem Monat Juli 2013, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Ersten des Folgemonats, frühestens jedoch seit Rechtskraft der Entscheidung in diesem Rechtsstreit, zu zahlen.

Die erstinstanzlichen Kosten werden dem Kläger und der Beklagten zu 1) zu je 1/2 auferlegt.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) im zweitinstanzlichen Verfahren. Die Gerichtskosten zweiter Instanz werden dem Kläger und der Beklagten zu 1) zu je 1/2 auferlegt.

Die Beklagte zu 1) trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Erhöhung der Betriebsrente des Klägers.

Der am 19. März 1939 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.04.1954 bis zum 31.05.1996 bei der PP GmbH & Comp. in M1 als Schweißer tätig. Diese Arbeitgeberin sagte ihm eine Betriebsrente gemäß den "Richtlinien über die Gewährung von Leistungen aus der Unterstützungskasse" der "Unterstützungseinrichtung der Firma PP & Comp. e. V. in M1" zu. Die Arbeitgeberin des Klägers befasste sich mit der Herstellung und dem Handel lüftungstechnischer Apparate und Anlagen. Sie war ihrerseits Mutterunternehmen der FWAGmbH in S1, der späteren GHW GmbH.

Am 25.10.1995 schlossen die PP GmbH & Comp. und der in ihrem Betrieb bestehende Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan ab. 1995 wurden zunächst 57 Arbeitsplätze abgebaut. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde mit Schreiben vom 20.10.1995 zum 31.05.1996 gekündigt. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der PP GmbH & Comp. betrug im Jahr 1995 minus 5.844.198,60 €. 1996 baute die PP GmbH & Comp. weitere 76 Arbeitsplätze ab. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit betrug in diesem Jahr minus 3.507.517,50 €. Durch formwechselnden Umwandlungsbeschluss der Gesellschafterversammlung vom 25.08.1997 wurde die PP GmbH & Comp. in die Beklagte zu 1) umgewandelt. Die Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister des Amtsgerichts Mönchengladbach erfolgte am 27.10.1997. Hauptgesellschafterin der Beklagten zu 1) ist die Beklagte zu 2). Ebenfalls am 25.08.1997 hat die Beklagte zu 1) als beherrschtes Unternehmen mit der GHK GmbH in H2 als herrschendes Unternehmen einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag mit Wirkung ab Beginn des Geschäftsjahres 1997abgeschlossen. Erstmals ab 1997 stattete die Beklagte zu 1) die Unterstützungskasse durch Zuführung von Kassenvermögen mit finanziellen Mitteln aus. In den Jahren 1997 bis 2006 war das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) negativ. Seit 1999 erfolgte durch die Beklagte zu 1) keine Produktions- oder Vertriebsleistung mehr; die Beklagte zu 1) beschäftigt seitdem keine Arbeitnehmer mehr.

Ab dem 01.04.1999 erhielt der Kläger auf der Grundlage der ihm erteilten Versorgungszulage eine monatliche Betriebsrente in seitdem unveränderter Höhe von 298,59 €.

Durch Vereinbarung vom 22. März 2002 wurde der zwischen der Beklagten zu 1) und der GHK GmbH bestehende Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag mit Wirkung zum 1. Juni 2002 aufgehoben. Am 10. September 2002 schloss die Beklagte zu 1) als beherrschtes Unternehmen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2), der G1 AG, als herrschendes Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab. Im Jahre 2007 erzielte die Beklagte zu 1) einen Unternehmensgewinn in Höhe von 293.855,58 € und im Jahre 2008 in Höhe von 743.030,08 € aus der Ergebnisübernahme der GHW GmbH. 2009 war das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) wieder negativ, nachdem in diesem Jahr die Umstellung der Pensionsbewertung von Teilwertverfahren auf das Anwartschaftsverfahren zum 31....

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