Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Rückwirkung des Tarifvertrags zur Anpassung des Ortszuschlags für die Beschäftigten der Arbeiterwohlfahrt in Nordrhein-Westfalen vom 05.01.2008 auf den 01.10.2005
Leitsatz (redaktionell)
1. Der TVöD-VKA kennt keinen Anspruch auf Zahlung eines Ortszuschlags.
2. Wenn ein Tarifvertrag einen anderen Tarifvertrag ablöst, gilt kraft des Ordnungsprinzips die neue Regelung (sog. Zeitkollisionsregel), auch wenn die bisherigen tarifvertraglichen Normen für den Arbeitnehmer günstiger waren als die neuen. Tarifvertragsparteien sind nicht gehindert, das Inkrafttreten eines Tarifvertrags auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt zu datieren.
Normenkette
TVG § 1; ÜbgTV Bund West § 2; BMT-AW II §§ 23b, 26 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 21.02.2007; Aktenzeichen 10 Ca 5180/06) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 5 AZR 302/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 21.02.2007 – 10 Ca 5180/06 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des Ehegattenortszuschlages.
Der am 26.11.1966 geborene Kläger ist seit dem 01.05.1997 bei dem Beklagten, einem nicht eingetragenen Verein der Arbeiterwohlfahrt, als Erzieher beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 16.04.1997 (Bl. 7, 8 d.A.) finden auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen und Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt mit den dazu ergangenen und noch ergehenden Zusatzbestimmungen Anwendung.
Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung war der Kläger Mitglied der Gewerkschaft ver.di und der Beklagte Mitglied des Arbeitgeberverbandes AWO Deutschland e.V.
Bis zum 31.03.2004 galt der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (BMT-AW II). Gemäß § 23 (1) BMT-AW II bestand die Vergütung des Angestellten aus der Grundvergütung (§ 24) und dem Ortszuschlag (§ 26).
In § 26 BMT-AW II war der Ortszuschlag wie folgt geregelt:
(1) Für den Ortszuschlag gelten die Bestimmungen der §§ 29 und 32 Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach der jeweiligen Vergütungsgruppe und nach der für den einzelnen Familienstand vorgesehenen Stufe.
(3) Der Ortszuschlag wird nach der dem Vergütungs- und Lohntarifvertrag beigefügten Tabelle gewährt.
§ 29 BAT lautet im Auszug wie folgt:
B. Stufen des Ortszuschlages
…
(2) Zur Stufe 2 gehören:
1. verheiratete Angestellte
….
(5) Steht der Ehegatte eines Angestellten als Angestellter, Beamter, Richter oder Soldat im öffentlichen Dienst oder ist er aufgrund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen versorgungsberechtigt und stünde ihm ebenfalls der Familienzuschlag der Stufe 1 oder einer der folgenden Stufen, der Ortszuschlag der Stufe 2 oder einer der folgenden Stufen oder eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse zu, erhält der Angestellte den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des für ihn maßgebenden Ortszuschlags zur Hälfte;
…
Am 23.12.2004 schlossen ver.di und u.a. der Arbeiterwohlfahrt-Bundesverband e.V. mit Vollmacht für sämtliche Gliederungen der Arbeiterwohlfahrt in dem Teil der Bundesrepublik Deutschland und Berlins, in dem bereits vor dem 03.10.1990 das Grundgesetz galt, einen Übergangstarifvertrag (ÜbgTV Bund West) u.a. mit folgendem Inhalt:
Präambel
Die Tarifvertragsparteien verfolgen mit dem Abschluss dieses Übergangstarifvertrages vorrangig folgende Ziele:
Zum einen soll für die gegenwärtig und zukünftig Beschäftigten in den Gliederungen der Arbeiterwohlfahrt wieder ein Flächentarifvertrag die rechtliche Grundlage für die Regelungen ihres Arbeitsverhältnisses sein. Der Übergangstarifvertrag symbolisiert die Verantwortung und Partnerschaft aller Beteiligten.
Zum anderen soll die Laufzeit des Übergangstarifvertrages genutzt werden, um über einen Reform-Tarifvertrag zu verhandeln, der sowohl den Interessen der Beschäftigten als auch den geänderten Rahmenbedingungen in der Wohlfahrtpflege Rechnung trägt.
§ 1
Ersetzungsvereinbarungen
Dieser Tarifvertrag ersetzt die folgenden, bis zum 31.03.2004 geltenden Tarifverträge:
Bundes-Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt – BMT-AW II
….
Alle in den Ziffern 1 bis 8 genannten tarifvertraglichen Bestimmungen entfallen.
§ 2
Geltungsbereich, Inhalts-, Änderungs- bzw. Ergänzungsvereinbarungen
Der normative Inhalt dieses Übergangstarifvertrages bestimmt sich nach dem Text der ehemaligen Bestimmungen der in § 1 genannten Tarifverträge in ihren jeweils am 31.03.2004 gültigen Fassungen mit den nachfolgenden Änderungen bzw. Ergänzungen.
…
9. Die Tarifvertragsparteien vereinbaren die umgehende Aufnahme von Verha...