Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld nach § 8 Abs. 2 MTV in Höhe von 50% der Vergütungsgruppe 9. Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes nach Anlage 1 zum Entgelttarifvertrag. Auslegung einer tarifvertraglichen Regelung nach denen eines Gesetzes

 

Leitsatz (amtlich)

Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes bei provisionsabhängiger Vergütung, Ermittlung des Referenzentgeltes

 

Normenkette

MTV Kraftfahrzeuggewerbe Niedersachsen § 8 Abs. 2 Fassung: 2008-04-18; GG Art. 3 Abs. 1; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Entscheidung vom 26.04.2021; Aktenzeichen 2 Ca 1587/20)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 26.04.2021 - 2 Ca 1587/20 - wird ebenso zurückgewiesen wie die Anschlussberufung des Klägers.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 29 % und der Kläger zu 71 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des Urlaubsgeldanspruchs für das Jahr 2020 nach den Regelungen des Manteltarifvertrages für die Beschäftigten des Kraftfahrzeuggewerbes im Land Niedersachsen.

Streitig ist die Frage der Auslegung der tariflichen Bestimmung für die Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes und hier insbesondere die Frage, ob für die Berechnung als Referenzentgelt das individuelle Entgelt der als Verkäufer mit umsatzabhängiger Vergütung beschäftigten Arbeitnehmer zugrunde zu legen ist, das Tarifentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers oder das Entgelt des Arbeitnehmers, mit der höchsten tariflichen Vergütung im Betrieb.

Der Kläger ist seit mehr als 12 Monaten bei der Beklagten als Verkäufer für Personenkraftwagen beschäftigt. Die Vergütung umfasst, neben einem Verkäuferfixum von 511,29 Euro, im Wesentlichen Provisionszahlungen und Verkaufsprämien.

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Zwischen der IG Metall und der Beklagten gilt kraft Anerkennungstarifvertrag der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten des Kraftfahrzeuggewerbes im Land Niedersachsen vom 18. April 2008, gültig ab dem 01.Apüril 2008 (im Folgenden MTV, Bl. 16 - 37 d.A.).

Dieser regelt in § 8 den Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld und enthält hierzu die nachfolgend auszugsweise aufgeführten Regelungen:

"§ 8 Zusätzliches Urlaubsgeld

1.

Jeder Beschäftigte erhält nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit (einschließlich der Ausbildungszeit) ab dem 7. Monat ein zusätzliches Urlaubsgeld. Dieses beträgt 50 % des Urlaubsentgelts.

2.

Die Berechnungsbasis für das zusätzliche Urlaubsgeld für Beschäftigte, die neben einem Fixum Provision und Verkaufsprämien (ausgenommen Sonderaktionen) beziehen, soll nicht höher sein als das höchste Tarifentgelt eines Tarifbeschäftigten des gleichen Betriebes.

3. (...)"

Wegen der weiteren Regelungen wird auf das zur Akte gereichte Exemplar des MTV Bezug genommen.

Die Beklagte beschäftigt in dem Betrieb des Klägers auch Mitarbeiter mit der Entgeltgruppe 8 und 9.

Die Beklagte zahlte das Urlaubsgeld in der Vergangenheit stets mit der Abrechnung im Monat Mai des jeweiligen Jahres. Der Kläger erzielte in den vorangegangenen zwölf Kalendermonaten eine ständige Verkaufssumme und Provisionszahlung von Euro 83.792,50. Bei dieser ergibt sich nach den tariflichen Regelungen ein tägliches Urlaubsentgelt von 335,15 € (Abrechnung für den Monat Mai 2020' Bl. 13 d.A.), wovon der Kläger 50% pro Urlaubstag, somit 167,59 € brutto zugrunde legt, was bei 30 Urlaubstagen einen Betrag von 5.027,55 € brutto ergibt.

Mit Schreiben vom 13.8.2020 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung des zusätzlichen Urlaubsgeldes in dieser Höhe auf. Mit der Abrechnung für den Monat Oktober 2020 rechnete die Beklagte einen Betrag in Höhe von Euro 2.624,29 brutto als Urlaubsgeld ab. Hierbei legte sie die als Referenzentgelt die Vergütung eines Beschäftigten der EG 7 in der bis 31.05.2020 geltenden Höhe zugrunde.

Nach der Anlage 1) des Entgeltrahmentarifvertrages vom 10. Dezember 2013 (Bl. 100 - 108 sowie Bl. 72 d.A.) betrug das Entgelt der EG 9 bis zum 31.05.2020 4.531,00 € und ab dem 01.06.2020 4.649,00 €. Der an den Kläger in diesem Fall zu zahlende Gesamtbetrag an zusätzlichem Urlaubsgeld beliefe sich auf 3.236,43 € brutto bzw. 3.320,71 € brutto.

Mit seiner am 17.11.2020 beim Arbeitsgericht Rheine eingegangenen und der Beklagten am 25.11.2020 zugegangenen Klage begehrte der Kläger die Zahlung restlichen Urlaubsgeldes in Höhe von Euro 2.403,26 brutto.

Er hat die Auffassung vertreten, Grundlage für die Berechnung des Urlaubsgeldes sei die Verkaufssumme und Provisionszahlung der letzten zwölf Monate, mithin beim Kläger ein Betrag von Euro 83.792,50 brutto. Unter Berücksichtigung der Berechnungsvorschriften und der bereits erfolgten Zahlung der Beklagten ergebe sich der geltend gemachte Zahlungsanspruch. Die Regelung in § 8 Ziffer 2. des MTV sei nicht geeignet eine verbindliche Kappungsgrenze bezüglich des zusätzlichen Urlaubsgeldes zu begründen. Durch die Verwendung des Wortes "soll" werde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Regelung keine Kürzung ...

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