Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifsukzession BAT TVöD Vertragsauslegung. Auslegung einer Verweisungsklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Vertragsklausel kann im Einzelfall dahingehend auszulegen sein, dass die Verpflichtung zur Weitergabe der „prozentualen Gehaltserhöhungen …” auf der Grundlage der Tarifabschlüsse zum BAT und BMT-G II nach Ende der Fortentwicklung der Gehaltsentwicklung in diesen Tarifverträgen und Inkrafttreten des TVöD die für ihren Bereich vereinbarten, prozentualen Gehaltssteigerungen umfasst.

 

Normenkette

BGB §§ 145, 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 23.04.2009; Aktenzeichen 1 Ca 9/09)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 5 AZR 763/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 23.04.2009 – 1 Ca 9/09 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen im Hinblick auf die Zinsentscheidung teilweise dahingehend abgeändert, dass die Beklagte Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erst seit dem 20.01.2009 zu zahlen hat und hinsichtlich der Hauptforderung dahin klargestellt, dass es sich bei dieser um eine Bruttoforderung handelt.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird für die Beklagte insoweit zugelassen, als sie verurteilt ist, für das Jahr 2008 wegen der Tariferhöhung im TVöD ab dem 01.01.2008 weitere 748,08 EUR brutto nebst Zinsen darauf an die Klägerin zu zahlen; im Übrigen wird die Berufung nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der nicht tarifgebundenen Beklagten, das Gehalt der Klägerin entsprechend den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes für das Jahr 2004 sowie des TVöD für 2008 zu erhöhen.

Die am 17.10.1950 geborene Klägerin wird seit dem 01.08.1991, zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, als Altenpflegehelferin in einem Seniorenzentrum in G1, L2 56 – 67 beschäftigt.

Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 19.08.1991 zugrunde, in dessen Ziffer 11 bestimmt wird, dass Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrags, für die nicht dessen Ziff. 7 zutrifft, der Schriftform bedürfen.

Am 01.11.1999 übernahm die Beklagte von der in Insolvenz geratenen Rechtsvorgängerin den Betrieb des Seniorenzentrums. Anlässlich der Übernahme traf sie mit der örtlich zuständigen ÖTV-Kreisverwaltung am 01.10.1999 eine Vereinbarung, in der es u.a. heißt:

„1.

Mit der vorliegenden Vereinbarung soll betreffend der am Standort G1, L2 56 – 67 gegenwärtig im Bereich Pflege und Hauswirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern, soweit diese in den Anwendungsbereich des § 613a BGB fallen, eine Regelung getroffen werden. Im Hinblick auf die gesetzliche Bestimmung des § 613a BGB ist es das Ziel der C1 und der ÖTV, die Grundlagen der Übernahme der Arbeitnehmer durch die C1 zu konkretisieren. In diesem Sinne ist die vorliegende Vereinbarung als eine solche zugunsten Dritter, nämlich der Arbeitnehmer, die in den Anwendungsbereich des § 613a BGB fallen, zu verstehen und zwar mit der Maßgabe, daß die vorgenannten Arbeitnehmer der Vereinbarung innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang schriftlich zustimmen. Die C1. bietet daher den vormals am Ort der Betriebsstätte G1, L2 56 – 67 im Bereich der Pflege und der Hauswirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern, soweit diese in den Anwendungsbereich des § 613a BGB fallen, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Aufnahme der Betriebstätigkeit durch die C1 am Standort G1, L2 56 – 67 zu den nachfolgenden Bedingungen an:

a) Das Arbeitsverhältnis mit dem am Standort G1, L2 56 – 67 im Bereich Pflege und Hauswirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern – soweit diese in den Anwendungsbereich des § 613a BGB fallen – wird zu den bisherigen Arbeitsvertragsbedingungen unverändert fortgesetzt. Die Arbeitnehmer werden auf Anfordern der C1 Abschriften der Arbeitsverträge nebst etwaigen Zusatzvereinbarungen zur Verfügung stellen und ggfls. Einsicht in die Originalunterlagen gewähren.

c) Die C1 wird ab dem 1. Oktober 1999 – die Aufnahme der tatsächlichen Betriebstätigkeit vorausgesetzt – die Grundgehälter der Beschäftigten auf der Grundlage des Tarifabschlusses des öffentlichen Dienstes um 3,1 % erhöhen. Für den Zeitraum April bis September 1999 wird sich die C1 beim Treuhänder um eine Übernahme der anteiligen Gehaltserhöhung von 3,1 % und der auf der Grundlage des Tarifabschlusses vereinbarten Einmalzahlung von DM 300,– bemühen. Die C1 weist die Mitarbeiter darauf hin, daß die Übernahme der 3,1 % durch den Treuhänder ungewiß ist.

Die C1 bestätigt den vorgenannten Arbeitnehmern weiterhin, daß ab dem Kalenderjahr 2000 auf der Grundlage der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zum BAT und BMT-GII die vereinbarten prozentualen Gehaltserhöhungen an die vorgenannten Beschäftigten weitergegeben werden.

Die C1 und die ÖTV stellen klar, daß diese Vereinbarung nur für die am Standort G1, L2 56 – 67 Beschäftigten des Pflege- und Hauswirtschaftsbereiches – soweit diese in den Anwendungsberei...

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