Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Arbeitsvertrages hinsichtlich eines Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung
Leitsatz (amtlich)
Enthält der Arbeitsvertrag neben einem Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigungszusage eine salvatorische Ersetzungsklausel, kann diese zu einem wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe führen.
Normenkette
HGB § 74 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Entscheidung vom 27.11.2014; Aktenzeichen 4 Ca 1218/14) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 27.11.2014, Az. 4 Ca 1218/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Karenzentschädigung.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Kühl- und Gefriertechnik und Lieferant für steckerfertige Kühlgeräte. Von verschiedenen Herstellern werden weltweit in Lizenz für die Beklagte Produkte gebaut, die die Beklagte unter dem Markennamen "F" international vertreibt. An ihrem Betriebssitz in F1 beschäftigt die Beklagte ca. 15 Mitarbeiter.
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 26.05.2008 bis zum 31.12.2013 aufgrund Anstellungsvertrages vom 20.05.2008 (Bl. 12 ff. d.A.) als Industriekauffrau beschäftigt. Der Arbeitsvertrag, der von Rechtsanwälten der Beklagten ausgearbeitet worden ist, enthält unter anderem folgende Regelungen:
§ 10 Wettbewerbsverbot
(1) Der Mitarbeiterin ist es untersagt, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung dieses Vertrages in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Firma in direktem und indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es der Mitarbeiterin untersagt, während der Dauer dieses Verbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten von mit der Firma verbundenen Unternehmen.
(2) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot hat die Mitarbeiterin eine Vertragsstrafe in Höhe von € 10.000,00 zu zahlen. Im Fall eines Dauerverstoßes wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens bleibt vorbehalten.
(3) Das Wettbewerbsverbot gilt auch mit einem Rechtsnachfolger des Betriebes, insbesondere geht es bei einer Veräußerung auf den Erwerber über. Der Arbeitnehmer ist mit dem Übergang der Rechte aus dieser Vereinbarung auf den Rechtsnachfolger einverstanden.
(4) Das Wettbewerbsverbot tritt nicht in Kraft, wenn die Mitarbeiterin bei ihrem Ausscheiden das 65. Lebensjahr vollendet oder das Arbeitsverhältnis weniger als ein Jahr bestanden hat.
(5) Die Mitarbeiterin hat von der Gesellschaft eine vollständige Abschrift dieser Vereinbarung erhalten.
§ 11 Geheimhaltung
Die Mitarbeiterin ist verpflichtet, gegenüber Dritten über alle Angelegenheiten der Gesellschaft und ihren Beteiligungsgesellschaften strengstes Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung besteht auch nach dem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft. Sollte die Mitarbeiterin gegen ihre Geheimhaltungspflicht verstoßen, hat die Gesellschaft gegen die Mitarbeiterin auf Ersatz des dadurch entstehenden Schadens.
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§ 14 Nebenbestimmungen
(1) Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages einschließlich dieser Bestimmung selbst sind nur wirksam, wenn sie schriftlich abgeschlossen oder schriftlich wechselseitig bestätigt worden sind.
(2) Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein, so soll dadurch der Vertrag im Übrigen in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt werden. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss dieses Vertrages die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.
Mit Zusatzvereinbarung vom 12.08.2008 (Bl.19 d.A.) vereinbarten die Parteien eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin sowie, dass sich ihr Hauptaufgabenbereich voraussichtlich auf telefonische Aquise (ca. 50%), Telefondienst und Logistik verlagern wird. Die Klägerin bezog zuletzt eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung i.H.v. 1.209,38 €. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch eine ordentliche Kündigung der Klägerin vom 11.11.2013 zum 31.12.2013.
Mit Schreiben vom 25.03.2014 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Zahlung einer Karenzentschädigung zunächst für die Monate Januar und Februar 2014 geltend. Mit Schreiben vom 31.03.2014 (Bl. 24 d.A.) und 09.04.2014 (Bl. 25 d.A.) wies die Beklagte den Anspruch der Klägerin zurück mit der Begründung, dass das vereinbarte Wettbewerbsverbot nichtig sei, da zwischen den Parteien keine Karenzentschädigung vereinbart worden...