Entscheidungsstichwort (Thema)

AGB. Provision. Rückzahlung. unzulässige Rechtsausübung. Vorschuss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, wonach ein nicht ins Verdienen gebrachter Provisionsvorschuss zurückzuzahlen ist, unterliegt keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2, § 308, 309 BGB, da es sich um keine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung handelt (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).

2. Zur Frage der unzulässigen Rechtsausübung der Rückforderung eines Provisionsvorschusses durch den Unternehmer/Arbeitgeber, wenn der zu erstattende Saldo durch eine Verletzung der Förderungs- und Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Vermittlungstätigkeit des Provisionsempfängers mit entstanden ist.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 15.01.2008; Aktenzeichen 1 Ca 1780/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 15. Januar 2008 (1 Ca 1780/07) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.739,37 Euro nebst Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4. September 2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Arnsberg entstandenen Kosten trägt die Klägerin. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 5.545,22 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung, auf Rückzahlung eines Provisionsvorschusses sowie Auslagenerstattung.

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich mit der Beratung für Versicherungen, Vermögensanlagen und Finanzierungen aller Art sowie deren Vermittlung befasst. Der Beklagte war vom 1. Juli 2003 bis 30. April 2004 als „Consultant” sie tätig. Grundlage war ein unter dem 5. Mai 2003 abgeschlossener M1-Consultantvertrag (nachfolgend M1-Vertrag genannt), der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

§ 1 Gegenstand des Vertrages

1 Der Consultant ist tätig als selbständiger Gewerbetreibender i.S.v. §§ 84 ff. HGB.

2 Die Tätigkeit des Consultant umfaßt die Beratung der M1-Kunden über sowie die Vermittlung von M1-Dienstleistungen und von Finanzprodukten, die von M1 freigegeben sind, in dem durch seine Zielgruppenspezifikation und seinen jeweiligen Ausbildungsstand ausgegebenen Rahmen.

3 Der Consultant ist frei in der Bestimmung des Ortes und der Zeit seiner Tätigkeit. Insbesondere vereinbart er eigenverantwortlich die Termine mit den von ihm betreuten Kunden. Der Consultant ist der Geschäftsstelle B3 Vzugeordnet.

§ 2 Verpflichtungen des Consultant

1 Der Consultant darf während der Vertragszeit nur – hauptberuflich – für M1 tätig sein und die M1-Dienstleistungen und die von M1 freigegebenen Finanzprodukte vermitteln. Die Dienstleistungen und Finanzprodukte sind in der Provisionsordnung aufgeführt. Eine Beteiligung – gleichgültig welcher Art – an Konkurrenzunternehmen ist ihm untersagt. Ausgenommen hiervon ist die Beteiligung durch den Erwerb börsengängiger Aktien.

2 Der Consultant hat seine Dienste in Person und mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu erbringen.

§ 5 Alle Kunden, die der Consultant im Rahmen seiner M1-Tätigkeit gewinnt oder übertragen bekommt, sind Kunden von M1 und ihm lediglich zur Beratung und Betreuung anvertraut. Der Consultant respektiert, wenn Kunden der Beratung und Betreuung anderer M1 Consultants anvertraut sind. Scheidet der Consultant aus, überträgt M1 die Kunden des ausscheidenden Consultant und deren Verträge auf andere Consultants.

§ 4 Gewährleistung des Beratungsstandards

1 M1 verpflichtet sich, dem Consultant zur dauerhaften Gewährleistung des hohen Beratungsstandards die hierfür erforderliche fachliche Unterstützung, insbesondere Aus- und Weiterbildung zur Verfügung zu stellen.

2 Der Consultant hat zur Sicherstellung des M1-Beratungsstandards die ihm von M1 zur Verfügung gestellten Aus- und Weiterbildungsangebote wahrzunehmen.

3 Der Consultant darf die Beratung der Kunden nur so weit vornehmen, wie es sein Ausbildungs- und Wissensstand zulässt. Maßgeblich hierfür ist die M1 Ausbildungsordnung in der jeweils aktuellen Fassung, die diesem Vertrag in der Anlage beigefügt ist. Die aktuelle Fassung kann jederzeit im M1-Intranet eingesehen werden.

Zuwiderhandlungen gegen die Ausbildungsordnung hat in jedem Fall zur Folge, dass M1 bei Fehlberatung den Consultant im Innenverhältnis in Regress nimmt.

4 Der Consultant verwendet für seine Tätigkeit ausschließlich die ihm von M1 zur Verfügung gestellten Unterlagen und EDV-Programme.

§ 6 Vergütung

1 Der Consultant erhält für seine Tätigkeit Vergütungen in Form von Provisionen und Honoraren. Der Consultant bezieht Provisionen und Honorare ausschließlich über M1.

2 Hinsichtlich der Provisionen und Honorare gilt die Provisionsordnung für Consultants, welche in ihrer derzeit geltenden Fassung diesem Vertr...

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