Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristete Änderung einzelner Vertragsbedingungen. Dreiwochenfrist für den Befristungskontrollantrag. Einschränkende Auslegung des § 17 Satz 3 TzBfG. Projektbefristung als rechtmäßiger Befristungsgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Befristung einzelner Vertragsbedingungen unterliegt nicht der Überprüfung nach dem TzBfG, sondern - soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen - der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB.
2. Wird die - behauptete - Rechtsunwirksamkeit einer Befristung nicht rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht, gilt die Befristung als rechtswirksam (§ 17 Satz 1 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG).
3. Im Falle einer Kalenderbefristung besteht kein Erfordernis, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schriftlich das Ende der Befristung mitteilt. § 17 Satz 3 TzBfG ist insoweit nur einschränkend auf Zweckbefristungen und auflösende Bedingungen anzuwenden.
4. Wird die Befristung des Arbeitsvertrags auf die Mitwirkung des Arbeitnehmers an einem zeitlich begrenzten Projekt gestützt und ist sein Arbeitseinsatz deshalb nur vorübergehend notwendig, erfordert dies, dass es sich bei dem Projekt um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 4, § 15 Abs. 5, § 17; BGB § 307 Abs. 1; KSchG § 7
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 24.07.2019; Aktenzeichen 5 Ca 205/19) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 24.07.2019 - 5 Ca 205/19 - wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ein zwischen ihnen begründetes Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung zum 31. Dezember 2018 geendet hat.
Die am 07. Januar 1983 geborene Klägerin ist seit dem 01. September 2010 bei der Beklagten als Laborhilfskraft mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden zu einer monatlichen Bruttovergütung von 400,00 € beschäftigt. Das ursprünglich bis zum 01. März 2011 befristete Arbeitsverhältnis wurde durch Vereinbarung der Parteien vom 28. Februar 2011 auf unbefristete Zeit verlängert. Neben ihrer Tätigkeit für die Beklagte war die Klägerin an einer Hochschule als Studentin eingeschrieben.
Das Hauptgeschäftsfeld der Beklagten, die ca. 26 Arbeitnehmer beschäftigt, besteht in der Herstellung und im Vertrieb hochwertiger Pflanzenextrakte und Trockenextrakte für die pharmazeutische und die Lebensmittelindustrie. Außerdem führt sie mit einem Vakuumbandtrockner Lohntrocknungen von pharmazeutischen und Lebensmittelgrundstoffen und Fertigprodukten durch.
Mit Zuwendungsbescheid vom 28. April 2017 erhielt die Beklagte vom Projektträger A - Forschungszentrum A GmbH Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt für das Projekt "B - Wertsteigerung von Beeren-Nebenprodukten zur nachhaltigen Produktion von hochwertigen Wirkstoffen" zugesagt. In dem auf 3 Jahre angelegten Projekt sollten nach den Antragsunterlagen ein wissenschaftlicher Mitarbeiter mit einem Personalstellenanteil von 47% (= insgesamt 17 Monate), ein Laborant mit einem Personalstellenanteil von 36% (= insgesamt 13 Monate) und ein Mitarbeiter mit verfahrenstechnischem Hintergrund mit einem Personalstellenanteil von 50% (=insgesamt 18 Monate) beschäftigt werden. Im zeitlichen Zusammenhang hiermit schlossen die Parteien einen "auf die Dauer von drei Monaten vom 01. Mai 2017 bis zum 30. September 2017" befristeten "Werkstudentenvertrag", in dem es u. a. heißt:
"...
§ 2 Status als Werkstudent
Dieses Arbeitsverhältnis ist an die Bedingung geknüpft, dass der Arbeitnehmer als Vollzeit Student immatrikuliert ist und seine letzte Prüfungsleistung noch nicht erbracht hat. Der Arbeitnehmer bestätigt, dass dies der Fall ist und er den Arbeitgeber sofort informiert, wenn sich sein beruflicher Status ändert.
Um den Status als Werkstudent zu erfüllen, wird außerdem vereinbart, dass der Werkstudent während der Studienzeit maximal 35 Stunden pro Woche arbeitet.
§ 3 Tätigkeit
Der Arbeitnehmer wird als Laborhilfskraft eingestellt und vor allem mit folgenden Arbeiten beschäftigt:
Bearbeitung des B Projektes
Anfallende Labor-Routinearbeiten
Er verpflichtet sich, auch andere zumutbare Arbeiten auszuführen - auch an einem anderen Ort -, die seinen Vorkenntnissen und Fähigkeiten entsprechen und nicht mit einer Lohnminderung verbunden sind.
...
§ 12 Zusätzliche Vereinbarungen
Während der Laufzeit des Werksvertrages wird der am 01.09.2010 geschlossene Arbeitsvertrag für geringfügig entlohnte Beschäftigte ausgesetzt.
...".
Unter dem Datum 28. September 2017 vereinbarten die Parteien eine "Änderung und Verlängerung zum Werkstudentenvertrag". Danach sollte der Vertrag "auf die Dauer von sechs Monaten vom 01.09.2017 bis zum 31.03.2018" befristet werden. Ferner wurde die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf maximal 25 Stunden festgelegt. Unter dem Datum 30. März 2018...