Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagefrist. Zustimmung einer Behörde. Unbekannte Schwangerschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Voraussetzung für die Anwendung des § 4 S. 4 KSchG ist die Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft bei Zugang der Kündigung.
2. Lediglich bei Wahrung der Klagefrist sieht § 6 KSchG vor, dass sich der Arbeitnehmer dann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung der ersten Instanz auch auf Gründe zur Unwirksamkeit der Kündigung berufen kann, die er nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist geltend gemacht hat.
Normenkette
KSchG §§ 4, 6
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Urteil vom 16.07.2008; Aktenzeichen 5 Ca 2207/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 16.07.2008 – 5 Ca 2207/07 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund zweier arbeitgeberseitiger Kündigungen.
Die am 08.11.1979 geborene Klägerin ist ledig und mittlerweile zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet.
Sie war seit dem 01.06.2001 als Altenpflegerin bei der Beklagten beschäftigt.
Grundlage der Beschäftigung sind ein schriftlicher Vertrag vom 15.05.2001, der eine Befristung bis zum 31.12.2001 vorsah und eine Vereinbarung Nr. 1 zum Vertrag vom 15.05.2001, nach der das Dienstverhältnis ab dem 01.01.2002 in ein unbefristetes Dienstverhältnis umgewandelt wurde.
Die Klägerin bezog zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.493,88 EUR brutto.
Im Monat September 2007 sprach die Beklagte gegenüber einer Reihe von Mitarbeiterinnen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.
Ob der Klägerin ein Kündigungsschreiben der Beklagten vom 24.09.2007 zugegangen ist, ist unter den Parteien streitig.
Die Klägerin war seit dem 15.09.2007 schwanger.
Mit Schreiben vom 08.11.2007 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten, sie erhebe Einspruch über die Kündigung vom 01.10.2007, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger gewesen sei.
Mit Schreiben vom 15.11.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2007. In diesem Schreiben wies die Beklagte daraufhin, dass der Ausspruch der Kündigung vorsorglich erfolge und nicht die Wirksamkeit der am 24.09.2007 ausgesprochenen Kündigung berühre.
Gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigungen der Beklagten vom 24.09. und 15.11.2007 wendet sich die Klägerin mit der unter dem 16.11.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Die Kündigung vom 15.11.2007, so hat die Klägerin die Auffassung vertreten, sei unwirksam, da sie zum Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung schwanger gewesen sei und der Beklagten die Schwangerschaft auch bekannt gewesen sei. Eine Zustimmung der maßgeblichen Behörde liege, insoweit unstreitig, nicht vor.
Hinsichtlich einer Kündigung mit Schreiben vom 24.09.2007 hat die Klägerin zum einen die Auffassung vertreten, die Klagefrist sei nach § 4 Satz 4 KSchG gewahrt, da auch im Bezug auf diese Kündigung, insoweit unstreitig, eine Zustimmung der maßgeblichen Behörde nicht vorliege.
Einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung hat die Klägerin mit der Klageschrift ursprünglich gestellt, sodann mit Schriftsatz vom 12.03.2008 erklärt, ihn nicht zu stellen und hat ihn sodann im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.05.2008 erneut gestellt.
Zu einer Kündigung vom 24.09.2007 hat die Klägerin zuletzt bestritten, eine solche erhalten zu haben.
Nachdem die Klägerin mit dem ursprünglichen Klageantrag zu 1) auch die Feststellung begehrt hatte, dass das Arbeitsverhältnis durch schriftliche Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst worden ist und hierzu ausgeführt hat, die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis zweimal gekündigt, ein Kündigungsschreiben datiere von Oktober, ein weiteres vom 15.11.2007, das erste Kündigungsschreiben liege nicht vor, diese Anlagen würden kurzfristig zur Gerichtsakte nachgereicht, hat die Klägerin sodann im Gütetermin vom 18.02.2008 erklärt, aufgrund psychischer Störungen, die zu einem stationären Aufenthalt seit Mitte September 2007 geführt haben, liege ihr ein solches Kündigungsschreiben nicht vor.
Zuletzt hat die Klägerin erklärt, ein solches Kündigungsschreiben sei ihr im Kalendermonat September 2007 nicht zugegangen. Außerhalb der weiteren Kündigung vom 15.11.2007 habe sie keine weiteren Kündigungsschreiben von Seiten der Beklagten erhalten.
Darlegungs- und beweispflichtig für den Zugang einer solchen Kündigung sei die Beklagte.
Sie habe sich lediglich telefonisch bei der Beklagten erkundigt, ob auch sie unter den gekündigten Arbeitnehmern sei, da die Beklagte mehreren Arbeitnehmern im Monat September 2007 gekündigt habe. Dies sei ihr durch die Personalverwaltung der Beklagten bestätigt worden.
Ihr Schreiben vom 08.11.2007 sei eine solche Reaktion auf diese telefonische Mitteilung. Auf den Zugang einer Kündigung lasse ihr Schreiben nicht schließen, zumal sie ein Datum „01.10.2007” hierin genannt habe.
Die Angaben in der Klageschrift resultierten dara...