Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Sprachunterricht erteilenden Lehrkraft an einer Universität. Begriff des wissenschaftlichen Personals im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 2, 2 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG
Leitsatz (amtlich)
Die Erteilung von Sprachunterricht ist , wenn die Lehrtätigkeit den überwiegenden Teil der Arbeitszeit ausmacht oder das Arbeitsverhältnis prägt, dann als wissenschaftliche Dienstleistung zu werten, wenn dem Lehrenden im Rahmen der zu erbringenden Tätigkeit die Möglichkeit gegeben wird, sich mit wissenschaftlichen Methoden und Inhalten eigenständig auseinanderzusetzen.
Normenkette
WissZeitVG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Entscheidung vom 05.06.2015; Aktenzeichen 3 Ca 386/15) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 05.06.2015 - 3 Ca 386/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen für die Beklagte.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung.
Der Kläger steht nunmehr seit dem Jahr 2008 in unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen zu der Beklagten. Zunächst erhielt er für das Wintersemester 2008/2009 mit Schreiben vom 29.01.2009 einen Lehrauftrag im Fachzentrum für Sprachlehre an der Universität Q im Umfang von 120 Einzelstunden (vgl. Blatt 6 d. A.).
Ab dem 01.04.2009 steht er als Lehrkraft für besondere Aufgaben gemäß § 42 Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen (HG NRW) jeweils mit befristeten Verträgen in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten, zuletzt aufgrund des Arbeitsvertrages vom 19.07.2012 für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 31.03.2015. Der Kläger erzielte zuletzt eine durchschnittliche Bruttovergütung in Höhe von 3.937,21 €. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung. Gemäß § 1 des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrages erfolgte die Befristung gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 S. 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) (vgl. Blatt 7 d. A.). Zudem war vereinbart, dass die Dienstaufgaben des Klägers zugleich seiner wissenschaftlichen Weiterbildung dienen sollten (vgl. Anlage zum Arbeitsvertrag vom 19.07.2012 Bl. 8 d. A.). Während seiner Tätigkeit hat der Kläger am 30.05.2014 an der spanischen Universität B über das Thema "Lernstrategie für die Erarbeitung und Produktion mündlicher expositiver und narrativer Diskurse im Bereich Spanisch als Fremdsprache" promoviert.
Der Kläger führte für die Beklagte die Lehrveranstaltungen Espanol I, II und III sowie Espanol V durch. Es handelt sich dabei um Module des wirtschaftswissenschaftlichen Studiengangs "International Business Studies" (IBS). Weitere fremdsprachliche Module im Rahmen dieses Studiengangs werden in Englisch und Französisch angeboten. Die Belegung von zwei Fremdsprachenmodulen ist für Studierende des Studiengangs IBS verpflichtend. Noch während des zuletzt laufenden Arbeitsvertrages teilte die Beklagte auf mündliche Nachfrage des Klägers mit, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.03.2015 hinaus nicht fortgesetzt würde. Eine Entfristung lehnte die Beklagte ab.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit der beim Arbeitsgericht Paderborn am 02.03.2015 eingegangenen Klage.
Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 S. 1 WissZeitVG sei unwirksam, da er nicht zum wissenschaftlichen Personal gehöre. Er sei eine reine Lehrkraft für Spanisch, die eine unterrichtende Tätigkeit im Bereich des Wirtschaftsspanisch ausgeführt habe. Im ersten und zweiten Semester habe er die Einführung in die spanische Sprache ohne Vorkenntnisse unterrichtet und dabei Grammatik, Aussprache und schriftliche Kompetenzen unterrichtet. Im dritten Semester sei eine Vertiefung und Erweiterung der erworbenen Sprache unterrichtet worden. Insbesondere habe er die Grammatik in Verbindung mit den wirtschaftlichen Begriffen gelehrt. Im 6. Semester würden sodann durch praktische und theoretische Übungen die erworbenen Sprachkenntnisse angewandt und vertieft werden. Die Studenten würden hier die zielgerichtete Kommunikation üben. Die Vermittlung von Sprachkenntnissen stelle keine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne des WissZeitVG dar. Bei der Beurteilung, ob der Kläger als wissenschaftliches Personal zu beurteilen sei, komme es nicht auf die formale Bezeichnung, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der auszuführenden Tätigkeiten an. Wissenschaftliche Tätigkeit sei nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern und zu erweitern. Weder der Kläger noch die weiteren tätigen Sprachdozenten würden wirtschaftswissenschaftliche Thematiken des Studienganges IBS unterrichten. Insoweit hätten sie auch keine entsprechende Ausbildung. Sie würden die Studenten auch weder in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden unterweisen noch wissens...