Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeine Geschäftsbedingung. Karenzentschädigung. Transparenz-Kontrolle. Unklarheitenregel. Wettbewerbsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Wettbewerbsverbote, die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Arbeitsvertrages enthalten sind, unterliegen der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
2. Auch die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB findet Anwendung. Deshalb kann die formularmäßig formulierte Zusage einer Karenzentschädigung, die auch als Zusage einer niedrigeren als der gesetzlichen Karenzentschädigung verstanden werden kann, zur Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots führen.
Normenkette
BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1 S. 2; HGB § 74 ff
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 16.04.2008; Aktenzeichen 3 Ca 453/08) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 16. April 2008 (3 Ca 453/08) wird auf seine Kosten bei unverändertem Streitwert zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbots.
Der Kläger war auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 23. November 2000 bei der Beklagten als Personalreferent tätig. Ab dem 1. August 2004 wurde er als Verkaufsleiter im Vertriebsbereich Solartechnik beschäftigt. Neben seiner Grundvergütung erhielt der Kläger variable Vergütungen, durchschnittlich verdiente er monatlich in den Jahren 2005 bis 2007 9.289,97 Euro brutto. Mit dem Wechsel der Tätigkeit vereinbarten die Parteien einen neuen, von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag vom 1. August 2004 (wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 26 ff. d.A.). Dieser enthält folgendes Wettbewerbsverbot:
Wettbewerbsvereinbarung
Herr P1 verpflichtet sich, auch zwei Jahre nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht in selbständiger, unselbständiger oder in sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit S4 im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. Herr P1 wird nicht an der Gründung eines solchen Unternehmens mitzuwirken, sich nicht an ihm zu beteiligen und ihm nicht mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit der S4 verbundenen Unternehmen.
Während der Dauer dieses Wettbewerbsverbotes zahlt S4 nach Maßgabe der gültigen gesetzlichen Bestimmungen des Handelsgesetzbuches monatlich die Hälfte der bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses zuletzt bezogenen Vergütungen.
Herr P1 muss sich anderweitigen Erwerb nach Maßgabe von § 74 c HGB auf die Entschädigung anrechnen lassen. Herr P1 wird S4 mitteilen, ob und in welcher Höhe er anderweitige Einkünfte bezieht. Auf Verlangen sind die Angaben zu belegen.
Unbeschadet seines Rechts, die Einhaltung der Wettbewerbsabrede zu verlangen, kann S4 anstelle eines Schadensersatzes auch eine Konventionalstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgeltes für jeden angefangenen Monat und für jeden Fall der Zuwiderhandlung verlangen. Bei einem fortgesetzten Verstoß ist die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat von neuem fällig.
Die Wettbewerbsabrede tritt 12 Monate nach Übernahme der Tätigkeit als Verkaufsleiter in Kraft, soweit das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht durch eine der beiden Parteien gekündigt worden ist.
Die Wettbewerbsabrede endet – ohne dass es einer besonderen Kündigung bedarf – bei Eintritt von Herrn P1 in den vorgezogenen oder endgültigen Ruhestand.
Für diese Wettbewerbsabrede und die Karenzentschädigung gelten alle gültigen gesetzlichen Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (HGB).
Der vorherige Arbeitsvertrag (vgl. Kopie Bl. 22 ff. d.A.) enthielt ein solches Wettbewerbsverbot nicht. Mit Schreiben vom 6. August 2007 (Bl. 32 d.A.) kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31. Dezember 2007. Für die Zeit ab 14. August 2007 vereinbarten die Parteien die Übernahme einer anderen Aufgabe. Mit einer E-Mail vom 14.Dezember 2007 (Bl. 49 d.A.) an die Mitarbeiterin B3 der Beklagten teilte der Kläger dieser Folgendes mit:
Wie soeben telefonisch besprochen, beantrage ich hiermit ab dem 01.01.2008 die im Arbeitsvertrag vereinbarte Karenzentschädigung gemäß HGB.
Seit dem 1. Januar 2008 betreibt der Kläger unter der Firma a3-c1 eine Personal- und Unternehmensberatung. Mit Schreiben vom 22. Januar 2008 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er das Wettbewerbsverbot für unverbindlich betrachte und hierzu eine Feststellungsklage einreichen werde. Zunächst werde er sich jedoch an die Beschränkungen aus dem unverbindlichen Wettbewerbsverbot halten. Im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit des Klägers zahlt die Beklagte derzeit 80 % des möglichen Anspruchs auf Karenzentschädigung, nach ihren Berechnungen 3.764,– Euro brutto monatlich.
Mit seiner am 15. Februar 2008 beim Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots verlangt. Aus der Formulierung der Zusage für die Karenzentschädigung folge, dass für die Berechnung auf den Monat statt wie gesetzlic...