Entscheidungsstichwort (Thema)

AGB. Provision. Rückzahlung. Verwirkung. Vorschuss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, wonach ein nicht ins Verdienen gebrachter Provisionsvorschuss zurückzuzahlen ist, unterliegt keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2, § 308, 309 BGB, da es sich um keine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung handelt (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).

2. Streiten sich die Parteien innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB etwa ein Jahr lang außergerichtlich über die Berechtigung einer Forderung, führt eine rund 19 monatige Untätigkeit des Gläubigers bis zur erneuten Geltendmachung der Forderung allein nicht zur Verwirkung nach § 242 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Urteil vom 06.03.2008; Aktenzeichen 3 Ca 2015/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 6. März 2008 (3 Ca 2015/07) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.074,75 Euro nebst Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.590,61 Euro seit 1. Januar 2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 13,5 % und der Beklagte zu 86,5 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Streitwert wird auf 5.408,43 Euro festgesetzt.

Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen.

Der Beklagte war bei der Klägerin, einem Unternehmen für Finanzdienstleistungen (Beratung für Versicherungen, Vermögensanlagen und Finanzierungen aller Art sowie deren Vermittlung) in der Zeit vom 1. Oktober 2003 bis 20. März 2004 als „Consultant” beschäftigt. Grundlage war der unter dem 19. September 2003 abgeschlossene M1-Consultantvertrag (nachfolgend M1-Vertrag). Danach war der Beklagte als selbständiger Gewerbetreibender für die Klägerin tätig. Zur Vergütung enthielt der Vertrag folgende Regelung:

§ 6 Vergütung

1 Der Consultant erhält für seine Tätigkeit Vergütungen in Form von Provisionen und Honoraren. Der Consultant bezieht Provisionen und Honorare ausschließlich über M1.

2 Hinsichtlich der Provisionen und Honorare gilt die Provisionsordnung für Consultants, welche in ihrer derzeit geltenden Fassung diesem Vertrag beigefügt ist. M1 ist berechtigt, aus betrieblichen oder geschäftlichen Gründen Änderungen und/oder Anpassungen der Provisionsordnung vorzunehmen. Eine Änderung und/oder Anpassung der Provisionsordnung ist dem Mitarbeiter mitzuteilen; die jeweilige Neuregelung wird zum 30. des darauffolgenden Monats wirksam. Die jeweils aktuelle Provisionsordnung kann im M1-Intranet eingesehen werden.

3 Die Abgabe von Provisionen an Kunden ist untersagt. Das gleiche gilt für die Abgabe von Untervermittlungsprovisionen an Dritte.

4 Provisionen und gegenzurechnende Forderungen von M1 werden in monatlich dem Consultant zugehenden Kontoauszügen erfasst. Der jeweilige Saldo ist vom Consultant anerkannt, wenn nicht spätestens zum 30. des darauffolgenden Monats Widerspruch erhoben wird.

5 M1 stellt dem Consultant für längstens 3 Jahre einen monatlichen pauschalen Vorschuss auf die zu verdienenden Provisionen als zunächst zinsloses Darlehen in Höhe von 2.400,00 Euro zur Verfügung. Das Darlehen wird dem Consultant von M1 gewährt, um ihn bei der Existenzgründung finanziell zu unterstützen. Die vereinbarten Vorschusszahlungen werden nur solange gewährt, wie sie dem Zielt der Aufnahme einer eigenen Existenzgründung als selbständiger M1-Consultant dienen.

6 Der Vorschuss wird jeweils abzüglich der im § 8 Abs. 2 definierten Aufwendungen ausgezahlt, soweit diese von M1 verauslagt wurden. Der Saldo aus den als Darlehen gewährten Provisionsvorschüssen und gegengerechneten Provisionseinnahmen wird auf insgesamt 30.000,00 Euro begrenzt. Bei Überschreiten dieses Höchstbetrages ist M1 unter anderem berechtigt, die Provisionsvorschüsse einzustellen.

7 Die Rückführung des Darlehens erfolgt durch Verrechnung mit den tatsächlich verdienten Provisionen. Wenn der aufgelaufene Provisionsvorschuss mit durch verdiente Provisionen vollständig zurückgeführt ist, entfällt der Provisionsvorschuss mit dem darauffolgenden Monat.

8 Mit Ablauf von zwei Jahren nach Vertragsbeginn ist ein dann noch nicht zurückgeführtes Darlehen mit drei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu verzinsen.

9 Wird der Consultant durch Krankheit oder Berufsunfähigkeit an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert, so endet die Weiterzahlung des Vorschusses nach vier Wochen.

10 Im Falle seines Ausscheidens ist der Consultant verpflichtet, 50 % eines noch bestehenden Provisionsvorschusssaldos zurückzuzahlen. Der Rückzahlungsanspruch wird mit Ausscheiden des Consultant fällig. Er ist nach Fälligkeit mit drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

11 Als Gegenleistung für d...

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